Ich kann die zuvor gemachten Aussagen unterstreichen bzw. feststellen dass mit der erzwungenen Übernahme der zusätzlichen Forderungen (z. B. von der Brandschutzdienststelle) nicht alle Behörden das so eng sehen.
Wenn die Übernahme von zusätzlichen Forderungen der Feuerwehr oder der Bauaufsichtsbehörde in mein BS- Nachweis gestellt werden, dann reagiere ich folgendermaßen bzw. passe mein Nachweis entsprechend an.
Hier Auszüge aus einem angepassten BS- Nachweis (nur die einzelnen Forderungen). Zusätzlich füge ich dann lediglich
• Zusätzliche Forderung der Branddirektion
• Klarstellung des BS- Planers
In mein Nachweis ein.
Ich gebe aber den vollständigen Nachweis mit den erzwungenen Änderungen in geforderter Anzahl nochmals ab. So kann ich den zuständigen Mitarbeiten ggf. die Unsinnigkeit der Forderungen nachweisen.
Hier dei Auszüge:
2.1 Beurteilungsgrundlagen
• Genehmigte Pläne mit Baugenehmigung vonm 10.03 1988
• Eingabepläne vom 16.04.2020 Architekt xxxxx
• Weitere Beurteilungsgrundlagen sind die momentan vorhandenen bzw. geplanten Nutzungen. Durch mehrfache Besprechungen und Ortsbesichtigungen wurde die Örtlichkeit überprüft. In diesem Zusammenhang wurden die Nutzungen, die besonderen Gefährdungen und die konkreten Randbedingungen beim Betreiber abgefragt.
Die zusätzlichen Forderung der Branddirektion (LBK Schreiben vom 06.08.2020) wurden wie gefordert eingearbeitet.
5.1 Aufzüge (Art. 37 BayBO mit § 9 BStättV)
Baurechtliches Schutzziel / allgemeine Anforderungen
Aufzüge verbinden in der Regel mehrere Geschosse miteinander.
Das Schutzziel von allen Aufzügen, zu mindestens aus brandschutztechnischer Sicht, ist die Brandausbreitung in andere Geschosse ausreichend lange zu verhindern. Zur Sicherung der Abschottungsfunktion der betreffenden Bauteile sind folgende Voraussetzungen erforderlich:
• Einhausung des Aufzugsschachtes durch eine Schachtwand in der Feuerwiderstandsfähigkeit der Decken des Gebäudes und
• Fahrschachtwände (einschließlich Verkleidungen) aus nichtbrennbaren Baustoffen bzw. mit einer Bekleidung im inneren des Aufzugsschachts aus nichtbrennbaren Baustoffen in ausreichender Dicke (min. 12 mm Gipskartonplatte ohne bauaufsichtlichen Nachweis) und
• Einbau von geeigneten Fahrschachtüren (mit gültigem Verwendbarkeitsnachweis bzw. CE Kennzeichen mit entsprechender Leistungserklärung) und
• wirksamer Rauch und Wärmeabzug an oberster Stelle des Fahrschachtes (2,5 % der Schachtgrundfläche, min. 0,1 m²) und
• Fahrkorb aus überwiegend nichtbrennbaren Baustoffen und
• keine anderen Brandlasten im Fahrschacht außer solche, welche für den Betrieb des Aufzuges erforderlich sind (Aufzugsmaschinenraum gehört brandschutztechnisch zum Aufzugsschacht) und
• feuerbeständige Abtrennung des Aufzugsmaschinenraumes von anderen Bereichen (Türen z. B. T 30 nach DIN 4102 Teil 5 mit allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung). Die Trennung des Aufzugsschachtes vom Aufzugsmaschinenraum ist in den meisten Fällen nicht zwingend.
Wenn die Rauchabzugsöffnungen des Aufzugsschachtes aus Gründen der Energieeinsparung verschlossen werden sollen, müssen diese Abschlüsse eine bauaufsichtliche Zulassung vorweisen (siehe Punkt 37.3.2 der Vollzugshinweise der OBB zur BayBO 2013). Diese Abschlüsse müssen im Brandfall selbststätig öffnen und an min. einer geeigneten Stelle aus bedient werden können.
