Guten Tag Herr Vonhof,
in Bezug auf die Anlage I/2 stehe ich im Austausch mit dem Ministerium. Ich habe aber bis dato weder verstanden noch schlüssig dargestellt bekommen, warum Nicht-Wohngebäude der Gebäudeklassen 3 bis 5 nun plötzlich mit einem Brandschutznachweis nach § 16 SV-VO NRW zu prüfen sind. Der Begriff des Nicht-Wohngebäudes ist bauordnungsrechtlich nicht definiert und dem Gebäudeenergiegesetz (Bundesgesetz !) entnommen .
In § 3 Nr. 23 GEG heißt es:
„Nichtwohngebäude“ ein Gebäude, das nicht unter Nummer 33 fällt,“
In § 3 Nr. 33 GEG:
„Wohngebäude“ ein Gebäude, das nach seiner Zweckbestimmung überwiegend dem Wohnen dient, einschließlich von Wohn-, Alten- oder Pflegeheimen sowie ähnlicher Einrichtungen.“
Gemäß § 64 (1) BauO NRW:2018 heißt jedoch es:
„Bei der Errichtung und Änderung von Anlagen, die keine großen Sonderbauten sind, prüft die Bauaufsichtsbehörde
- die Übereinstimmung mit
a. den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 des Baugesetzbuchs,
b. den §§ 4, 6, 48 und 49,
c. den Regelungen örtlicher Bauvorschriften (§ 89) und
d. den Brandschutzvorschriften im Falle von Sonderbauten, soweit es sich nicht um Garagen mit einer Nutzfläche bis 1.000 m² handelt,“
In § 68 (2,4) BauO NRW:2018 heißt es ferner:
„(2) Vor Erteilung der Baugenehmigung sind bei der Bauaufsichtsbehörde Bescheinigungen einer sachverständigen Person nach § 87 Absatz 2, dass das Vorhaben den Anforderungen an den Brandschutz entspricht, einzureichen.
(4) Absatz 2 Satz 1 gilt nicht für
- Gebäude der Gebäudeklassen 1 und 2 einschließlich ihrer Nebengebäude und Nebenanlagen,
- Wohngebäude der Gebäudeklasse 3,
- Kleingaragen bis 100 m², sofern diese nicht verfahrensfrei gestellt sind, und
- Sonderbauten mit Ausnahme von Garagen mit einer Nutzfläche über 100 m² bis 1.000 m².“
Das Ministerium antwortet auf meine Anfrage wie folgt:
"Sonderbauten sind nach § 50 Abs. 1 S. 1 BauO NRW 2018 „Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung“.
Sie unterscheiden sich von dem „Normalfall“ eines Wohngebäudes geringer oder mittlerer Höhe insbesondere in der Brandbekämpfung, häufig wechselndem Benutzer- oder Besucherkreis, Besonderheiten der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit von Benutzenden und Besuchenden. Es kommt also darauf an, ob ein Gebäude in seiner Nutzung hinsichtlich des Gefahrenrisikos und der Gefahrentatbestände anders als ein Standardgebäude zu beurteilen ist. Standardgebäude sind in erster Linie Wohngebäude, aber auch Gebäude, die Wohngebäuden hinsichtlich ihres Gefahrenrisikos und ihrer Gefahrentatbestände in der Nutzung ähnlich sind. Ein Gebäude, das nicht ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt wird, ist also nicht zwangsläufig ein Sonderbau (vgl. OVG, Beschluss vom 11.01.2008, -10 A 1277/07).
Gebäude, die unterhalb der in Absatz 2 genannten Schwellenwerte für große Sonderbauten liegen und die nicht zu Wohnzwecken genutzt werden, sind nicht per se (kleine) Sonderbauten gemäß Absatz 1, sondern nur dann, wenn das Gebäude andere Gefahrenrisiken aufweist als ein Standardgebäude. Standardgebäude sind beispielsweise Büro- oder Verwaltungsgebäude mit Nutzungseinheiten bis 400 m² oder Wohn- und Geschäftshäuser wie zum Beispiel Praxen für Angehörige der Freien Berufe (Ingenieure, Architekten, Ärzte, Therapeuten, Rechtsanwälte etc.) oder gewerbliche Nutzungseinheiten für das Handwerk und Ladenlokale jeweils in der Größe von Wohnungen.
