Hallo Herr Bußmann,
ich bin da nicht ganz bei Ihnen. Vielleicht daher noch ein paar Gedankengänge von mir zu der "anderen Seite":
Es gibt Feuerwehren, die sind vorgeblich Helden, und es gibt Feuerwehren, die können vorgeblich nichts. Aus dem Speckgürtel um München z.B. bekomme ich Stellungnahmen, dass die Feuerwehren dort quasi "niemanden" "niemals" retten können. Sieht man sich die Feuerwehren dort aber konkret an, sind diese vielerorts personell Besten ausgestatteten und haben einen Fahrzeugpark, der reicht für drei Gemeinden. Aber mit 40 Feuerwehrleuten und zwei kompletten Löschzügen mehr als 10 Leute aus dem 1. Obergeschoss zu holen, soll nicht möglich sein. Für so etwas fehlt mit jegliches Verständnis.
Viel schlimmer noch: Hier wird meines Erachtens versucht, einseitig zugunsten der Feuerwehren ein "Baunebenrecht" zu installieren, weil einzelnen Verantwortlichen das Bauordnungsrecht nicht weit genug geht. Das ist verkappte Lobbyarbeit. Vorbeugender Brandschutz im Baugenehmigungsverfahren ist aber keine Lobbyarbeit. Es geht hier darum, ein ausgeglichenes Interesse zwischen den Beteiligten zu erreichen und für mich im Zweifelsfall auch darum, diese falsch verstandene Lobbyarbeit einzuschränken.
Zu dem Thema Rechte und Pflichte bzw. "Die Öffentlichkeit kann nicht für die Zahlung privater Interessen herangezogen werden":
Das, was Sie beschreiben, ist, wie oben schon erwähnt, kein privates Interesse. Wenn die Gemeinde möchte, dass sie Einwohner hat, die die Gemeinde finanzieren, und wenn sie für diese Einwohner das Bauen ermöglichen möchte, liegt das im ureigenen Interesse der Gemeinde und damit eben im öffentlichen Interesse. Die Gemeinde hat die Pflicht, öffentliche Belange zu berücksichtigen, und dazu gehört ganz allgemein auch die Erschließung.
Selbst wenn man hier keine direkte Pflicht der Gemeinde ableiten wollte, so ergibt sich im Gegenzug dennoch in keiner Weise die private Pflicht, das Problem für die Gemeinde zu lösen.
Dass Rechte und Pflichten in den Gesetzen rechtlich nicht korrelieren, weiß jeder Feuerwehrmann aus dem Straßenverkehr. Wenn sich ein Einsatzfahrzeug mit Sondersignal einem anderen Verkehrsteilnehmer nähert, hat dieser die Pflicht, sofort freie Bahn zu schaffen. Daraus leitet sich aber kein Recht für das Einsatzfahrzeug ab. Wenn der andere Verkehrsteilnehmer seiner Pflicht, freie Bahn zu schaffen, nicht nachkommt, hat das Einsatzfahrzeug schlicht "Pech" - auch wenn hierfür landläufig der Begriff "Wegerecht" verwendet wird. Dieser ist rechtlich falsch, das Einsatzfahrzeug hat kein Wegerecht als solches.
So ähnlich ist das beim Bauen mit den Rechten und Pflichten im Verhältnis der Gemeinde zur Privatperson auch.
Wie etwa beim Löschwasser. Wenn eine Gemeinde kein Löschwasser bereitstellen muss, weil die Bereitstellung die Grenzen der Leistungsfähigkeit der Gemeinde nach dem Feuerwehrgesetz übersteigt, ist die Privatperson im Gegenzug nicht verpflichtet, auf eigene Kosten die Löschwasserversorgung sicherzustellen.
Ähnliche Forderungen aus den letzten Jahren: Gebäude vollständig näher als 50 m zur öffentlichen Verkehrsfläche, aber kein Fahrzeug des Löschzugs darf auf der Straße stehen, sie müssen komplett auf das Grundstück passen. Oder: Der Unterflurhydrant muss auf Kosten des Bauherren auf die andere Straßenseite verlegt werden, weil es der Feuerwehr nicht zugemutet werden kann, für die Wasserentnahme die Straße zu sperren. Der Phantasie sind da auf Seiten der Feuerwehr offenbar manchmal keine Grenzen gesetzt.
Ja, ich weiß, viele Planungen gefallen den Feuerwehren oder den Brandschutzdienststellen nicht, und dann wird ohne Rechtsgrundlage schon mal "einfach was" gefordert. Oder O-Ton einer Sachbearbeiterin aus einer NRW-Brandschutzdienststelle einmal mir gegenüber: "Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage, aber es ist sinnvoll." Das ist schön, aber auch schön rechtswidrig. Der Bauherr hat das Recht, nach den Baugesetzen und den allgemeinen Anforderungen bauen zu können und zu dürfen. Das Bauen ist frei und wird nur durch Gesetz eingeschränkt.
Das bloße Gefallen oder Nicht-Gefallen bestimmter Dinge ist keine Entscheidungsgrundlage für baurechtliche Forderungen.
Auch dann nicht, wenn wie hier im Einzelfall (zurück zum Anleitern) ein Anleitern möglich ist oder zumindest sein sollte. Auch wenn dieses komplizierter ist als anderswo. Wenn nach Auffassung der Feuerwehr an einer Stelle von einer Straße aus grundsätzlich nicht angeleitert werden kann, dann darf an dieser Stelle die Gemeinde das Bauen nicht (uneingeschränkt) erlauben. Für die Erschließungsqualität verfügt die Kommune über Instrumente zur Steuerung. Wenn die Gemeinde eine fragwürdige Bebauung aber zulässt, dann kann die Feuerwehr gerne meckern, aber eine Pflicht auf Bauherrenseite ergibt sich dadurch dennoch nicht. Der richtige Adressat für das Meckern wäre die Gemeinde.
Welche Randbedingungen der Bauherr auf seiner Seite einzuhalten hat, ergibt sich ausschließlich aus dem Gesetz.
Gruß
Alexander Vonhof