Vorgenannte Anforderungen an die Abschottung der Decken entfallen beispielsweise wenn die Aufzüge in allen Geschossen im Treppenraum liegen, da die Deckenöffnungen durch die Treppenraumwände geschlossen werden und der Treppenraum entsprechende Anforderungen zur Rauchableitung hat.
Auch bei Außenaufzügen ergeben sich keine Öffnungen den Decken, weshalb meist keine brandschutztechnischen Anforderungen an Außenaufzüge bestehen.
Für Aufzüge bestimmter Sonderbauten ist eine entsprechende Steuerung erforderlich (z. B. nach BStättV wenn mehr als 60 Gastbetten vorhanden sind). Mit diesen Brandfallsteuerungen für Aufzüge wird sichergestellt, dass
• die Benutzer von Aufzügen im Falle eines Brandes nicht im Aufzug gefangen sind
• die Aufzüge nicht in das Brandgeschoss, sondern in ein anderes mit weiterführendem Rettungsweg fahren
• die Einsatzkräfte erkennen, dass sich keine eingeschossenen Personen im Aufzug befinden
Entsprechende Anforderungen an die Steuerung von Aufzügen im Brandfall ergeben sich aus der DIN EN 81 Teil 73, sowie der Richtlinie VDI 6117.
Konkretisierung für das Bauvorhaben
Der Personenaufzug liegt nicht in allen Geschossen in einem Treppenraum. Deshalb liegt dieser Aufzug schon im Bestand in einem eigenen massiven Fahrschacht. Dieser ist wie die Decken des Gebäudes feuerbeständig und hat an oberster Stelle eine Öffnung zur Rauchableitung mit einer freien Öffnungsfläche von 0,1 m².
Wenn die Öffnung zur Rauchableitung geschlossen werden soll (z. B. wegen Energieeinsparung), ist ein zugelassenes Rauchabzugsgerät nach DIN EN 12102 Teil 2 erforderlich, welches vom EG und vom obersten Treppenpodest geöffnet werden kann. Das Rauchabzugsgerät muss auch automatisch öffnen. Im Anhang 4 der BayTB oder in den jeweiligen Verwendbarkeitsnachweisen sind die Anforderungen von Rauchabzugsgeräten enthalten.
Die Aufzugstüren entsprechen den bauzeitlichen Vorgaben und werden nicht geändert (DIN 18095 aber ohne Dokumente). Im KG ist dieser Aufzugsschacht durch eine Schleuse vom dortigen Lagerbereich getrennt (feuerbeständig mit einer T 30 Tür).
Sollten zu einem späteren Zeitpunkt neue Fahrschachttüren erforderlich sein (Verschleiß) müssen diese für diesen Zweck zugelassen sein (momentan nach DIN 18090 bis 18092). Alternativ können auch E 90 Fahrschachttüren nach DIN EN 81-58 zur Anwendung kommen.
Der Aufzugsmaschinenraum ist von benachbarten Räumen feuerbeständig zu trennen. Notwendigen Türen zum Aufzugsmaschinenraum müssen feuerhemmend und selbstschließend sein. Vor jedem Zustieg ist ein Schild „Im Brandfall nicht benutzen“ obligatorisch.
Eine Brandfallsteuerung für den Aufzug ist momentan nicht vorhanden und soll auch nicht vorgesehen werden. Vom Betreiber der Beherbergungsstätte ist geplant diesen Aufzug lediglich als Lastenaufzug zu nutzen und für Gäste zu sperren (Abweichung von § 9 Abs. 3 BStättV).
Zusätzliche Forderung der Branddirektion (LBK Schreiben vom 06.08.2020)
Für Fahrschachttüren, welche sich im 1. Rettungsweg der Nutzer der Pension befinden, kann kein Bestandsschutz geltend gemacht werden. Daher sind qualifizierte Fahrschachttüren nach DIN 18090 bis 18092 bzw. DIN EN 81-58 nachzurüsten.
Klarstellung des BS- Planers
Die vorhandenen Aufzugsschachtüren entsprechen den Vorgaben der DIN 18090. Es fehlen lediglich die für Neubauten obligatorischen Dokumente (Verwendbarkeitsnachweise, Einbaubestätigungen der einbauenden Unternehmer). Dadurch ergeben sich keine Gefährdungen (nach Abklärung mit der Branddirektion besteht Einverständnis).
