2. RW aus Keller

Benutzer_323

Hallo Forum,

beim Neubau von Doppelhäusern wird es immer moderner auch im Keller Wohnräume einzubauen. Wie ist das nun mit dem 2. Rettungsweg? Reicht der Einstieg in einen breiten Lichtschacht mit Steigleiter und aufklappbaren Gitterrost? Oder muss es der offene Lichtgraben mit einer Natursteintreppe sein? Wie ist der Stand der Technik?

Grüße, Franz Lang

WernerMueller

Hallo Franz,

1) Wenn kein Aufenthaltsraum (AHR) im Keller, dann formal kein 2. RW erforderlich.

2) Wenn formal kein AHR geplant(z.B. fehlende Belichtung), aber AHR-ähnliche Nutzung möglich, dann 2.RW als Vorsorgemaßnahme vorsehen (in Abstimmung mit dem Bauherrn)

3) Wenn tatsächlicher AHR vorgesehen (also in der Eingabe als solcher benannt und formal Art. 45 BayBO entsprechend), dann 2.RW zwingend erforderlich.

Aus technischer Sicht:

Formal wären nur bei Nr. 3 technische Anforderungen nach Art. 35 (Brüstungshöhe, Größe etc.). einzuhalten. Natürlich macht man das bei 2. ebenfalls (aber halt dann freiwillig).

Ja, und der 2.RW kann auch über einen Schacht sichergestellt werden.

Dies ist aber (bei Nr. 3) immer eine Abweichung von Art. 31 (2) S.2 BayBO, da nicht über Rettungsgeräte der Feuerwehr erreichbar. Größen etc. analog Art. 35 BayBO.

Ergo: Ausstieg über Schacht bei AHR immer als Abweichung im BSK benennen (einschließlich der technischen Parameter), damit wird der ganz offiziell "genehmigt".

Ein Lichtgraben kann nicht zwingend gefordert werden (zumal dieser nicht immer errichtet werden kann).

Gruß

Werner Müller

PS: 2.RW über Fenster im EG sind übrigens auch immer Abweichungen...:)

Benutzer_323

Hallo Herr Müller,

vielen Dank für Ihre ausführlichste Beschreibung der Situation. Und ach die neue Erkenntnis mit dem 2. RW im EG.

Grüße, Franz Lang

Hannes

wer will denn im Keller in einem Wohnraum wohnen dessen natürliche Belichtung nur über Lichtschachte kommt?

Zumindest in Baden Württemberg gilt:

Aufenthaltsräume, deren Fußboden unter der Geländeoberfläche liegt, sind zulässig, wenn das Gelände mit einer Neigung von höchstens 45° an die Außenwände vor notwendigen Fenstern anschließt.

Die Oberkante der Brüstung notwendiger Fenster muss mindestens 1,3 m unter der Decke liegen.

Damit funktioniert auch der 2.RW deutlich besser als bei einem Lichtschacht bei dem sich ev. auch das Gitter mal nicht mehr öffnen lässt...

Gruß

Hannes

Benutzer_1470

Zweiter Rettungswege im EG über z. B. selbst nutzbare Fenster erfordern Abweichungsanträge? Das war ein Witz oder!?

Die Rettungswegführung von notwendigen RW aus Kellergeschossen mit Aufenthaltsräumen über Lichtschächte mit Gitterrost, das ist nicht Schutzzielgerecht (kein vergleichbares Sicherheitsniveau, siehe Art. 63 BayBO).

Die Nutzbarkeit der Ausstiege über einen Lichtschacht ist fraglich. Dazu kommen noch die ggf. vorhandenen Gitterroste, welche im Winter festgefroren sind. Im Übrigen werden diese gegen Einbruch geschützt.

Ich habe auch schon gesehen, dass Abfallbehälter auf den Lichtschächten bzw. auf den Gitterrosten standen und das nicht nur einmal.

Ob es dafür eine Genehmigung gibt, das stelle ich in Frage.

Norbert Bärschmann

peters

Der zweite Rettungsweg muss mit Rettungseräten der Feuerwehr erreichbar sein. Und warum soll die Feuerwehr in einen ausreichend großen Schacht (0,8 x 1,2 oder mehr) nicht einen Leiterteil einer 4-tlg. Steckleiter einstellen können?

Die Erreichbarkeit wäre damit bauordnungskonform gesichert.

Klappbare Gitteroste sind sicher nicht ideal, aber wenn Sie gekennzeichnet, odnungsgeäß gewartet und betrieben werden, sind sie m.E. im 2.Rettungsweg nicht unzulässig. Auch Notausgangstüren können zugestellt, verschlossen oder anderweitig unbrauchbar sein.

Gruß J.Peters

Feuer-Hewi

hallo zusammen,

ich weiß bei der vorausgegangenen Diskussion nicht, ob wir uns hier manchmal sebst im Wege stehen?

