1. und 2. Rettungsweg aus einer Tiefgarage

Benutzer_874

Hallo an alle,

2 kurze Fragen hätte ich:

1. darf der 1. Rettungsweg aus einer Mittelgarage über die Rampe gewählt werden (und der 2. RW über das Treppenhaus mit Schleuse)?

2. und falls ja, kann ich mischen? Also von einem Punkt ist das Treppenhaus der 1. und von einem anderen Punkt in der TG der 2. RW?

Danke für Eure Antworten,

Grüße Gordan Bogner

brandsicher

Garagen haben keinen 1. bzw. 2. RW im Sinne der MBO. Entscheidend sind mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege nach § 33 Abs. 1 MBO. Dieser Absatz stiftet leider viel Verwirrung, da in Kleingaragen sowie in oberirdischen Mittel- und Großgaragen ein Rettungsweg genügt, wenn ein Ausgang ins Freie in höchstens 10 m Entfernung erreichbar ist. Ebenso genügt für jede Nutzungseinheit nach MBO ein Rettungsweg, wenn ein Ausgang ins Freie in höchstens 35 m Entfernung erreichbar ist.

m.f.G.

U. Drechsler

Roland_Witzl

Hallo Herr Bogner,

Ihre Frage ist eigentlich im §12 Abs. 1 GaStellV abschließend geregelt:

Satz 1:

"Jede Mittel- und Großgarage muß in jedem Geschoss mindestens zwei möglichst entgegengesetzt liegende Ausgänge haben, die unmittelbar ins Freie oder in Treppenräume notwendiger Treppen führen." Die Rettungsweglänge ins Freie oder in einen notw. Treppenraum darf (über Fahrgassen oder Gänge) in geschlossenen Mittel- und Großgaragen maximal 30 m betragen; in offenen Mittel- und Großgaragen maximal 50 m.

Satz 1:

"Von zwei Rettungswegen darf einer auch über eine Rampe führen."

VG, Roland Witzl

Hannes

Hallo Herr Drechsler,

wie muss ich denn Ihren letzten Satz

"Ebenso genügt für jede Nutzungseinheit nach MBO ein Rettungsweg, wenn ein Ausgang ins Freie in höchstens 35 m Entfernung erreichbar ist"

verstehen?

Gruß

Hannes

brandsicher

Hallo Hannes,

unter „das Freie“ ist natürlich der Ausgang im Erdgeschoss zu verstehen. Es steht nur nicht explizit in der MBO. Und auch bei der letzten Überarbeitung der Brandenburger BauO ist der (damals § 29 (1)) ergänzenden Nebensatz „oder wenn die Nutzungseinheit zu ebener Erde liegt und die Flucht ins Freie sicher möglich ist“ der Angleichung an die MBO zum Opfer gefallen.

Ungeachtet dessen ist die Sicherheit im Falle eines Brandes bei einem Ausgang der Nutzungseinheit ins Freie nicht geringer zu bewerten als bei einem Ausgang in einen Sicherheitstreppenraum.

Obwohl das eine Abweichung von § 33 (1) MBO ist, ist nach Auskunft der obersten Bauaufsicht Berlin hier ein Abweichungsantrag nicht erforderlich. Dieser würde nach meiner Ansicht auch Nichtsachverständige am Sinn dieser Forderung zweifeln lassen.

Logisch wäre es aber wieder, wenn man unter Rettungsweg den „notwendigen Rettungsweg“ versteht, den das Baurecht ausdrücklich schützt: Notwendiger Flur, notwendiger Treppenraum und Rettungsfenster. Das bedeutet aber auch, dass bei einem zu ebener Erde liegenden und die Flucht ins Freie sicher ermöglichenden Ausgang kein „notwendiger Rettungsweg“ erforderlich ist.

m.f.G.

U. Drechsler

Feuer-Hewi

sorry, Herr Deschler,

das ist mir doch ein wenig wirr, was Sie hier zu erläutern versuchen?!? - Es sei denn, Sie haben eine eigene MBO?

in "meiner" heißt es:

§ 33 Erster und zweiter Rettungsweg

Wenn Sie nun NE ohne Aufenthaltsräume meinen, dann wäre Ihre Ausführung vertretbar.

Bei besonders kleinen NE, z.B. ein kleiner Laden mit

Das mit den 10 m direkt ins Freie ist in der Bayerischen GaStellV nicht gegeben - und hier geht es um Bayern.

aber: Von zwei Rettungswegen darf einer auch über eine Rampe führen.

