2. Rettungsweg EG

Konrad

Hallo zusammen,

ich habe ein Frage zu dem 2. Rettungsweg im Erdgeschoss in NRW. Wird hier dieser gefordert?

Kommentar der LBO nrw sagt folgendes:
"Für erdgeschossige Nutzungseinheiten mit mindestens einem unmittelbaren Ausgang (Tür) aus der Nutzungseinheit ins Freie wird (neu) auf einen zweiten Rettungsweg verzichtet, wenn die Türe ins Freie von jeder Stelle der Nutzungseinheit in maximal 15 m (entgegen Referentenentwurf v. 26.6.2015, Vorlage 16/3048, wo 35 m festgelegt waren) erreicht werden kann. Dies entspricht beispielsweise dem Sicherheitsniveau von Nutzungseinheiten in Obergeschossen, die über bauliche Rettungswege verfügen, da auch hier eine Entfernung von 15 m und mehr aus einer Nutzungseinheit bis zu einem notwendigen Flur möglich ist. Der Verzicht auf einen zweiten Rettungsweg gilt nur für Räume mit direktem Ausgang ins Freie (wie kleine Läden) und nicht für Nutzungseinheiten mit mehreren Räumen, wie Wohnungen (vgl. VG Köln, Beschl. v. 27.8.2021 – 8 L 188/21 –, juris, Rn. 23).
..."

In meinem Fall habe ich eine Ecke eines Raumes welche 16m entfernt ist und dementsprechend müsste ich doch einen 2.RW vorsehen? was ist den wen eine andere Stelle eines anderen Raumes zum 2.RW und zur Tür entfernt ist, muss ich dann einen weiteren 2.RW vorsehen?

Karstens

Konrad In meinem Fall habe ich eine Ecke eines Raumes welche 16m entfernt ist und dementsprechend müsste ich doch einen 2.RW vorsehen? was ist den wen eine andere Stelle eines anderen Raumes zum 2.RW und zur Tür entfernt ist, muss ich dann einen weiteren 2.RW vorsehen?

Ja, wenn Sie die 16 m entfernte Ecke abgemauert haben.... sind es nur noch 15 m.

WernerMueller

Hallo Konrad,

NRW-Baurecht: Am Ende kommt immer nur Murks raus.
Aber konkret: § 33 (2) Nr. 2 BauO NRW wurde ergänzt, da man endlich -eigentlich bundesweit- erkannt hatte, dass ein Ausgang im EG direkt ins Freie dann doch etwas besser ist, als im 44. OG auf einem Flur jeweils 20 m nach links oder rechts zu laufen.
Leider hat man in NRW dann doch die Hosen etwas voll gehabt, die 35 m gekürzt und 15 m draus gemacht und das auch nur auf Räume bezogen. In Bayern z.B. traut man sich ganze erdgeschossige Nutzungseinheiten bis 400 qm mit nur einem Rettungsweg zu (das mag ich an Bayern).
Zu Deinem Fall: Weil in NRW auf den einzelnen Raum Bezug genommen wird, ist bei einer Nutzungseinheit § 33 (2) Nr. 2 BauO NRW nicht anwendbar (du hast ja offensichtlich mehrere Räume).
Tja, was gilt dann?
Rein formal: Schaffe irgendwo in der NE (kann auch direkt neben der Ausgangstür sein) einen 2.RW (notw. Fenster), schon bist Du die 15 m los. Der Rettungsweg darf dann wieder 35 m lang sein.
Ist eigentlich Quatsch? Ja.
Entspricht der BauO NRW? Ja klar. Ich sag ja: Kommt nur Murks raus.

Gruß
Werner Müller

Hannes

Hallo Werner,

was ist denn mit dem letzten Halbsatz, Art. 34 Abs. 3 Satz 4 (s. unten) gilt entsprechend, konkret gemeint?
hier: notwendige Flure mit nur einer Fluchtrichtung, die zu einem Sicherheitstreppenraum führen, dürfen nicht länger als 15 m sein.
Ev, dass unabhängig von den 35m ein Flur innerhalb der NE bis ins Freie nicht länger als 15m sein darf?

Art. 31 BayBO
Rettungswege
(1) Für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum wie Wohnungen, Praxen, selbstständige Betriebsstätten müssen in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein; beide Rettungswege dürfen jedoch innerhalb des Geschosses über denselben notwendigen Flur führen. Abweichend von Satz 1 genügt ein Rettungsweg

aus Geschossen ohne Aufenthaltsräume,
bei zu ebener Erde liegenden Geschossen bis 400 m2, wenn dieser aus der Nutzungseinheit unmittelbar ins Freie führt; Art. 34 Abs. 3 Satz 4 gilt entsprechend.

