PV-Anlagen - Brandschutztechnische Forderungen

n-ludwig

Liebe Forumteilnehmer,

in Hessen ist die Errichtung von PV-Anlagen sowohl im Regelbau als auch im Sonderbau genehmigungsfrei. Uns würde einmal interessieren, wie andere Brandschutzbüros und wie Genehmigungsbehörden mit PV-Anlagen umgehen. Da diese wesentliche Konsequenzen für den Abwehrenden Brandschutz haben, ist es aus unserer Sicht wichtig, bei der Errichtung dieser Anlagen einige Punkte zu beachten. Die VdS Richtlinien "PV-Anlagen" sind grundsätzlich erst einmal Empfehlungen und haben keine bindende Wirkung. Unsere Erfahrung ist, dass Bauherr und PV-Anlagen-Errichter einfach Ihre Anlagen aufs Dach knallen und rein gar nicht an den Brandschutz denken. Oft ergibt sich erst während der Bauausführung, dass eine PV-Anlage installiert wird. Wenn dies zum Zeitpunkt des Bauantrags nicht thematisiert wurde, sind im Brandschutzkonzept keine Hinweise auf eine PV-Anlage enthalten. Wenn wir als "Fachbauleiter Brandschutz" nun die Baustelle betreuen, können wir nicht über die PV-Anlage hinwegschauen. Wie verhält man sich nun richtig? Nur zu prüfen, ob die bauordnungsrechtlichen Forderungen umgesetzt sind (Abstand der Module auf dem Dach zur Brandwand und Leitungsschottung) erscheint mir zu wenig.

Wie verhalten Sie sich?

Herzliche Grüße aus Wiesbaden, Nadja Ludwig

vonhof

Hallo Frau Ludwig,

wenn eine PV-Anlage im Zuge einer genehmigungspflichtigen Baumaßnahme errichtet wird, muss sie m.E. in das (ganzheitliche) Brandschutzkonzept aufgenommen sein. Für die Bewertung auch aller technischer Komponenten und Maßnahmen eines Gebäudes ist das Konzept ja da, und da gibt es keine Ausnahme.

Betrifft nicht nur die PV, sondern (fast) alle Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung. Man kann auch ein Lüftungsanlage oder eine Heizungsanlage verfahrensfrei in ein Gebäude einbauen. Da kommt aber im Gegenzug niemand auf die Idee, die Lüftungstechnik und die Heizungsanlage aus dem Brandschutznachweis herauszulassen, weil die Anlage vermeintlich verfahrensfrei ist und damit (so wäre ja das Argument) niemanden was angeht. Eine solche Argumentation versuchen eigentlich immer nur die PV-Leute (ja, warum eigentlich?)

Erst wenn eine Baumaßnahme abgeschlossen ist, können nachträglich solche Maßnahmen singulär und dann verfahrensfrei und ohne Brandschutznachweis erfolgen (was aber nicht heißt, Brandschutz müsste dann nicht beachtet werden).

Gruß

Alexander Vonhof

Benutzer_822

-+es gibt kaum Vorschriften zur sicheren Anbringuhng außer der statischen (Dachlast). RICHTIG isr es, die PV Platten zusammen abschaltbar anzuschließen, dass man im Brandfall die Ableitung nach unten spannungsfrei hat. Jede Einzelplatte bringt ca. 100 V Gleichsztrim, das ist ungefährlich,bei 10 Platten sind es 1000 Volt und man kann sich einen Schlag holen, wenn man die Leitung anspritzt. Es gibt dafür bezahlbare Hauptschalter. mfg Schächer

Mattes

Hallo Frau Ludwig,

als Brandschutzdienststelle kriegen wir ja nur Wind von PV-Anlagen, wenn im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens die Unterlagen bei uns auf den Tisch kommen.

In erster Linie achten wir dann darauf, dass vor Ort eine entsprechende Beschilderung mit Hinweis auf die PV-Anlage eingeplant wird (nicht alle PV-Anlagen sind von der Erdgleiche aus einzusehen), dass der Trennschalter und seine Lage erdgeschossig bzw. für die Feuerwehr gut zugänglich eingebaut wird (und nicht im hintersten DG-Bereich) und sofern Feuerwehrpläne vorhanden sind, entsprechende Eintragungen darin.

Natürlich werden auch Ausführungen an Brandwänden geprüft.

Insofern hat Herr Vonhof Recht, dass die PV-Anlagen durch die SV mit in die Konzepte oder BS-Nachweise aufgenommen werden müssten; die Praxis zeigt aber, dass das nicht alle SV tun.

