• Rettungswegbreite zweiter Rettungsweg in Versammlungsstätten

Hallo zusammen,

ich bin Mitarbeiter einer Brandschutzdienststelle und unsere UBA ist mit folgender Fragestellung an mich herangetreten:

Muss die gesamte Fluchtwegbreite, die für eine Versammlungsstätte aufgrund der Personenzahl erforderlich ist, für den ersten und zweiten Rettungsweg vorgehalten werden?

Beispiel zur Veranschaulichung: Ein Raum (Halle) für 2000 Personen benötigt eine gesamte Fluchtwegbreite von 12,00 m (z. B. 10 Türen à 1,20 m). Führe ich den ersten Rettungsweg über ein Foyer und weise dort die 12 Meter nach, muss, wegen der Führung durch das Foyer, ja noch ein zweiter Rettungsweg vorhanden sein. Wenn dieser jetzt direkt aus dem Raum (Halle)führt, müssen dort auch die 12 m Gesamtbreite vorhanden sein?

Meiner Meinung nach wäre die Grundanforderung bei Räumen über 100 m²:

- zwei unabhängige Rettungswege

- keine Tür in diesen Rettungswegen kleiner als 1,20 m

- die volle Fluchtwegbreite für eine bestimmte Personenanzahl muss insgesamt vorhanden sein.

Weder aus der VStättVO noch aus dem Brandschutzatlas konnte ich hierzu eine genauere Aussage herauslesen? Zwei bekannte Fachplaner von mir sind der Meinung, dass der zweite Rettungsweg nicht die volle Breite haben muss, da dies eine zu hohe Anforderung wäre.

Falls jemand weiß wie die Sachlage ist, wäre es gut auch zu wissen wo ich diesen Sachverhalt herauslesen kann.

Viele Grüße aus dem Saarland

Kevin

Das Beispiel ist m.E. nicht optimal gewählt, denn in der M-VStättV heißt es: "Rettungswege dürfen über Gänge und Treppen durch Foyers oder Hallen zu Ausgängen ins Freie geführt werden, soweit mindestens ein weiterer von dem Foyer oder der Halle unabhängiger baulicher Rettungsweg vorhanden ist".

Aus einem Versammlungsraum werden zwei voneinander unabhängige, sichere Rettungswege benötigt. In der Summe müssen über diese beiden Rettungswege die Personenzahlen nachgewiesen werden. Aber Sie müssen hier natürlich keinen Nachweis über 200% der Rettungswegbreite führen! Schließlich ist hier der Denkansatz, dass einer der beiden Rettungswege ausfallen dürfte und dann alle Personen über den weiteren Rettungsweg ins Freie gelangen können (was dann natürlich auch entspechend länger dauern wird).
Wenn die 2000 Leute aus 10 Türen ins Foyer strömen, und dort geht es vorn nicht durch, dann müssen alle 2000 Leute noch einen anderen Fluchtweg aus dem Foyer haben. Dieser andere Weg kann doch nicht kleiner sein, sodass es länger dauert. Die Leute sind ggf. im Rauch und müssen schnellstens hinaus.

Wenn das Foyer auch 10 Türen hat, die verteilt sind, die von dort ins Freie führen, dann sollte es reichen.

Man muss planen, dass es sicher wird und nicht erst nach Gewinn des Architektenwettbewerbs die Türgrößen ausrechnen lassen. Die Bauaufsicht muss verantwortlich mitwirken, damit es sicher wird.

MfG. G.Karstens
@ Hr. Karstens

m. E. falscher Ansatz...

Wenn beide Rettungswege in den (brandlastfreien) Flur führen, dürfen Sie von da in zwei (oder mehr) getrennte Treppenräume oder direkt ins Freie weiterführen.

Da Foyers i.d.R. "nicht ganz" einem Flur entsprechen (Bar, Garderobe usw.) muss dann aus dem Versammlungsraum ein weiterer (vom Foyer unabhängiger) Rettungsweg vorhanden sein.

Es ist zwar nicht wörtlich gefordert, aber eine "halbwegs" gleichmäßige Verteilung der Rettungswegbreiten ist sinnvoll da, wie von Fragesteller dargestellt, sonst eine schwierige Situation denkbar ist.

Wenn eben im nicht brandlastfreien Foyer was raucht oder brennt, müssten sich alle 2000 Leute auf eine 1,20m Türe drängen, was zu Unruhe bis Panik führen kann...

Es ist aber ausdrücklich nicht so gemeint, das am Beispiel 12m Rettungswegbreite ins Foyer und zusätzlich nochmal 12m unabhängiger 2. Rettungsweg erforderlich sind.

Auch wenn es vom Foyer direkt ins Freie geht, ist ein unabhängiger Rettungsweg erforderlich, weil man keine 2000 Leute (auch nur auf kurzer Strecke) durch Rauch flüchten lassen kann.

Grundsätzlich geht man davon aus, das die Rettungswege funktionieren und die Ursache für eine Evakuierung nicht der Ausfall eines Rettungswegs ist... Wenn es dann aber doch mal passieren sollte, gerade weil der Rettungsweg erwartungsgemß nicht brandlastfrei ist, gibt es noch den 2. Rettungsweg... auch wenn es dann doppelt (oder ggf 3x bei ungleicher Verteilung) so lange dauern kann.

Meine persönliche Meinung:

bis zum Verhältnis von etwa 2:1 (Foyer zu 2. RW) problemlos... Darüber sollte man sich (abhängig von der konkreten Situation) Gedanken machen. Bei großen Objekten evtl auch über ne Simulation.

