M-LAR Einzelleitungsführung durch Decken

Wolfgang_Cordier

Guten Tag zusammen,

wir arbeiten gerade an einem Holzbau 2-geschossig GK 3. Bei der Durchführung der Elektroleitung als Einzelleitung durch die Holzdecke vom OG ins EG (Versorgung von Leuchten) ist jetzt eine Frage aufgekommen.
Der Aufbau der Decke ist wie folgt geplant (von oben nach unten):

Bodenbelag (PVC/Linoleum)
Zementestrich 45 mm
Rohr FBH 16 mm
Trittschalldämmung EPS 20 mm
Tackerplatte 30 mm
Schüttung Rieselschutz (Sand) 30 mm
Holzschalung (vom Statiker als F30 berechnet) 35 mm
Balkenlage 12/26 mm

Die Leitungen wurden jetzt vorbereite auf die Holzschalung (F30) gelegt und durch diese nach unten geführt. Gemäß M-LAR ist eine Erleichterung für eine Einzelleitungsdurchführung nur bei feuerhemmenden Decken mit Dicke von 60 mm zulässig (hier 35 mm).
Welchen Hintergrund hat diese Deckenstärkenvorgabe?
Müsste jetzt die Decke im Bereich der Leitungsdurchführung gestärkt werden (z.B. Holzplatte im Bereich der Durchdringung zusätzlich bis zur Stärke von 60 mm aufbringen?
Kann bei dem geplanten Aufbau davon abgewichen werden, wenn die Leitungen oberhalb der F30 Decke in einem Sandbett mit einer Höhe von 30 mm geführt werden?

Kann mir hier jemand erklärend weiterhelfen und wie seht ihr das?

MfG
Wolfgang Cordier

bskonzept

Wolfgang_Cordier Welchen Hintergrund hat diese Deckenstärkenvorgabe?

Die Vorgabe kommt aus der alten DIN 4102-4, da die dortigen Bauteile Mindestdicken haben mussten (heute natürlich auch). Unbekleidete Stahlbetonplatten ohne Estrich hatten bspw. eine Mindestdicke von 60mm um F30-A zu erfüllen (Tabelle 9 der DIN 4102-4 von 1994). So wird es auch in der Begründung der Änderung der MLAR von 2005 gegenüber der MLAR 2000 angegeben. In den MLAR vor 2005 gab es eigentlich nur F90-Durchführungen, und die hatten eine Mindestdicke von 80mm, so dass dann mit den 60mm für F30 letztliche nur noch die 70mm für F60 übrigblieb. Die Erläuterung zur MLAR 2005 schreibt hierzu (also zu 60, 70 und 80mm):

"Die Ergänzungen unter Buchstabe c erfolgen im Hinblick auf die MBO. Die angegebenen Mindestdicken werden aufgrund der Notwendigkeit des Erhalts der brandschutztechnischen Eigenschaften auch bei Durchdringungen eingeführt. Die genannten Dicken sind erforderlich, um die Erleichterungen nach Abschnitt 4.3.1 zu gewähren; Bauteile nach DIN 4102-4 weisen entsprechende Mindestdicken auf."

Wolfgang_Cordier Müsste jetzt die Decke im Bereich der Leitungsdurchführung gestärkt werden (z.B. Holzplatte im Bereich der Durchdringung zusätzlich bis zur Stärke von 60 mm aufbringen?

Um formal korrekt zu arbeiten, muss die Decke im Bereich der Leitungsdurchführung aufgedoppelt werden auf die 60mm, da ja nur die 35mm Holz für den Feuerwiderstand zuständig ist (so habe ich es jetzt aus der Beschreibung rausgelesen). Ist so wie bei den Trockenbau-Schachtwänden: Da wird doppelt beplankt und dort wo die Leitung reingeht wird extra aufgedoppelt.

Wolfgang_Cordier Kann bei dem geplanten Aufbau davon abgewichen werden, wenn die Leitungen oberhalb der F30 Decke in einem Sandbett mit einer Höhe von 30 mm geführt werden?

Ich würde nicht abweichen, da ja noch Platz in der Decke ist. Der Sand hat ja die 30mm, der kann in dem Bereich ja durch das Holz ersetzt werden und dann ist die Trittschalldämmung da, in der die Leitung dann "umgebogen" werden kann und im Sandbett dann bis zur Wand geführt werden kann. Da es ja neu gemacht wird, kann man entsprechend bauen. Abweichungen sind nur für die, die es nicht auf die Reihe gebracht haben. Dann sollen die aber auch haften, was die garantiert nicht wollen. Also ordentlich bauen und gut ist. Der Brandschützer bzw. das Amt ist nicht derjenige, der die Bau- bzw. Planungsfehler der anderen "schönredet" und für die den Kopf hinhält.

Karstens

Wolfgang_Cordier Schüttung Rieselschutz (Sand) 30 mm
Holzschalung (vom Statiker als F30 berechnet) 35 mm
Balkenlage 12/26 mm

Hallo Herr Cordier,
wie kann man eine Holzschalung als F30 "berechnen"? Wie ist die Schalung eigentlich montiert? Liegt sie auf den Balken? Ist es ein Neubau?

