Das angesprochene Urteil wird das Urteil vom OLG Düsseldorf sein. Vom BGH gibt es wohl keines in diese Richtung.
Urteil vom 29. April 2004, Aktenzeichen: 1-5 U144/03. Dieses Urteil wird oft zitiert, um die pauschale Besucherzahlermittlung zum Dogma zu erklären.
Die Klägerin hatte als Eigentümerin einen etwa 2.000 Quadratmeter großen Teilbereich eines Gebäudes in einer großen kreisfreien Stadt im Ruhrgebiet einer Nutzungsänderung unterzogen und zum Betrieb eines Fitnessstudios vermietet. In diesem Zusammenhang wurde ein entsprechender Bauantrag gestellt und ein Brandschutzkonzept gemäß den landesrechtlichen Bestimmungen eingereicht.
Der Ersteller des Brandschutzkonzeptes kam zu dem Ergebnis, dass aufgrund der vorgesehenen Nutzung und der für Besucher zugänglichen Flächen mit einer Besucherzahl von mehr als 200 Personen gerechnet werden müsse und das betreffende Projekt daher vom Geltungsbereich der Versammlungsstättenverordnung erfasst werden würde. Dies geschah unter anderem vor dem Hintergrund, dass die Mieterin beabsichtigte, in unregelmäßigen Abständen Sonderveranstaltungen (zum Beispiel Diskothekveranstaltungen) auszurichten. Das Brandschutzkonzept wurde im Entwurfsstadium mit der zuständigen Brandschutzdienststelle abgestimmt und mit dem Bauantrag bei der Genehmigungsbehörde eingereicht. Laut Ziffer 3.6 des Brandschutzkonzeptes Nr. 2 vom 09.08.2001 ist der Sachverständige zu der Auffassung gelangt, dass höchstens 600 Personen die geplanten Räume benutzen dürften, weil sich die größte einzelne Breite der acht Ausgangstüren auf 4 m belaufe, so dass im Brandfalle voraussichtlich nicht mehr als 600 Personen rechtzeitig flüchten könnten. Auf dieser Grundlage wurde die Baugenehmigung erteilt.
Nach Abschluss der Baumaßnahmen wurde auf Veranlassung der Eigentümerin bei der Bauaufsicht ein überarbeiteter Antrag gestellt, wonach nunmehr innerhalb des Fitnessstudios lediglich die zeitgleiche Anwesenheit von bis zu 149 Personen vorgesehen war. Die Durchführung von Sonderveranstaltungen sollte jetzt jeweils auf Grundlage einer "Sondergenehmigung" erfolgen. Ziel dieses Antrages war es, das Objekt nachträglich vom Geltungsbereich der Versammlungsstättenverordnung zu "befreien". Der Antrag wurde durch die zuständige Genehmigungsbehörde positiv beschieden.
Beide genehmigten Besucherzahlen 600 und 149 sind nicht Ergebnis einer pauschalen Betrachtungsweise über die Fläche. Ob diese beiden Baugenehmigungen zu Recht erfolgt sind oder nicht, wurde in diesem Zivilverfahren nach BGB selbstverständlich nicht geprüft.
Aufgrund dieser 2. Baugenehmigung verklagte die Eigentümerin den Architekten und verkündete dem Ersteller des Brandschutzkonzeptes den Streit: Der Ersteller des Brandschutzkonzeptes hätte mit seinem Gutachten und der Annahme, dass das Projekt unter den Geltungsbereich der Versammlungsstättenverordnung fällt, die Ausführung unnötiger und völlig überzogener Brandschutzmaßnahmen verursacht. Vielmehr wäre es Aufgabe des Erstellers des Brandschutzkonzeptes gewesen, ein "optimales, insbesondere unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit günstiges Konzept zu erarbeiten".