Gruß
Hannes

Roland_Witzl

Hallo Hannes,

das bedeutet, das wenn in so einer NE ein notwendier Flur vorhanden ist, über welchen der erste und einzige Rettungsweg geführt werden soll, dann nicht länger als 15 m sein darf.

MkG, R.Witzl

WernerMueller

Ey Roland,
ich bin der Erklärbär 🙂

Gruß
Werner Müller

Roland_Witzl

Sorry Werner! ;-)
Ich werde mich bessern!

MkG, R.Witzl

Konrad

Hallo,
ich glaube ich habe den Wortlaut falsch verstanden! Ein zweiter Rettungsweg im Erdgeschoss ist nicht erforderlich, wenn aus diesem ein direkter Ausgang ins Freie besteht, der von jeder Stelle des Raumes in höchstens 15 m Entfernung erreichbar ist. Dementsprechend brauche ich im EG keinen 2. Rettungsweg.

WohmannA

Karstens

Jetzt muss man sich im Rahmen der Auslegung des Gesetzes ja schon etwas darüber streiten, wer denn mit dem Po in der Ecke steht und dann flüchtet. Letztendlich ist doch in der Praxis auch die Länge 35 m in den meisten Brandschutzkonzepten und -nachweisen nicht aus der letzten Ecke gemessen.

Ich würde es im Einzelfall sehen und mit der zu prüfenden Stelle abstimmen.

Wolfgang_Cordier

Hallo Konrad,
eigentlich ganz einfach (mal Sinn oder Unsinn der Länge außen vor gelassen).

Bedingung = 1 Raum nicht mehrere Räume (Sinn: ich muss es sehen wenn auf meinem einzigen Fluchtweg ein Brand entsteht und nicht erst, wenn Rauch in einen hinten liegenden anderen raum eindringt)
(Das man hier vielleicht etwas mit Rauch(warn)meldern kompensieren könnte wurde nicht berücksichtigt.
Bedingung = maximal 15 m bis ins Freie (begründet sich wohl aus der rauchabschnittslänge notwendiger Lure in NRW die maximal 30 m betragen darf, so dass man zumutet, 15 m durch einen verrauchten Flur zu flüchten. Das dies auch 25 m sein könnten wenn an der anderen Flurseite bereits die flammen aus einer offenen Wohnungstür schlagen wurde auch hier nicht weiter berücksichtigt).

Da man sich an irgend etwas orientieren muss und Begründen will kam es wohl zu dieser Konstellation.

Auch wenn die Behörden bei den Rettungsweglängen in ihrem Handeln oftmals sensibel sind würde ich es einfach mal mit den 16 m und vielleicht tatsächlich mit einer Kompensation durch Rauchwarnmelder versuchen. Hilf übrigens auch, wenn am Ende des Raumes ein Schreibtisch steht und man dann mit dem Rücken zum Ausgang sitzt 😉

Gruß
Wolfgang Cordier

brandsicher

Da schlage ich doch vor, die vermurkste Änderung des § 33 zu vergessen. Zum Glück gilt § 35 (2) „Von jeder Stelle eines Aufenthaltsraumes sowie eines Kellergeschosses muss mindestens ein Ausgang in einen notwendigen Treppenraum oder ins Freie in höchstens 35 m Entfernung erreichbar sein.“ immer noch. Und so machten unsere Vorfahren es auch schon. Denn diese Anforderung an den 1. Rettungsweg gilt schon viel länger als die MBO.
Diese 35 m gelten für eine beliebige Anzahl von Nutzungseinheiten auch über einen Stichflur, der aber nur 15 m lang sein darf.
Gruß
Ulrich Drechsler

Wolfgang_Cordier

brandsicher
Ich setzte für NRW noch einen drauf.
Hier dürfen Stichflure sogar länge als 15 m sein.
Auszug BauO NRW §36 Absatz 3
....
Notwendige Flure mit nur einer Fluchtrichtung, die zu einem Sicherheitstreppenraum führen, dürfen nicht länger als 15 m sein.
....
Gilt hier also nur noch für Stichflure zu einem Sicherheitstreppenraum.

Bei Laubengängen darf er sogar zu einem Sicherheitstreppenraum länger sein
Zitat weiter:
"Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht für offene Gänge nach Absatz 5."

Der Argumentation mit der zulässigen Rettungsweglänge von 35 m klingt gut, wird aber wahrscheinlich bei einer Behörde damit weg argumentiert, dass man dann auch von dem vorhanden sein eines zweiten Rettungsweges ausgeht. Darauf soll ja hier verzichtet werden.

Gruß
Wolfgang Cordier

brandsicher

Hallo Herr Cordier,
das ist eben der Unterschied zwischen Praktikern und Scholastikern, für die nur das geschriebene Wort im Gesetzblatt gilt. Prüfingenieure konnte ich immer davon überzeugen, dass man im Freien mindestens ebenso sicher ist, wie in einem Sicherheitstreppenraum.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Drechsler