Hallo auch bskonzept,
bei den Mindestdicken in der MLAR geht es m.E. um die Wärmeverteilung vom Rohr in diese Decke oder Wand oder Schachtwand. Ist die Dicke zu gering, glüht das Rohr eher durch, brennt das Kabel eher durch. Die Abstandsregeln rühren m.E. auch daher. Die Länge der Durchführung ist die Brandbremse zeitlich. Die Maße 60, 70 ,80 mögen aus der DIN 4102 kommen. Die Abschottungswirkung einer Leitungsdurchführung nach der Erleichterung nach MLAR ist nicht nachgewiesen.
Deshalb würde ich die Durchführung so herstellen, wie man es auch mit zugelassenen oder geprüften Durchführungen durch Holzbauteile macht: Einen Betonklotz oder Zementmörtelklotz um die Leitung einbauen. Holz aufzudoppeln sehe ich etwas bedenklich. 30 mm+30 mm Holz kann doch nicht besser sein als, 30 mm Holz und 35 mm Sand.
Im MLAR-Kommentar von Lippe u.a. (habe die 5. Aufl.) gibt es für Holzbalkendecken und Leitungsdurchführungen nach MLAR 4.3 einige bebilderte Vorschläge. Dabei wird die gesamte Deckendicke betrachtet, nicht nur diese 60 mm Mindestdicke bei F30, und mit Mineralwolle oder der vorhandenen Schüttung vollgestopft. Das sind bei solchen Decken dann 20 bis 26 cm Durchführungsdicke.

MfG. G.Karstens

bskonzept

Karstens Die Abschottungswirkung einer Leitungsdurchführung nach der Erleichterung nach MLAR ist nicht nachgewiesen.

Ja, das mag sein. Formal muss es das auch nicht, da es einfach so geregelt ist. Wenn ich die Regel befolge und was passiert, ist das "zwar blöd", ist aber so.

Karstens Einen Betonklotz oder Zementmörtelklotz um die Leitung einbauen.

Der Betonklotz ist ja für die Durchführung durch die gesamte Decke gedacht. So wie ich es hier verstanden habe, soll nur bis "in die Decke" geschottet werden, damit dort dann die Leitungen verzogen werden können. So wie bei den Trockenbaudecken, wo ich das Einzelkabel nur dicht verspachteln muss, was nach dem Anschluss der Leuchte nicht mehr hält, da an der Leitung schon soviel rumgewackelt wurde...

Karstens Holz aufzudoppeln sehe ich etwas bedenklich.

Nun, nach der Vorgabe der MLAR ist es aber OK, da keine nichtbrennbaren Baustoffe gefordert werden. Die Decke, die betrachtet werden soll, muss F30 bringen (da ist ja anscheinend ein Nachweis durch die Berechnung erbracht) und bei der Einzelleitungsdurchführung muss noch die Dicke passen. Somit darf ich erstmal das Material der F30-Decke (hier das Holz) zum Aufdoppeln nutzen.

Karstens Dabei wird die gesamte Deckendicke betrachtet, nicht nur diese 60 mm Mindestdicke bei F30

Ja, es kommt halt immer auf den Nachweis der Decke drauf an. Ich kann ja eine Decke nur von unten F30 nachweisen und dann zusätzlich nur von oben. Somit hat die gesamte Decke F30, nur halt separat für beide Seiten nachgewiesen. Der Bereich "zischendrin" kann dann wie die "brandschutztechnisch nicht notwendigen Dämmstoffe" nach 4102-4 bei den Aufbauten angesehen werden. Wie der Nachweis der Decke hier ist, ist nicht ganz klar. Es kann ja sein, dass das Holz nur von unten F30 bringt und der Estrich von oben die F30. Wenn jetzt das Holz nur von unten den F30-Nachweis hat, dann muss ich ja eigentlich schauen, dass es mir nicht in den Zwischenraum und dann wäre eigentlich die Aufdopplung das Mittel der Wahl, um die MLAR für die untere "Holzdecke" zu erfüllen.
So würde ich es zumindest machen, ohne die Situation jetzt näher zu kennen. Ist auch nur eine Ferndiagnose.

Karstens

Ja Ferndiagnose.
Ich hätte dabei gern die Deckenkonstruktion erfahren und wie der Statiker den F30-Nachweis für die Bretter geführt hat.

F30 heißt doch, nach 29 Minuten Vollbrand unten kann ich noch oben drüberlaufen, oder ist das nicht theoretisch so? Wenn ich beispielsweise ein Kupferrohr aus der Decke ragend sehen würde, könnte ich das aber nicht mehr schmerzfrei anfassen, egal ob erleichterte Durchführung oder mit Rockwoolschalen oder Schott mit ABZ. Das Rohr darf ja im Prüfstand bis 180 Grad heißer werden. Was passiert dann mit den Holzbrettern im Durchführungsbereich? Egal ob 30 mm oder auf 60 mm aufgedoppelt. Und was ist mit einer Rohrführung innerhalb der Holzbalkendecke? Da liegen dann Kunststoffdämmschalen o.ä. oder PVC-Kabel schmoren bis sonstwohin.
Richtig ist, dass in der MLAR nicht vorgegeben ist, ob nichtbrennbare Decken gemeint sind. Oder ich finde das nicht. Wenn aber irgendwo in Verbindung mit Durchführungen von Massivdecken die Rede ist, sind das Beton- oder Steindecken, wobei man die Nichtbrennbarkeit unterstellt.
Wenn wir Rohrspalte von Leitungsdurchführungen ausstopfen, dann nehmen wir doch 1000°C-Wolle und nicht irgendeine Stopfung oder eine Kunststoffschaumumhüllung. In Altbauten findet man Zeitungspapierstopfungen. Auf der Baustelle wird eben irgend etwas ausgeführt, wenn der Brandschutzplaner oder der Bauplaner oder der Bauleiter nichts Konkretes vorgibt. Man sieht später nichts davon und es brennt selten. Wenige am Bau interessiert das.
Wenn man etwas plant und baut, soll es doch möglichst richtig sein oder auf sicherer Seite liegen.