Im Rahmen von Brandschauen und Wiederkehrenden Prüfungen entdecken wir dann schonmal nachträglich genehmigungsfrei errichtete PV-Anlagen, bei denen genau diese genannten Anforderungen nicht berücksichtigt wurden.

Eine Analogie z.B. zu Lüftungsanlagen kann ich (noch) nicht erkennen, da für den Bau von PV-Anlagen bislang keine dafür zertifizierten Firmen erforderlich sind (oder hat jemand dazu andere Infos?).

Gruß

Matthias Bußmann

vonhof

Hallo Herr Bußmann,

warum braucht man für die Errichtung einer Lüftungsanlage oder irgendeiner anderen haustechnischen Anlage eine "zertifizierten Firma"? Haben Sie hier nähere Erkenntnisse?

Bin mir nicht bewusst, das im Baurecht da irgendwas geregelt wäre, außer im § 55 Abs. 2 MBO. Und das ist ja nur ein mögliches Verlangen der Bauaufsicht im Einzelfall, wenn eine Anlagensicherheit im "außergewöhnlichem Maße" von der Sachkunde der Errichterfirma abhängt.

Und warum sollte das nicht auch für die PV-Errichter gelten?

Gruß

Alexander Vonhof

Benutzer_3581

Regelmäßig ist es ja so, dass die PV-Anlage bis zum Ende der Genehmigungsplanung und somit auch Abgabe des prüffähigen Brandschutznachweises noch nicht thematisiert wird und erst im Rahmen der Ausführungsplanung relevant wird. Da ist dann aber der Nachweisersteller in den meisten Fällen nicht mehr an Bord weil die Beauftragung meist mit Abgabe des BSN endet.

Feuer-Hewi

Hallo zusammen,

aus meiner Sicht gehört die PV-Anlage natürlich in die Bewertung im Brandschutznachweis, wenn sie zur Bauplanung bereits vorgesehen ist; hierin sind wir uns, glaube ich, einig? es ist ein Teil der Bewertung zum anlagentechnischen Brandschutz;

wird die Anlage erst (genehmigungsfrei - aber nicht Vorschriftenfrei!) nach Baufertigstellung oder Genehmigung ergänzt, müssen die bauordnungsrechtlichen materiellen Anforderungen natürlich erfüllt sein; daneben sind die VDE zu erfüllen und einzuhalten;

für mich als baubegleitenden Fachplaner, zählen daher die Anforderungen aus der LBO/HBO (bzw. bei mir aus der BayBO), die es einzuhalten und zu überwachen gilt;

ob hier VDE-konform Trennschalter zentral oder an den Einzelmodulen Verwendung finden, oder sonstige elektrische Steuerungen und Sicherungen, kann ich als Nichtelektriker nicht bewerten und geht mich auch nix an;

neben der Anordnung der Module mit erforderlichem Abstand zu Brandwänden, kontrolliere ich auch den Verlauf der Leitungen, die gerne ohne Schutzmaßnahmen über die BW hinweg geführt werden; bei Einzelleitungen bin ich ggf. großzügig, da diese mit der harten Bedachung .d.R. genug Schutz haben, bei Kabelbündeltn verlange ich "Steckenschotts" (I-Kanäle mit Schott);

zur Frage von Frau Ludwig: im Rahmen der HBO kontrollieren, sich aber nicht zuviel Verantwortung einheimsen und eine elektrotechnische Bewertung versuchen (Trennschalter, Kennzeichungen, ....)

mfG

der Feuerteufel

Mattes

Hallo Herr Vonhof,

da bin ich aus dem Bauch raus über das Ziel hinaus geschossen und habe mich in der Zertifizierung verheddert...

Sorry

der zurückrudernde

Matthias Bußmann

Benutzer_3368

Hallo Kollegen,

zum Vergleich Lüftungsanlage PV-Anlage ist anzumerken, dass Lüftungsanlagen in den Bauordnungen behandelt werden (z. B. Art. 39 BayBO) und es über die LüAR eingeführte technische Baubestimmungen gibt.

Entsprechendes ist für PV-Anlagen derzeit einfach nicht gegeben, insofern ist ein Brandschutznachweis m. E. nicht fehlerhaft / unvollständig, wenn er KEINE Aussagen zu PV-Anlagen enthält. Auch in § 11 BauVorlV ist zu PV-Anlagen oder vergleichbaren Gefahrenquellen nichts aufgeführt (am ehesten könnte man PV dort noch unter "Explosions- oder erhöhte Brandgefahren, Brandlasten, Gefahrstoffe und Risikoanalysen" einordnen, dann aber auch nur für Sonderbauten...).

Ein BSN enthält üblicherweise ja auch keine Vorgaben zum Überspannungsschutz, zu Fehlerstrom-Schutzschaltern usw. - derartiges wird im Baurecht - bewusst - den anerkannten, aber nicht eingeführten technischen Regeln zur Elektrotechnik (VDE-Richtlinien) überlassen.

