Hallo Herr Fleischhauer,
ketzerische Fragen beleben die Diskussion ungemein :-)
Daher meine ketzerische, vermutlich ebenso typisch deutsche Beamtenhaltung: was Verkaufsstätte ist, ist gesetzlich geregelt, was Industriebau ist ebenfalls.
Natürlich gibt es für manche Bereiche diverse Unschärfen, die eine Einstufung in eine Sonderbauverordnung schwierig machen können: aber der Verkauf von Autos ist Verkauf (meist begleitet von Werkstattbetrieb oder diversen Veranstaltungen), und eben nicht Produktion und Lagerung wie nach IndBauRl.
Ob man von der VkVO aus bestimmten Gründen oder Kompensationen abweicht und dabei am Ende aus rein schutzzielorientierter Betrachtung für das Gebäude dasselbe Ergebnis herauskommen kann, bleibt unbestritten.
Aber der Richter beurteilt am Ende nun mal nach der Einhaltung bzw. Grundlage von Gesetzen, und da tut man sich mit Erklärungen schon schwer, wenn man eine Verkaufsstätte nach IndBauRl beurteilt hat- die rein schutzzielorientierte Betrachtung interessiert den Richter meist gar nicht, wenn sie nicht vor dem Hintergrund des dafür gültigen Gesetzes geschieht!
Es bleibt dem Gesetzgeber ja unbenommen, die Gesetze zu ändern - z.B. alle Sonderbauverordnungen auslaufen zu lassen und nur noch schutzzielorientierten Brandschutz zuzulassen. Wenn der politische Wille dahin geht, ist das auch für die Bauaufsichten und Brandschutzdienststellen zu akzeptieren.
Solange aber Gesetze bestehen, sind diese nunmal zu beachten.
Ich tue mich ja auch schwer, in einer 30-Zone an einer Schule schneller zu fahren mit der schutzzielorientierten Begründung, dass in den Ferien oder nachts nicht mit Schülern zu rechnen sei. Zu schnell gefahren: erwischt: löhnen.
Ich kann durchaus nachvollziehen, dass bürokratische Haltungen in keinem Lebensbereich beliebt sind- zumal wenn sie ausschließlich bürokratisch sind.
Aber auch für das Baurecht gilt nunmal, dass man auch bei einer noch so schönen schutzzielorientierten Lösung nicht am Gesetz vorbeikommt; eine rechtlich einwandfreie Aufarbeitung eines Bauvorhabens ist genauso erforderlich wie schutzzielorientierte Lösungen (eingebettet in baurechtliche Anforderungen, Benennung von Abweichungen, Kompensationen).
Ich bitte um Nachsicht für die behördliche Sicht: Genauigkeit im Hinblick auf das Baurecht hat nur vordergründig etwas mit bürokratischer Haltung zu tun, nämlich nur dann, wenn die Behörde aus Unsicherheit oder Unkenntnis nachvollziehbaren Abweichungsanträgen nicht zustimmt.
Zum Abschluss: ich mache im Hinblick auf sinnvolle brandschutztechnische Lösungen viel mit, aber immer vor dem Hintergrund der richtigen baurechtlichen Einstufung und Aufbereitung wie Abweichungen oder sinnvollen Kompensationen.
Hoffentlich war ich nicht zu ausladend, aber das Spannungsfeld zwischen Planer und Behörde ist ja (manchmal)Realität- aber eben nicht immer:-)
Gruß aus NRW
Matthias Bußmann