5.2 Leitungsanlagen (Art. 38 BayBO mit LAR)
Baurechtliches Schutzziel / allgemeine Anforderungen
Leitungsanlagen dürfen in tragende, aussteifende und raumabschließende Bauteile nur soweit eingreifen, dass die erforderliche Feuerwiderstandsdauer erhalten bleibt.
Leitungsanlagen, Installationsschächte und –Kanäle dürfen durch raumabschließende Bauteile, für die eine Feuerwiderstandsdauer vorgeschrieben ist, nur hindurchgeführt werden, wenn eine Brandausbreitung ausreichend lange nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen dagegen getroffen sind.
In Rettungswegen dürfen Leitungsanlagen, Installationsschächte und –Kanäle nur installiert werden, wenn diese ausreichend lange benutzbar sind.
Die Energieversorgung von sicherheitstechnischen Anlagen muss auch im Brandfall ausreichend lange gesichert sein.
Weitere grundlegende Vorgaben sind in der BayTB Ziffer A 2.1.10 enthalten.
Die konkreten Anforderungen ergeben sich aus der Leitungsanlagenrichtlinie.
Für bestehende Gebäude müssen die vorhandenen Leitungsanlagen nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden. Soweit in einzelnen Gebäudebereichen keine Änderungen geplant sind (hier im 1. OG) und die Leitungsführungen augenscheinlich schutzzielgerecht verlegt sind, kann Bestandsschutz zum Ansatz kommen. Die bauzeitlichen Vorgaben müssen allerdings noch wirksam sein.
Nachfolgend eine Auflistung der Vorgängerverfassungen der LAR (Aussagen nicht vollständig):
• Vor 1988 gab es keine Leitungsanlagenrichtlinie und auch keine Forderungen, bis auf die Umsetzung der baurechtlichen Schutzziele bzw. die Anforderungen aus den damaligen Bauordnungen. Durchdringungen von raumabschließenden Bauteilen sollten das Abschottungsprinzip nicht in Frage stellen, ohne dass es entsprechende Vorgaben gab.
Es gab auch keine Beschränkungen von Brandlasten durch Leitungsanlagen in den allgemein zugänglichen Fluren (jetzt notwendige Flure).
Für damals entsprechend verlegte Leitungsanlagen kann Bestandsschutz angesetzt werden, soweit sich zwischenzeitlich keine Änderungen ergeben haben bzw. es nicht zu Neuverlegungen kam.
Die Anforderungen an den Funktionserhalt waren lediglich in den zutreffenden Regeln enthalten (VDE Richtlinien oder ggf. in Sonderbauvorschriften).
• 1988 Musterrichtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen (MRbAaLei 1988) mit Verweis auf die Schutzziele des damaligen § 17 MBO, wobei hier erstmals 7 kWh/m² in notwendigen Fluren zugelassen wurden und das mit Abtrennung aus nichtbrennbaren Baustoffen, was als Erleichterung gedacht war.
Die Anforderungen an Abschottungen wurden erstmals geregelt, wobei auch hier noch keine zugelassenen Schotts gefordert wurden, sondern lediglich dichter Verschluss mit nichtbrennbaren Baustoffen wie Mörtel oder Mineralwolle.
Der Funktionserhalt wurde indirekt gefordert ohne auf entsprechend zugelassene Produkte zu verweisen. Die Zeitvorgaben für den zu erreichenden Funktionserhalt entsprachen den jetzigen Forderungen.
• 1993 Musterrichtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen mit Verweis auf die Schutzziele des damaligen § 17 MBO und weitgehend analog zur MRbAaLei 1988.
• 1998 Musterleitungsanlagenrichtlinie (MLAR 1998) Klare Regeln zur Verlegung von Leitungsanlagen. Ansonsten keine besonderen Änderungen.
• 2000 Musterleitungsanlagenrichtlinie (MLAR 2000), Grundsätzliche Konzeption/Gliederung der jetzigen MLAR.