erst mal: Herr Müller hat mit seiner Einführung Recht, aber mit der Forderung "Abweichung" bin ich auch anderer Meinung: wieso muss die FW mit Rettungsgeräten immer nur nach oben klettern und nicht auch mal nach unten in den Schacht? es handelt sich i.d.R. um einen Schacht mit einer Tiefe von 1-1,2o m, der mit einer kleinen Ausstiegshilfe kein Prroblem sein sollte;

zudem sehe ich den Schacht mit Ausstiegshilfe als "selbstständigen, baulichen RW", der ohne Fremdhilfe genutzt werden kann;

herausnehmbarer oder klappbarer Gitterrost - wo ist da der Unterscheid zu einem Klappladen (Rollladen) vor einem obererdigen Fenster? - selbst bei einer Einbruchsicherung, die nur von unten/innen (ohne Hilfsmittel!!) geöffnet werden kann, habe ich keine anderen Erschwernisse als bei einer verschlossenen Haustüre, die ja letztlich auch zulässig ist (wenn auch nicht unbedingt sinnvoll - daher auch hier meine Empfehlung: selbstverriegelndes Panikschloss!);

die von Herrn Bärschmann beschriebene missbräuchliche Nutzung des Gitters als Stellplatz für Mülltonne, Fahrräder, Motorroller, .. oder angefrorene Roste, ggf. auc noch mit Laubschutzeinsatz, sehe ich auch nicht als relevant (wenn man auch darüber nachdenken sollte/kann);

wenn dort ein Aufenthaltsraum oder gar ein Wohnraum (oft ein zusätzliches Schlaf- oder Kinderzimmer) wird man es nicht mit Mülltonnen "verzieren" oder verdunkeln;

wie Herr Peters schon schreibt, auch Türen können zugestellt werden, doch das ist keine baurodnungsrechtlich vorgesehene Nutzung und für uns nicht als Regel anzusehen; Kennzeichnunge ist immer sinnvoll!

wenn also die sonstigen "Randbedingungen" - Belichtung, Belüftung - eingehalten werden können, sehe ich kein Hindernis, dort "Wohnräume" vorzusehen;

es ist jedoch sicherzustellen, dass der freie Querschnitt des Lichtschachts mind. den Maßen der Rettungsfenster entspricht, damit sich der/die zu Rettende auch bewergen kann; streiten könnte man sich darüber, ob bei einer inneren Höhe des Lichschachts < 1,20 m überhaupt eine Aufstiegshilfe erforderlich ist; die Brüstungshöhe zum Fenster braucht bei < 1,20 m auch keine; (ich empfehle sie dennoch und schreibe sie auch im BSN fest)

mfG

der Feuerteufel

Benutzer_1470

Die Kellerlichtschächte, welche ich kenne, sind oft sehr klein. Auch wenn die in Bayern für Rettungswegfenster erforderlichen Lichtraumproviele von 60 x 100 im gesamten Lichtschacht eingehalten werden (gerade in meinem Haus gemessen), kann das kein Rettungsweg sein. Dort würde ich nicht leicht herauskommen. Eine Anleiterung von oben ist bei diesen Abmessungen nicht möglich, da sich dadurch der Platz noch weiter verringern würde.

Es handelt sich bei einem Lichtschacht nicht um den Durchgang einer ca. 30 cm dicken Außenwand. Der Lichtschacht hat eine Länge von ca. 2 m.

Die Anforderungen an Rettungswegbreiten sind auch höher als die Türdurchgänge.

Wenn die Lichtschächte sehr viel geräumiger sind und das Aussteigen bzw. das Anleitern nach unten leicht möglich ist, na dann ist diese Rettungswegführung ggf. zulässig .

Wie immer bedarf einer Einzelfallentscheidung. Aus diesem Grund ist diese über eine Abweichung sinnvoll bzw. erforderlich.

Norbert Bärschmann

Benutzer_1388

"Einstieg in einen breiten Lichtschacht mit Steigleiter und aufklappbaren Gitterrost?"

Bauordnung z.B. Bayern oder Hessen:

"Aufenthaltsräume müssen ausreichend belüftet und mit Tageslicht belichtet werden können. Sie müssen Fenster mit einem Rohbaumaß der Fensteröffnungen von mindestens einem Achtel der Netto-Grundfläche des Raums ... haben."

Weil es um Wohnungen geht, verbieten sich "Kellerfenster" u. Lichtschächte eigentlich. Einen Lichtgraben wird man böschen.

Aber egal ob man es Schacht oder Lichtgraben nennt, ist man doch zu ebener Erde, sobald man das Fenster überwunden hat. Man kann i.d.R. über die Fensterbrüstung nicht hinausfallen. Man krabbelt die Böschung hoch oder steigt die Böschungssteine hinauf. Eine Treppe aus "Naturstein" muss nicht sein, auch nicht aus Beton, man ist ja schon im Garten. Die Feuerwehr kann sicherlich auch ein Stück Steckleiter hinunter halten.

Weil die Frage auf Doppelhäuser abstellt, geht es wohl um die eigentlich illegal genutzten Wohnräume im Kellergeschoss, was dann bis zum "Kellerfenster" mit Kunststofflichtschacht führt. Dass machte man früher doch immer erst nach Baugenehmigung. Im Bauplan stand "Kellerraum" o.ä.

MfG. G.Karstens

Benutzer_594

Wir haben bei uns gerade in der Bauaufsicht die Diskussion, ab wann Aufenthaltsräume im Keller den Anforderungen entsprechen. Der normale Lichtschacht mit Abdeckung reicht definitiv nicht, selbst bei extrem großen Lichtschächten (>1m Wandabstand, die dann die 45° Lichteinfallswinkel zur Brüstung erreichen) wird das nicht gesehen.

Somit wird im Wohnbereich nur ein tiefer liegendes natürliches Gelände oder größere Lichtgräben (ggf dann mit Steighilfe?) gehen.

(wegen Belichtung)

Bei gewerblichen Aufenthaltsräumen, bei denen z. B. die Tätigkeit keine natürliche Belichtung erfordert, kann grundsätzlich (wegen Belichtung) ein Lichtschacht ausreichend sein. Da ist dann eine Lösung, die auch rettungswegtechnisch passt, ausschlaggebend.