Insofern bin ich da ausnahmsweise mal nicht Ihrer Meinung, Herr Vonhof ;)

Ich weiß ad hoc nicht, was der aktuelle Stand der Feuerwehren in Deutschland zu PV-Anlagen ist, meine aber, dass umfangreiche Vorderungen hinsichtlich der Ausführung bisher nicht bestanden. Auf die Schnelle habe ich eine Niederschrift des AGBF von 2010 gefunden - dort heißt es u. a. aber auch:

"Grundsätzlich besteht das Problem von nicht abschaltbaren elektrischen Anlagen durch die Feuerwehr bei einem Brand auch bei anderen Anlagen z.B. bei Sicherheitsstromversorgungsanlagen. Eine Schulung der Einsatzkräfte über die Brandbekämpfung bei unter Spannung stehenden Leitungen ist daher weiterhin unentbehrlich.

Der Verunsicherung der Feuerwehren bei Einsätzen mit PV-Anlagen sollte begegnet werden, um taktische Fehlentscheidungen zu verhindern. Grundsätzlich ist eine Brandbekämpfung immer unter Berücksichtigung der VDE 0132 möglich."

Hier wird recht klar aufgegriffen, dass neben PV-Anlagen auch andere "nichtabschaltbare elektrische Anlagen" besondere Herausforderungen darstellen, welche aber beherrbar sind.

Natürlich können Hinweise und Vorgaben zu PV im BSN sinnvoll sein, wobei das häufig auch "nur" der Verweis ist auf den Leitfaden "Bewertung des Brandrisikos in Photovoltaik-Anlagen und Erstellung von Sicherheitskonzepten zur Risikominimierung" und ggf. noch die Vorgabe, die Anlagen von der BMZ / FIZ aus spannungsfrei zu schalten.

Zur Frage von Nadjal: kontrollieren Sie im Zuge Ihrer Fachbauleitung die Übereinstimmung der Elektro-Anlagen mit den einschlägigen VDE-Richtlinien? Dann könnten Sie im Zuge dessen auch die Ausführung der PV-Anlage nach o. g. Leitfaden etc. prüfen und den Bauherrn ggf. auf Abweichungen hinweisen.

Sollten Sie die Elektro-Anlagen aber nicht überprüfen, wovon ich ausgehe, warum können Sie dann nicht auch über die PV-Anlage hinwegschauen?

Gruß

Brandwart

Benutzer_1470

PV Anlagen müssen Anforderungen nach Art. 30 BayBO einhalten (Abstände zu Brandwänden) wenn diese nicht entsprechend höher sind. Dann geht es noch um die Verlegung der Leitungsanlagen, welche in der LAR geregelt sind.

Entsprechende Ausssagen sind in BS- Nachweisen erforderlich.

In einer Autowerkstatt können auch besondere Gefährdungen vorkommen (Druckgasflaschen). Bei jedem Verkegrsunfall kann es zu besonderen Gefährdungen kommen. Mit solchen oder anderen vergleichbaren Risiken müssen die Einsatzkräfte immer rechnen. Sinngemäß gilt das auch für PV Anlagen.

In Sonderbauten oder wenn sich aus der PV Anlage besondere Gefährdungen ergeben, kann die Bauaufsichtsbehörde zusätzlich Forderungen im Einzelfall stellen.

Ansonsten halten sich die Gefährdungen dieser Anlagen in Grenzen bzw. ist mir nicht bewusst, dass zusätzliche Forderungen zu stellen sind.

Norbert Bärschmann

Benutzer_1470

Für einige Sonderbauten gibt es baurechtliche Regeln, welche auch für die PV Anlagen zu berücksichtigen sind.

So müssen nach IndBauRL große Dachflächen (ab 2.500 m²) so unterteilt werden, dass die Brandausbreitung entsprechend behindert wird. Das bedeutet, bei entsprechenden großen Brandabschnitten sind PV Anlagen beispielsweise durch brandlastfreie Schneisen zu unterteilen. Diese Schneisen oder ähnliche Maßnahmen sind auch die Grundlage für wirksamen Löscharbeiten. Wie immer kommt es auf den Einzelfall an.

Auch die Umsetzung dieser Forderung aus der IndBauRL ist in BS- Konzepten darzustellen. Darauf kann auch schon vorsorglich, z. B. für später geplante PV Anlagen hingewiesen werden.

Norbert Bärschmann

n-ludwig

Herzlichen Dank für die rege Beteiligung an der Diskussion. Die Beiträge haben mir schon sehr weitergeholfen.

n-ludwig

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