• 2005 Musterleitungsanlagenrichtlinie (MLAR 2005), z. Bsp. klare Regeln zur Verlegung von Leitungsanlagen, wie z. Bsp. Brandlasten in notwendigen Fluren nicht zulässig ohne brandschutztechnische Abtrennung, mehrere Alternativen werden aufgezeigt, z. Bsp. Unterdecken, welche mind. feuerhemmend, dicht und aus nichtbrennbaren Baustoffen sein müssen. Alternativ können auch feuer-widerstandsfähige Schächte oder Kanäle bzw. weitere Abtrennungsmöglichkeiten zulässig sein.
An Leitungsanlagen, welche für den Betrieb der Rettungswege erforderlich sind, ergeben sich keine Anforderungen.
Besondere Erleichterung bei Durchdringung von Leitungsanlagen für feuerhemmende Wände (Ziffer 4.2) und auch für andere Wände und Decken (Ziffer 4.3). Unter Ziffer 4.1 klare Anforderungen an zugelassene Schotts.
Unter Ziffer 5 werden klare Anforderungen an den Funktionserhalt gestellt.
• 2016 Musterleitungsanlagenrichtlinie (MLAR 2016), weitere Konkretisierung der Vorgaben
Konkretisierung für das Bauvorhaben
Die Verlegung der bestehenden Leitungsanlagen jeglicher Art sind durch einen Fachbetrieb zu überprüfen und bei nicht mehr vertretbaren Abweichungen bzw. bei Erfordernis entsprechend der Leitungsanlagenrichtlinie verbessert werden (ggf. auch unter Bezug auf die Vorgaben des Einbauzeitraums).
Bei der Verlegung von neuen Leitungsanlagen sind die Vorgaben der zum Einbauzeitpunkt aktuellen Leitungsanlagenrichtlinie (LAR) einzuhalten bzw. ist ein vergleichbares Sicherheitsniveau sicherzustellen. Das gilt nicht nur bei der Durchführung von feuerwiderstandsfähigen Bauteilen und bei der Verlegung in den Rettungswegen, sondern auch für Leitungsanlagen zur Versorgung der Sicherheitstechnik.
Zusätzliche Forderung der Branddirektion (LBK Schreiben vom 06.08.2020)
Bestandschutz kann für die vorhandenen Leitungsanlagen nicht in Anspruch genommen werden. In allen Bereichen der Pension und der Rettungswege ist die derzeitige Version der LAR vollumfänglich umzusetzen. Bestehende Leitungen sind dann ggf. zu ertüchtigen.
Klarstellung des BS- Planers
Bei der Verlegung von neuen Leitungsanlagen im Bereich der Pension werden die Vorgaben der aktuellen Leitungsanlagenrichtlinie (LAR) einhalten bzw. ist ein vergleichbares Sicherheitsniveau sicherzustellen. Letzteres gilt sinngemäß für die vorhandenen Leitungsanlagen.
Nach Art. 81 a BayBO darf von eingeführten Technischen Baubestimmungen (z. B. von der LAR) ohne bauaufsichtliche Entscheidung abgewichen werden, wenn mit einer anderen Lösung in gleichem Maße die allgemeinen Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO entsprochen wird. Werden die allgemeinen Regeln der Baukunst und Technik beachtet, gelten die entsprechenden bauaufsichtlichen Anforderungen als eingehalten.
Das Fehlen der jetzt obligatorischen Dokumentationen für die bestehenden Schotts, wie Verwendbarkeitsnachweise oder Unternehmerbescheinigungen für den regelrechten Einbau, kann nachträglich nicht mehr geheilt werden. Deshalb diese offensichtlich noch funktionsfähigen Schotts zu erneuern ist eine unbillige Härte und entspricht nicht den grundgesetzlich festgeschriebenen Verwaltungsgrundsätzen.
In diesem Zusammenhang wird auf den Art. 54 Abs. 5 BayBO verwiesen.
Zusammenfassung:
Diese Vorgehensweise ist zwar belastend, aber man hat meist keine andere Wahl, da der Bauherr sich nicht auf eine Auseinandersetzung einlassen möchte. Der Behörde wird meist auch bewusst, dass die Forderungen über das Ziel hinausschießen.
Norbert Bärschmann