Deshalb ist es ok und Roland Witzl hat die Frage treffend beantwortet.

mfG

der Feuerteufel

brandsicher

Sehr geehrter Feuerteufel,

für „verwirrend“ halte ich eher den § 33 (1) MBO. Gemäß § 35 (2) MBO muss von jeder Stelle eines Aufenthaltsraumes … mindestens ein Ausgang in einen notwendigen Treppenraum oder ins Freie in höchstens 35 m Entfernung erreichbar sein. Ist der Treppenraum ein Sicherheitstreppenraum, ist ein zweiter Rettungsweg gemäß § 33 (2) MBO nicht erforderlich. Der hier geforderte 2. Rettungsweg oder Sicherheitstreppenraum bezieht sich jedoch gemäß dem 1. Satz dieses Abschnitts nur für Nutzungseinheiten…, die nicht zu ebener Erde liegen. Liegt die Nutzungseinheit zu ebener Erde und ist ein Ausgang ins Freie in höchstens 35 m Entfernung erreichbar, wird an dieser Stelle also auch kein 2. Rettungsweg gefordert. (nach meiner Ansicht, nicht mal ein „notwendiger Rettungsweg“)

Und damit hat der Herr Wizl auch recht: Für Garagen gilt nicht die BauO sondern die jeweilige Sonderbauordnung.

P.S.: wo haben Sie die 50 m² her?

m.f.G.

U. Drechsler

Mattes

zur Info, auch wenn wir uns von der Garage etwas entfernt haben:

in NRW gibt es in §3 Abs.2 Satz 4 Nr.2 BauO NRW folgende Regelung:

"Ein zweiter Rettungsweg ist nicht erforderlich für zu ebener Erde liegende Räume, die einen unmittelbaren Ausgang ins Freie haben, der von jeder Stelle des Raumes in höchstens 15m Entfernung erreichbar ist."

Damit käme man bei uns in günstigen Fällen auf mehr als 50m². Die 35m bis zum Ausgang ins Freie wären damit bei uns nicht bauordnungskonform.

Gruß

Matthias Bußmann

Feuer-Hewi

hallo Herr Dechsler,

"... P.S.: wo haben Sie die 50 m² her?" -

Antwort: (Bayern - war ja auch der Fragesteller her):

VKV Bayern § 14 Ausgänge

(1) Jeder Verkaufsraum und jede Ladenstraße müssen mindestens zwei Ausgänge haben, die zum Freien oder zu Treppenräumen notwendiger Treppen führen. Für Verkaufsräume mit einer Nutzfläche von nicht mehr als 50 m2 genügt ein Ausgang.

oder

M-VKV § 14 Ausgänge

(1) Jeder Verkaufsraum, Aufenthaltsraum und jede Ladenstraße müssen mindestens zwei Ausgänge haben, die zum Freien oder zu Treppenräumen notwendiger Treppen führen. Für Verkaufs- und Aufenthaltsräume, die eine Fläche von nicht mehr als 100 m2 haben, genügt ein Ausgang.

- war aber nur ein Beispiel für Ausnahmen;

zu Ihrem Verwirrtsein: MBO §35 baut auf §33 auf und beschreibt/spezifiziert die max. RW-Länge des 1. RW, der in §33 neben dem 2.RW gefordert ist - sonst nix.

Aber nichts desto Trotz zeigt sich auch hier mal wieder, wie blödsinnig es in Deutschland ist, dass jedes Bundesland seine eigene Bauordnung bastelt und teils krampfhaft daran fest hält. Einseits basten alle an einheitlichen Regeln für Europa, andererseits sind wir bei den Landesbauordnungen kleinkarriert und bekommen keine Vereinheitlichung hin.

Ich denke, dass hier viel Eitlekeit und Selbstbeschäftigung der jeweiligen verantwortlichen Behörden im Spiel ist und kein Bauminister in Bund oder/und Länder soviel Ar... in der Hose hat, hier mal die große Linie zu fahren. - Leider

mfG

der Feuerteufel

brandsicher

Herr Bußmann,

Es ist wirklich ein Witz, dass jeder Fürst für sein Land eine Zahl wählen darf. Die 15 m in NRW sind da ein schillerndes Beispiel. Ich hätte es nicht geglaubt, hätte ich es nicht selbst gelesen: Während Personen in Hochhäusern bis zu 35 m bis zum Sicherheitstreppenraum zurücklegen müssen, können sie sich im Erdgeschoss bereits nach 15 m in Sicherheit bringen. Warum werden die Bewohner von Hochhäusern in NRW so benachteiligt?

und hallo Feuerteufel,

wir sollten bei der Bauordnung bleiben. Die Begriffe in Sonderbauten sind ein Kapitel für sich.

Der Wirrwarr macht unsere Arbeit aber auch so interessant. Und gäbe es § 33 (1) MBO nicht, würde § 33 (2) MBO in Verbindung mit § 35 (2) MBO alles ausreichen regeln.

m.f.G.

U. Drechsler

Hannes

zur Meinungsbildung:

die HBO 2018 gibt´s vor...

§ 36 HBO

Erster und zweiter Rettungsweg

(1)Für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum wie Wohnungen, Praxen, selbstständige Betriebsstätten müssen in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein; beide Rettungswege dürfen jedoch innerhalb des Geschosses über denselben notwendigen Flur führen. Ein zweiter Rettungsweg ist für Nutzungseinheiten, die zu ebener Erde liegen, nicht erforderlich, wenn im Brandfall die Rettung über einen direkten Ausgang ins Freie möglich ist und wenn keine Bedenken wegen der Personenrettung bestehen.

