Sehr geehrter Herr Vonhof,
die Antwort habe ich erhalten und sie ist letztlich ihrem Standpunkt entsprechend. Damit das verständlich ist, setze ich nachfolgend alles ein:
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1. Anfrage von mir:
Sehr geehrte Damen und Herrn,
in der BayBO ist der Begriff der "Nutzungseinheit" zwar umfassend benutzt, aber nicht definiert. Aus Art. 27 oder Art. 33 (6) 1. ist zu entnehmen, dass Nutzungseinheiten durch Trennwände und Geschossdecken abgetrennt sind bzw. das Treppenhaus ebenso trennend ist. Daher habe ich bei meinen Brandschutzkonzepten die Nutzungseinheitengröße aus den trennenden Bauteilen heraus bestimmt, .d.h. ein mehrgeschossiges Bürogebäude mit je 200qm im Geschoss ist daher keine GK5, wenn unter 13m Höhe, wenn die Nutzungseinheiten alle getrennt sind.
Nun habe ich aber bei einem Konzept vom Bauamt die Einstufung in GK5 wegen Nutzungseinheiten >400qm erhalten, weil die getrennten Nutzungseinheiten addiert wurden, weil sie von einer Firma genutzt werden, obgleich jedes Geschoss eine abgeschlossene Einheit darstellt, welche man auch einzeln vermieten könnte.
Dieser Sicht kann ich mich schwer anschließen, weil dies wesentliche Probleme birgt. Für den Fall, dass die Einheiten mal von einer Firma, dann mit Mieterwechsel von vielen Mietern genutzt werden, würde sich die Gebäudeklasse stetig ändern, obgleich überhaupt keine bauliche Änderung erfolgt. Diese Auslegung würde bedeuten, dass ohne bauliche Änderung und Änderung der Nutzung sich eine Änderung der Gebäudeklasse ergäbe.
Die Größe der Nutzungseinheit ist m.E. eine Größe des max. Brandbekämpfungsabschnitts. Dieser wird im Geschoss durch die Trennwände/Decken/Treppenraumwände begrenzt. Nur dann, wenn die Größe des max. Brandbekämpfungsabschnitts über 400qm liegt, ist GK5 gegeben unabhängig von der Höhe.
Ich bitte daher um kurze Stellungnahme oder Information über eine entsprechende formelle Festlegung. Anregend zur Neufassung der BayBO würde ich es begrüßen, wenn diese Begriffe entsprechend mit definiert würden, wie dies z.B. bei der Gebäudehöhe in Art. 2 erfolgt ist.
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Antwort STMI
auf Ihre Frage vom 06. August nach einer Auslegung des (bauordnungsrechtlichen) Begriffs "Nutzungseinheit" kann ich Ihnen folgende Antwort geben:
Der Begriff ist in der Bayerischen Bauordnung (BayBO) zwar nicht abschließend definiert, (das wird für alle denkbaren Fallgestaltungen nicht möglich sein), aus der beispielhaften Aufzählung in Art. 31 Abs. 1 ("?Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum wie Wohnungen, Praxen, selbstständige Betriebsstätten?") lässt sich jedoch ableiten, was damit gemeint ist:
Die BayBO versteht unter diesem Begriff nicht nur eine baulich abgegrenzte Organisationseinheit, sondern eine, die auch und vor allem selbstständig betreibbar ist (und auch selbstständig betrieben wird). Es kann sich dabei um ein ganzes Gebäude oder auch um einen bestimmten Teil eines Gebäudes (oder auch eines Geschosses) handeln. So wird z. B. bei einer Schule in aller Regel das ganze Gebäude eine Nutzungseinheit sein, während bei einem Bürogebäude sowohl der Fall vorkommen kann, dass das ganze Gebäude eine Nutzungseinheit bildet, als auch der Fall, dass sich im Gebäude (vielleicht auch innerhalb eines Geschosses) mehrere Nutzungseinheiten befinden (z. B. ein Architekturbüro, eine Anwaltskanzlei, eine Versicherung etc.).