Bei Bauanträgen für gemischt genutzte Gebäude , bei denen es sich nicht um Standardgebäude handelt, hat die Bauaufsichtsbehörde einen Beurteilungsspielraum dahingehend, ob sie einen Gebäudeteil als Sonderbau beurteilt. Wenn Teile eines Gebäudes als Sonderbauten zu beurteilen sind, führt dies jedoch nicht dazu, dass das gesamte Gebäude als Sonderbau einzustufen ist. Ggf. sollte der Entwurfsverfasser im Antragsformular oder z.B. auf einem Beiblatt deutlich machen, welcher Teil des Gebäudes ein Sonderbau ist und welcher Teil kein Sonderbau ist. Sollte die Frage der Einstufung als Sonderbau streitig sein, besteht die Möglichkeit, sich an die obere Bauaufsichtsbehörde zu wenden."
Die oben aufgeführte Antwort steht übrigens fast gleichlautend in dem "Entwurf zur Verwaltungsvorschrift zur BauO NRW mit Stand 10.01.2022", welche aber bis dato weder fortgeschrieben noch eingeführt worden ist.
Nun wird es wirklich verrückt:
1.) Nach § 68 (4) BauO NRW:2018 ist das Brandschutznachweisverfahren nach § 16 SV-VO NRW nur für Wohngebäude der Gebäudeklassen 4 und 5 sowie Mittelgaragen durchzuführen.
Gemäß dem o.a. Bauantragsformular sind jedoch die Bescheinigung bereits ab der Gebäudeklasse 3 (!) für Nichtwohngebäude vorzulegen. Ich ordne mal die "Nichtwohngebäude" als die früheren "kleinen Sonderbauten" ein, welche nun aber uneingeschränkt durch die s.a. SV oder Prüfsachverständigen für das Bauaufsichtsamt zu prüfen sind.
Nach § 68 (4) d. BauO NRTW:2018 liegt die Prüfung von Sonderbauten alleinig bei der unteren Bauaufsicht (mit Ausnahme der Mittelgaragen).
Wie kann in einem Antragsformular eine Anforderungslage zur Vorlage von Bescheinigungen definiert werden, ohne dass vorher die BauO NRW entsprechend angepasst worden ist.
Die untere Bauaufsicht soll plötzlich entscheiden, ob es sich um (einen nicht näher definierten) Standardbau handelt beziehungsweise soll eine Verwaltungsangestellter/ Verwaltungsangestellte der unteren Bauaufsicht darüber entscheiden, ob sich in einem Bauvorhaben andere Brandbekämpfungsmaßnahmen ergeben als in einem Standardbau (welcher ebenfalls nicht näher definiert ist).
Auch die von Ihrer Seite getätigte Einschätzung, dass mit der alleinigen Nennung einer "sachverständigen Person" nur ein s.a. SV Brandschutz oder auch ein Prüfingenieur sein muss, ist nirgendwo dargestellt.
Dies ist insgesamt auch in der Darstellung der Anlage I/2 aus dem Antragsblatt extrem unglücklich gewählt, da der Prüfingenieur ja ebenfalls ein s.a. SV Brandschutz sein muss. Daher ist der Entfall der Benennung des Zusatzes "s.a." völlig sinnfrei.
Sollte man nach der Darstellung der Anlage I/2 zukünftig gehen, kommt auf die s.a. SV Brandschutz und die Brandschutzdienststellen eine unglaubliche Antragsflur zu, da zukünftig jeder Kiosk, jedes Cafè, jedes Ladengeschäft, etc. bereits ab Gebäudeklasse 3 geprüft werden muss....