Die Entnahme aus trockenen Steigleitungen wird immer min. ein Geschoss unterhalb des jeweiligen Brandgeschosses erfolgen (taktisch nicht anders möglich bzw. zulässig). Es ist deshalb davon auszugehen, dass durchschnittlich bei den Bränden die Entnahme eher unterhalb der halben Gebäudehöhe erfolgen würde. Meist handelt es sich damit um die ersten 3 Geschosse bzw. um eine geringe Höhe für die sich keinerlei Erleichterungen durch trockene Steigleitungen bei der Brandbekämpfung ergeben. Die Häufigkeit von Bränden in einem Gebäude möchte ich bei dieser Betrachtung außen vor lassen.
Der Gesetzgeber hat ebenfalls auf der Grundlage einer Risikobeurteilung das gesellschaftliche Risiko festgeschrieben. Die grundsätzliche Forderung nach trockenen Steigleitungen ist für Standardgebäude in keiner rechtlichen Vorgabe vorgesehen.
Entsprechende Forderungen durch die Brandschutzdienststellen sind deshalb in Frage zu stellen. Das gilt insbesondere bei den genannten kleinen Gebäuden (schon ab E+3).
Wenn ungünstige Bedingungen zu berücksichtigen sind bzw. wenn Abweichungen kompensiert werden sollen, kann in der Regel ab GK 5 eine trockene Steigleitung in Frage kommen. Wie immer bedarf es auch hier einer Einzelfallentscheidung, weshalb auch unterhalb von 13 m eine solche Forderung erforderlich sein kann. Alternativ kann die Kompensation an anderer Stelle erfolgen.
Trockene Steigleitungen können bzw. müssen auch so hergestellt bzw. installiert werden, dass diese nicht schon bei ca. 200 Grad versagen. Entsprechende Dichtungen sind auf dem Markt. Gewisse Undichtigkeiten gefährden den Einsatz aber nicht. Der Wasserschaden erhöht sich auch nicht relevant. Ich möchte aber darauf verweisen, dass ich mit nicht näher mit dieser Thematik der Dichtigkeit von trockenen Steigleitungen bei Temperaturerhöhung beschäftigt habe.
Im Übrigen versagen auch andere sicherheitsrelevante Bauteile bei 200 Grad normgerecht und das sehr schnell. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Prüfbedingungen von Rauchschutztüren, welche bei dieser Temperatur lediglich 10 min. die zulässige Rauchrate von 20 m³/h garantieren müssen (30 m³/h für zweiflügelige Türen). Nach 10 min. dürfen solche Türen vollständig versagen. Bei feuerhemmenden, rauchdichten und selbstschließenden Türen ist die Rauchdichtigkeit ebenfalls nach 10 min normgerecht dahin, wenn diese mit 200 Grad beaufschlagt wurden. Das gilt auch für feuerbeständige rauchdichte Feuerschutzabschlüsse.
Die grundsätzliche Forderung des LFV-Bayern, Fachbereich 4 berücksichtigt nicht in ausreichendem Maße das gesellschaftlich zulässige Risiko und die wissenschaftlichen Erkenntnisse (Forschungsergebnis TU Karlsruhe).
In diesem Zusammenhang verweise ich auf andere Fachinformationen.
Beispielsweise sei hier die mögliche Rettungsrate der Feuerwehr über Leitern der Feuerwehr zu nennen, nach der teilweise nur 10 Personen ansetzbar sind. Diese Aussagen spiegeln ebenfalls nicht das gesellschaftlich zulässige Risiko wieder. Trotzdem wurde aus diesem Grund in meiner direkten Nachbarschaft für ein Besprechungsraum im 1. OG mit max. 30 Nutzern (und das nur gelegentlich) der 2. Rettungsweg nachträglich baulich sichergestellt (Forderung der Feuerbeschau auf der Grundlage der Aussagen des LFV Bayern).
Wir müssen risikogerecht planen und dabei das gesellschaftlich zulässige Risiko als Maßstab heranziehen. Deshalb verweise ich auf meinen ersten Satz. Mehr ist zulässig, dann aber im Einvernehmen mit dem Bauherrn nach entsprechender Beratung. Das mehr an Sicherheit bzw. die zusätzlichen Aufwendungen können aber auch an anderer Stelle vor allem wirkungsvoller eingesetzt werden.
Norbert Bärschmann