Hier wird einiges durcheinander gebracht. Allerdings sind nicht alle wichtigen Randbedingungen bekannt (z. B. welche GK?), weshalb keine rechtssicheren Aussagen getroffen werden können. Ich versuche eine Aussage mit den mir vorliegenden Angaben.
In der Fragestellung wird darauf hingewiesen, dass die Situation schon lange besteht.
„Das ist im Bestand so vorhanden und wohl Jahrhunderte alt.“
Dann kann offensichtlich von Bestandsschutz ausgegangen werden, da bis vor ca. 40 Jahren der 2. Rettungsweg (zumindest in Bayern) für Standardgebäude nicht gefordert wurde. Das gilt dann wohl auch für die gesamte Straße, soweit erhebliche Gefahr nicht vorliegt (Art. 31 Abs. 4 BayBO). Ohne erhebliche Gefahr kein Anpassungsverlangen. Das gilt in Bayern auch bei fehlendem 2. Rettungsweg, soweit der 1. Rettungsweg vorhanden und ohne wesentliche Mängel ist. Eine entsprechende Aussage wurde von der Obersten Baubehörde ins Netz gestellt bzw. wurden die Bauaufsichten angewiesen so zu verfahren.
Bestandsschutz bedeutet aber nicht, dass sich der Bauherr zurücklehnen kann. Bestandsschutz bedeutet lediglich:
„Schutz vor behördlichen Eingriffen“
Das Strafrecht oder das Zivilrecht kann im Schadensfall unabhängig vom Bestandsschutz zur Anwendung kommen.
Wenn aber in den letzten Jahren Gebäude oder Nutzungen wesentlich geändert wurden, dann gilt der ggf. bisher vorhandene Bestandsschutz für die geänderten Bereiche nicht mehr. Grundlage für den Bestandsschutz ist der § 54 Abs. 4, 5 und 6 BayBO.
Der Bauherr ist mit seinem Bauvorlageberechtigten für die Sicherung der Rettungswege von geänderten Nutzungen verantwortlich. Ein BS- Nachweis ist für die geänderten Bereiche zu erstellen, auch wenn die Prüfung für Standardgebäude bis GK 4 meist nicht erforderlich ist (bis auf beantragte Abweichungen). Das galt zeitweise sogar bei Einstufung in die GK 5. Ob bei Änderungen in den letzten Jahren ein Abweichungsantrag für den fehlenden 2. Rettungsweg beantrag wurde, das möchte ich bezweifeln, womit für diese Änderungen kein Bestandsschutz bestehen kann.
Zur Verantwortlichkeit der Feuerwehr:
Die Aufgaben der Feuerwehr sind nicht im Bauordnungsrecht, sondern im Feuerwehrgesetz geregelt. Diese muss die genormten Rettungsgeräte mitführen. In jedem Fall sind das die genormten tragbaren Leitern. In Gemeinden mit höheren Gebäuden auch min. ein Hubrettungsfahrzeug. Ich gehe davon aus, dass die Feuerwehr entsprechend ausgerüstet ist. Die Feuerwehr oder die Gemeinde ist definitiv nicht für die Rettungswege und die erforderlichen Flächen für die Feuerwehr verantwortlich. Das gilt lediglich für die ausreichende Löschwasserversorgung. Die Aufstellflächen dürfen auch auf öffentlichem Grund liegen, soweit der öffentliche Grund für die Anleiterung geeignet ist.
Durch die jetzt geplante Nutzungsänderung erfahren offensichtlich die Feuerwehr und die Bauaufsichtsbehörde, dass der 2. RW für die geänderte Nutzung nicht sichergestellt werden kann. Diese erfüllen Ihre Pflicht und weisen darauf hin, dass über die öffentliche Straße keine Anleiterung möglich ist bzw. fordern den Bauherrn auf den zweiten Rettungsweg anderweitig sicher zu stellen.
Eine Forderung vom BS- Planer oder vom Bauherrn an die Gemeinde die Rettungsgeräte der Feuerwehr auf die möglichen Situationen anzupassen, das geht doch etwas zu weit. Die Rettungsgeräte sind genormt (Vorhalten durch die Gemeinde). Das gilt auch für die Flächen für die Feuerwehr wenn auf öffentlichem Grund nicht möglich (Zuständig aber der Bauherr, siehe Art. 31 Abs. 2 BayBO).
Wenn der Bauherr die Anleiterung auch auf seinem Grundstück nicht ermöglichen kann, muss die geplante Nutzungsänderung durch die Bauaufsichtsbehörde abgelehnt werden. Ggf. kann der 2. Rettungsweg über eine Notleiter erfolgen, was aber vom Bauherrn zu beantragen und auch zu finanzieren ist (Abweichung von Art. 31 Abs. 2 BayBO).
Auf keinen Fall kann die Feuerwehr zusätzliche Geräte aufnehmen oder sich darauf einlassen, dass vor Ort passende Leitern vorgehalten werden. Dann hätten andere Bauherrn ebenfalls Anspruch auf Sonderlösungen.
Im Brandfall werden die Einsatzkräfte alles Mögliche unternehmen um die betroffenen Bewohner zu retten.
Norbert Bärschmann