Im Hinblick nur auf den Bauteilbrandschutz mag es unerheblich sein, ob zwei benachbarte, feuerwiderstandsfähig getrennte Raumbereiche nun von ein und derselben Firma genutzt werden, oder von zwei verschiedenen Firmen. Im Hinblick auf die Rettungswegführung spielt das aber sehr wohl eine Rolle: Die Anforderung des Art 31 Abs. 1 BayBO nach zwei unabhängigen Rettungswegen bezieht sich nämlich auf "die Nutzungseinheit". Das bedeutet, dass im ersten Fall (eine Firma = eine Nutzungseinheit) nur zwei Rettungswege für beide Raumbereiche insgesamt zur Verfügung stehen müssen, im zweiten Fall aber (zwei Firmen = zwei Nutzungseinheiten) jeder der beiden Raumbereiche für sich genommen zwei Rettungswege haben muss. Hier geht die Bauordnung davon aus, dass - eben wegen des selbstständigen Betriebs jeder Nutzungseinheit - ein Rettungsweg von einer unmittelbar in die andere Nutzungseinheit nicht uneingeschränkt zur Verfügung stehen wird, und verlangt deshalb für jede Nutzungseinheit ein eigenes Rettungswegsystem (dieser Gedanke findet sich auch in der Ausnahmeregelung des Art. 34 Abs.1 Satz 2 Nr. 4 BayBO wieder).
In dem von Ihnen genannten Beispiel eines Verwaltungsgebäudes, in dem mehrere Geschosse von jeweils nur 200 m2 Fläche übereinander gestapelt sind, und in dem - auch wenn es sich um eine große Nutzungseinheit handelt - natürlich trotzdem in jedem Geschoss mindestens zwei Rettungswege vorhanden sein müssen, besteht ein Unterschied immerhin insofern, als z. B. Öffnungen in Decken innerhalb einer Nutzungseinheit nach Art. 29 Abs. 4 Nr. 2 BayBO regelmäßig zulässig sind, zwischen zwei Nutzungseinheiten jedoch nicht. Wenn als Planungsziel eine möglicht große Flexibilität für die innere Struktur des Gebäudes auch im späteren Betrieb verfolgt wird, sollte in so einem Fall von vorneherein auf die Anforderungen der Gebäudeklasse 5 hin geplant werden.
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Rückantwort von mir:
vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Anfrage. Das Thema haben wir im Forum "Brandschutzfachplaner" sehr ausführlich auch diskutiert. ( http://www.brandschutzfachplaner.de/index.php?inhalt=Forum.php&art=antwort&uid=c3f9514c0192f6f14cbc1c6327d8&frageID=5217&li=1&sub=BS&as=0 ). Daher würde ich mich freuen, wenn wir Ihre Ausführung hier mit einstellen können.
Generell hakt mir aber diese Sache noch. Wenn die Art der Nutzungsaufteilung (eine Firma, viele Firmen) die Nutzungseinheiten und damit Gebäudeklassen definiert, dann ist das ein Zustand, den wir als Planer nicht fassen können. Wir haben darauf keinen Einfluss und das würde bedeuten, dass ohne eigentliche Änderung der Nutzung oder eine Unterteilung einer großen Firma in Einzelfirmen sich bereits eine Gebäudeklasse ändern würde. Sicherlich ist bei Neubauten das einfacher zu regeln, wenn man hier von vorneweg das so plant, im Bestand ist das aber nicht möglich und insofern kritisch zu sehen.
Schlüssig ist daher, dass der Aufsteller/Planer diese Festlegung macht, was er als Nutzungseinheit definiert und damit legt er in der Planung fest, wie die Nutzung sein sollte. Wenn ein Planer das Gesamtgebäude sehen will und keine Untereinheiten, dann ist folglich von ihm alles so zu planen und die Nutzung nur in dieser Art dann möglich. Damit legt aber der Planer die Grenzen und Größen der Nutzungseinheiten fest und diese sind so zu berücksichtigen. Dann aber kann nicht das Bauamt hier diese Festlegung umschmeißen oder für ungültig erklären, sondern muss diese Einteilungen so übernehmen. Genau aber darin hakt es, weil das Bauamt hier festlegen will, was eine Nutzungseinheit ist.