Weiter hätte der zuständige Architekt den "Planungsfehler" des Brandschutzsachverständigen erkennen und die Zahl der Nutzer bereits im ersten Bauantrag auf 149 Personen begrenzen müssen. Dann wäre die Baugenehmigung mit wesentlich geringeren Auflagen erteilt worden; das Bauvorhaben hätte infolgedessen billiger verwirklicht werden können. Daher sei der Architekt ebenfalls schadensersatzpflichtig. Dies zu klären war Gegenstand des Verfahrens.
Wenn es ein anderes Urteil eines Verwaltungsgerichtes in diesem Bereich gibt, würde es mich brennend interessieren. Bitte teilen sie es uns allen mit.
Die bisher oft übliche Praxis, die Kontrolle der höchstzulässigen Besucherzahl einfach allein dem Betreiber einer Versammlungsstätte zu übertragen, ist vom Oberlandesgericht Düsseldorf ganz nebenbei verneint worden. Bisher wurde bei Mehrzweckhallen und auch bei Diskotheken oft allein der Aussage des Antragsstellers vertraut: ?Ich lasse nicht mehr hinein.?. Diese so festgelegte Besucherzahl wurde dann in die Baugenehmigung geschrieben. So darf es nicht mehr gehen, denn sonst könnte der in öffentlichem Interesse liegende Brandschutz von jedem Bauherren sehr einfach unterlaufen werden.
Auf die pauschale Betrachtungsweise kann auch weiterhin verzichtet werden, wenn bei der Vorlage eines Bestuhlungsplanes im Baugenehmigungsverfahren einer Versammlungsstätte (vgl. § 32 Muster-VStättVO) dieser Gegenstand der Baugenehmigung wird; in diesem Fall kann auf die Zahl der konkret ermittelten Besucherplätze des Bestuhlungsplanes zurückgegriffen werden. Den Bauherrn bzw. Betreibern von solchen Versammlungsstätten wird in der Begründung zur M-VStättVO empfohlen, bereits im Genehmigungsverfahren die möglichen Bestuhlungsvarianten einzureichen. Somit kann auf die pauschale Betrachtungsweise verzichtet werden und entsprechend geringere Besucherzahlen genehmigt werden.Diese ?Bestuhlungsplanvariante? zur Reduzierung der pauschal Ermittelten Besucherzahlen ist weiterhin unstrittig.
Das man ein Fitnesstudio nicht in die gleiche Schublade der Besucherzahl einordnen kann wie eine Diskothek oder Messehalle ist denke ich unstrittig. Hier werden richtigerweise auch geringere Besucheranzahlen akzeptiert, als pauschal zu ermitteln wären.
Ebenso wie ein Betreiber sich an die genehmigten Bestuhlungspläne halten muß, darf ein Fitnesstudio nicht die Geräte rausräumen, um hier große Veranstaltungen zu machen. Es müssen aber auch realistische Maximalwerte gefunden werden, die unter Umständen nicht in der Pauschalierung liegen.
Sie ist auf die Nutzung im Einzelfall zu beziehen. Jeder weiß doch, daß für eine Discothek die 2 pro qm gar nicht ausreichen. Schauen sie doch mal in die vfdb TB04/01 von Herrn Prof. Hosser. Da steht 4 pro qm bei Bar, Club, Disco!
Bei Stehplätzen Stadion, Tribühne, Theater, etc. steht dort 5 pro qm!
Aber eben auch Trainingsraum, Fitnesscenter mit Geräten 0,2 pro qm. (ohne Geräte 0,7 pro qm).
Wenn nach menschlichem Ermessen eine Gefahr für Leben oder Gesundheit nicht zu erwarten ist, muß meiner Meinung nach auf die Pauschale Ermittlung verzichtet werden, denn sonst übt die Verwaltung ihren zweifelsfrei vorhandenen Ermessensspielraum fehlerhaft aus. Auch wenn es einfacher ist, sich hinter einer pauschalen Regelung zu verstecken, die im Einzelfall evtl. zig-fach auf sicherern Seite liegt, oder sogar ein erhebliches Risiko beinhaltet.
Mit freundlichen Grüßen
Maynhard Schwarz