Kenne aber auch einen Fall (Altbestand), bei dem 400 Besucher als Alternative nur den 90 cm Seiteneingang haben...
Wir haben unterschiedliche Auffassungen. Die Türgrößen sind eine Frage der Fluchtzeit. Der 2. RW ist als Ersatz für den 1. RW vorgesehen. Wenn der 1. RW versperrt ist, läuft alles zum 2. RW. Damit es es dort hinaus genauso schnell funktioniert wie hier, muss der 2. RW genauso groß sein.

Wenn es im brennbaren Foyer brennt, macht man die Saaltüren zu und geht durch den 2. RW hinaus. Solange die Saaltüren halten hätte man auch mehr Zeit.

Bei so vielen Leuten sollte man alle möglichen Fälle durchdenken und entsprechend planen, aber nicht von Vornherein sagen, der 2. RW braucht nur 50% der Größe des 1. RW.

Schlechte Beispiele wie: "Kenne aber auch einen Fall..." sollte man als unverantwortbar kennzeichnen. Sie könnte ein Leser als Rechtfertigung sehen. Ihr Beispiel wartet auf Opfer oder Stilllegung der Versammlungsstätte? Ich würde mich nicht wundern, wenn die Hintertür auch noch abgeschlossen ist.

Mfg G.Karstens
Sie haben 2.000 Besucher und zwei Rettungswege: einen durch das Foyer, einen direkt raus ins Freie. Wenn Sie je 1/2 der Besucher zuweisen kommen Sie auf 6 m Türbreite zum Foyer (5 x 1,20 im Lichten) und vielleicht 3 x 3 m (im Lichten) direkt raus.

Über beide Rw brauchen Sie unter 3 Minuten zuzürglich Wegezeit zur Tür, über EINEN Rw brauchen Sie rund 5 Minuten.

So lange sie nicht zahlenmäßig starke Gruppen Gehbehinderter / Rollstuhlfahrer / Rollatoren haben klappt das. mfg Franz Schächer

Der Regelfall ist, das alle Rettungswege jederzeit nutzbar sind und in 99,xx % der Zeit gar nicht gebraucht werden.

Der Gesetzgeber hat auch keine konkrete Rechtsgrundlage genannt, bis zu welchem Verhältniss sich die Rettungswegbreiten unterscheiden dürfen.

Im Bürogebäude haben wir ein Verhältniss von (im Extremfall) 2 Min (schnelle Selbstrettung) zu 40 min (viele Leute anleitern) in theoretisch ungünstigen Situationen noch länger. Und das ist noch gesetzlich zulässig.

Auch darf man nicht das Fehlverhalten Einzelner (versperrter Rettungsweg) als Grundannahme sehen oder 2 Fehler zeitgleich voraussetzen...

Mein Beispiel wird regelmäßig von der Bauaufsicht und der Feuerwehr begangen und entspricht der genehmigten Situation, hat ne BMA und weitere Betriebsauflagen zur Nutzung des Foyers. Das Gebäude ist aber schon älter als die VStättV... und der Betreiber weis, das dieser 2. Rettungsweg wichtig ist, hat aber (außer Abriss) wenige Alternativen.

Und wenn man über 600 Versammlungsstätten betreut, finden sich darunter nunmal nicht nur mustergültige Neubauten...
Hallo Foxdancer,

meine Auffassung ist, wenn man plant, soll man gut überlegen. Dabei sind ungünstige Beispiele fehl am Platz. Nur weil es in diesen noch nie gebrannt hat, ist kein Argument für die Richtigkeit.

Eine gute Planung mit mehreren Ausgängen muss nicht teurer sein. Hier ist die Architekturplanung gemeint. Der Brandschutzplaner sollte sich nicht vom Architekten hinreißen lassen.

Altbauten eignen sich gut als Lehrbeispiel, wenn man bewährt bauen will. Was 150 Jahre steht und funktioniert ist bewährt. Die Sicherheit vor Feuer ist aber nicht damit belegt, dass noch nie etwas passiert ist, weil es ja nicht ständig brennt. Ich will nicht die alten Häuser abreißen, im Gegneteil. Aber bei einem Neubau oder einem Umbauprojekt hat man die Möglichkeit, mehr Sicherheit für dasselbe Geld zu bekommen.

MfG G.Karstens
Ich stimme zu, das der Brandschutz schon beim ersten Entwurf bedacht werden muss und nicht erst nach der Genehmigung da "hineingeändert" werden sollte. Bei Gebäuden nit höheren Brandschutzanforderungen wie Versammlungsstätten erst recht.

Bei einem günstigen Grundriss mit genug Außenwänden sind 1, 2 oder 5 zusätzliche Türen nur geringer Mehraufwand und bieten vielleicht ja neben den Rettungswegreserven auch nen Mehrwert durch Anliefermöglichkeiten, weitere Nutzungsvarianten usw.

Auch kann sich guter Brandschutz bei der Versicherung auswirken.

Wenn der Saal aber im Ober- oder Untergeschoss liegt und der Bauherr vor lauter Treppenräumen (mit Rauchabzug und Sicherheitsbeleuchtung) keine Nutzfläche mehr hat, Betriebsabläufe nicht mehr umsetzbar sind, oder wegen der freizuhaltenden Ausgänge keine Tische mehr gestellt werden dürfen, wird er zu Recht nachfragen, wo die gesetzliche Mindestforderung ist und wieviele zusätzliche "Gürtel und Hosenträger" er noch zahlen muss.

Und die gesetzlichen Forderungen sind nunmal die Richtschnur. Reserven darüber hinaus sind dann instensiver zu beraten und auch klar darzulegen, was der Mehrwert dann auch gesehen wird, und nicht nur die Mehrkosten.
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