Daher halte ich es für wichtig, dass in der Neufassung der BayBO hier geklärt wird, was gilt. Aus meiner Sicht wäre das Beste, wenn man eine "Brandschutz-Nutzungseinheit" als Grundlage für die Gebäudeklasse definiert. Ob diese Einheit dann jeweils einzeln oder über mehrere Einheiten hinweg von einer Firma genutzt wird, ist dann nicht mehr relevant.
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Rückantwort
nachdem ich mir die Diskussion im Forum "Brandschutzfachplaner" angesehen habe, bitte ich Sie zunächst um Verständnis dafür, dass eine Kommentierung all der dort veröffentlichten (bislang mehr als 50) Beiträge meine Kräfte übersteigt. Im Ergebnis hat Herr Vonhof die Lage meines Erachtens richtig dargestellt. Ich kann auch nicht erkennen, warum das im Bestand ein nicht mehr handhabbares Problem sein sollte:
Geht man von Ihrem Beispiel aus, einem Bürogebäude, so kann sich die Frage doch nur darum drehen, ob dieses Gebäude nun in die Gebäudeklasse 4 oder die Gebäudeklasse 5 einzustufen ist. Dabei muss man sich klarmachen, dass die Gebäudeklasse 4 im Rahmen der Bauordnungsnovelle 2008 neu geschaffen worden ist. Sie stellt sozusagen eine "Zwischenstufe" dar zwischen den Gebäuden "geringer Höhe" und den Gebäuden "nicht mehr geringer Höhe" nach BayBO alter Fassung. Für Gebäude "nicht mehr geringer Höhe" (also mit einer Höhe des obersten Geschosses, in dem Aufenthaltsräume möglich sind, von mehr als 7 m über Gelände) galten nach BayBO-1998 im Hinblick auf die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Bauteile, der Decken und der Treppenraumwände im Wesentlichen bereits die Anforderungen, die die BayBO-2008 an Gebäude der Gebäudeklasse 5 stellt. Wurde folglich ein Bürogebäude nach den Anforderungen der BayBO-1998 für Gebäude "nicht geringer Höhe" geplant, genehmigt und errichtet, dürfte sich ein "Wechsel" der Gebäudeklasse (von 4 zu 5) durch die Vergrößerung einer Nutzungseinheit im Jahr 2012 materiell kaum auswirken.
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Im Fall Ihres Bürogebäudes mit feuerwiderstandsfähig getrennten Geschossen, die jeweils ca. 200 m2 Fläche haben, käme unter Umständen in Betracht, eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO zu beantragen - nicht von der Einstufung in die Gebäudeklasse 5, sondern von den materiellen Anforderungen an Bauteile in Gebäuden der Gebäudeklasse 5 - z. B. mit der Begründung, dass die brandschutztechnische "Zellenbildung", die der Gesetzgeber für ein Gebäude der Gebäudeklasse 4 verlangen würde, hier ausnahmslos eingehalten ist (obwohl das in Gebäudeklasse 5 ja nicht so sein müsste).
Ihr Vorschlag, als Grundlage für die Einstufung in die Gebäudeklassen den Begriff "Brandschutz-Nutzungseinheiten" neu einzuführen, ist nachvollziehbar, greift aber zu kurz, weil eben die Frage der Rettungswegführung dabei überhaupt nicht betrachtet würde. Ich fürchte, dadurch würde die Situation im Ergebnis eher noch komplizierter, weil die "Nutzugseinheiten", die als räumlich/organisatorische Einheiten im Sinn des Art. 31 Abs. 1 BayBO ihr eigenes Rettungswegsystem haben müssen, ja dadurch nicht aus der Welt geschafft würden.
Gegen eine Veröffentlichung meiner Antwort habe ich nichts einzuwenden, ich möchte Sie nur herzlich bitten, nicht gerade meine E-Mail-Adresse ins Internet zu stellen.
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Soweit das Ergebnis der Anfrage