Hallo zusammen,
die Antwort vom Ministerium ist gekommen. Sie ist ausgesprochen ausführlich. Ich versuche einmal, die Antwort mit eigenen Worten kurz zusammenzufassen.
Im Wesentlichen (wenn auch nicht ausschließlich) wird für die Auslegung auf die Entwicklung der Bauordnung eingegangen. Kernaussage ist, dass mit der Einführung der Gebäudeklasse 4 in der BayBO 2008 der Begriff der Feuerwiderstandsdauer absichtlich ersetzt wurde durch die Feuerwiderstandsfähigkeit, weil mit der damals neu eingeführten Bauteilanforderung "hochfeuerhemmend" (also den F 60-BA Bauteilen [= bauordnungsrechtlich eigentlich nicht korrekte Bezeichnung]) "eine genauere Differenzierung im Hinblick auf die Feuerwiderstands- und Brandverhaltensklassen vorgenommen" werden musste.
Das wäre so auch in den Text der BayTB übernommen worden: "Den drei Kategorien der Feuerwiderstandsfähigkeit, die die Bauordnung kennt - feuerhemmend, hochfeuerhemmend und feuerbeständig - wird in Abschnitt A 2.1.3.1 auch eine Anforderung an das Brandverhalten der Einzelkomponenten zugeordnet. Dass diese Verknüpfung in den folgenden Abschnitten, in denen es um die Standsicherheit und den Raumabschluss im Brandfall geht, nicht immer wiederholt wird, macht sie nicht gegenstandslos. Es ist richtig, dass mit diesen Texten allein der Gehalt des Begriffs "Feuerwiderstandsfähigkeit" nicht vollständig beschrieben wäre, das ist aber an dieser Stelle auch nicht die Absicht." Das folgt jetzt inhaltlich der Aussage von Herrn Witzl.
Demnach wäre es so, dass der Begriff "Feuerwiderstandsfähigkeit" auch immer das Brandverhalten einbeziehen würde - mit Ausnahme bei den Wänden anstelle von Brandwänden: "Wenn ich es richtig überblicke, wird der Begriff nur an einer Stelle des Gesetzestextes tatsächlich in einer anderen Bedeutung verwendet, wobei sich dort aber aus dem Text selbst ergibt, dass das Brandverhalten der Einzelkomponenten offenkundig nicht gemeint ist: In Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO [...]. Offenbar sollte mit dieser Formulierung klargestellt werden, dass diese Wände gerade nicht 'feuerbeständig' (und damit in den wesentlichen Teilen nichtbrennbar) sein müssen."
Zum eigentlichen Inhalt dieser Diskussionsrunde folgt das Bauministerium offenbar der Auffassung von Herrn Witzl. Hier der Wortlaut:
"In der BayBO-1998 war in Art. 34 zu 'Vorbauten' geregelt, dass für sie die 'Vorschriften für Wände, Decken und Dächer sinngemäß' gelten. Die Verwendung brennbarer Baustoffe war zulässig, 'wenn keine Bedenken wegen des Brandschutzes bestehen'. Auch von Wendungen dieser Art hat man im Zuge der Bauordnungsnovelle 2008 Abstand genommen. Wenn nun etwa bei einem Anbau an ein Gebäude der Gebäudeklasse 5 die Bedachung oder die sie tragenden Elemente (innerhalb eines Abstands von 5 m zu aufgehenden Wänden) in wesentlichen Teilen brennbar sein sollen, so ist die Frage, ob das im konkreten Fall unproblematisch ist oder ob Bedenken bestehen, im Rahmen einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO zu beurteilen."
Was heißt das jetzt? Im Zweifelsfall immer lieber einen Abweichungsantrag mehr stellen als einen zu wenig, würde ich behaupten. Ansonsten muss ich sagen, ich bin ja (bekanntermaßen) eher ein Fan von grammatikalischen oder systematischen Auslegungen von Vorschriften, wenn auch nicht immer. Dass das Ministerium hier so einen starken Fokus auf die historische Auslegung legt kann ich nachvollziehen, doch richtig glücklich bin ich damit nicht, weil das m. E. immer einen größeren Diskussionsrahmen zulässt (im Sinne von: war die Änderung jetzt so gemeint oder nicht, was ja auch tieferer Gegenstand unserer Überlegungen hier war) und weil das Wissen über die Historie in Laufe der Zeit schon mal verloren gehen kann. Aber immerhin passt die Auslegung auch ganz gut in die BayBO-Systematik.
Viele Grüße
Alexander Vonhof