Gruß

Hannes

brandsicher

Es ist ein Trost, dass nicht alle nur abschreiben. Leider gilt der Satz nicht für Berlin, wie mir zwei Prüfingenieure klar gemacht haben.

U. Drechsler

firefly

Nachtrag aufgrund der Neufassung der BayBO:

Art. 31 Rettungswege BayBO (gültig seit 01.02.2021)

Abweichend von Satz 1 genügt ein Rettungsweg

1. aus Geschossen ohne Aufenthaltsräume,

2. bei zu ebener Erde liegenden Geschossen bis 400 m2, wenn dieser aus der Nutzungseinheit unmittelbar ins Freie führt; Art. 34 Abs. 3 Satz 4 gilt entsprechend.

brandsicher

Hallo Herr Bußmann,

haben Sie schon erfahren können, wie die 15 m zu Stande gekommen sind? § 35 (2) fordert doch auch in NRW: „Von jeder Stelle eines Aufenthaltsraumes sowie eines Kellergeschosses muss mindestens ein Ausgang in einen notwendigen Treppenraum oder ins Freie in höchstens 35 m Entfernung erreich-bar sein.“ – Da sehe ich doch einen Widerspruch.

m.f.G.

U. Drechsler

Mattes

Hallo Herr Drechsler,

§33 Abs.2 Satz4 Nr.2 BauO NRW: Ein zweiter RW ist nicht erforderlich für zu ebener Erde liegende Räume, die einen unmittelbaren Ausgang ins Freie haben, der von jeder Stelle des Raumes in höchstens 15m Entfernung erreichbar ist.

Gruß

Matthias Bußmann

brandsicher

Hallo Herr Bußmann,

eigentlich wollte ich wissen, warum § 33 (2) 15 m und § 35 (2) 35 m Entfernung zu einem Ausgang in einen notwendigen Treppenraum oder ins Freie fordert. – Da sehe ich den Widerspruch.

m.f.G.

U. Drechsler

Benutzer_1388

Hallo, ich bin zwar nicht gefragt, aber ich rätsel mit.

Widersprüchlich ist das nicht. Wenn man mal in die BO NWR schaut, §33, so muss ohne 2.RW der Treppenraum "sicher" erreichbar sein. Der Ausweg aus dem EG muss nicht sicher sein, aber in max. 15 m erreichbar.

Im EG wird man häufig auch Fenster haben. Dann hat man den 2.RW und braucht 15 m nicht einzuhalten.

Es stellt sich die Frage, wie der Weg über 35 m zum einzigen Treppenraum sicher sein kann. Man denkt an den notwendigen Flur.

MfG G.Karstens

Mattes

Hallo Herr Drechsler,

jetzt habe ich verstanden worum es Ihnen geht.

Alte BauO: immer 2 RW, formal auch aus Kleinstläden im EG

Neue BauO: Erleichterung hinsichtlich der 35m für genau diese kleinen Läden im EG

Ich hätte die Grenze bei 10m Entfernung gezogen, aber wie immer sind diese Entscheidungen am Ende politisch festgelegt.

Die 15m entbehren genauso einer wissenschaftlichen Grundlage wie die 35m.

Insofern wären vermutlich auch 5m oder 25m zu dem einzigen Ausgang ins Freie genauso falsch oder richtig wie die 15m.

Ein Labyrinth mit 10m zum Ausgang ist vermutlich kritischer zu sehen als eine komplett überschaubare Fläche mit 30m Entfernung zum Ausgang ins Freie.

Aber da sind wir wieder beim Thema, dass der Gesetzgeber nicht alle Einzelfälle regeln kann und will.

Gruß

Matthias Bußmann

brandsicher

Hallo Herr Bußmann,

haben Sie vielen Dank. Ihre Antwort beruhigt mich. Sie zeigt aber auch, wie anfällig unser Arbeit gegen "Scholastiker" (https://www.dwds.de/wb/Scholastiker) ist.

m.f.G.

U. Drechsler

vonhof

Hallo zusammen,

das war damals die Begründung für die 15 m in NRW:

"Zusätzlich wird für erdgeschossige Räume mit mindestens einem unmittelbaren Ausgang (Tür) ins Freie auf einen zweiten Rettungsweg verzichtet, wenn die Türe ins Freie von jeder Stelle des Raumes in maximal 15 m erreicht werden kann. Dies entspricht beispielsweise dem Sicherheitsniveau von Nutzungseinheiten in Obergeschossen, die über bauliche Rettungswege verfügen, da auch hier eine Entfernung von 15

m und mehr aus einer Nutzungseinheit bis zu einem notwendigen Flur möglich ist. Der Verzicht auf einen zweiten Rettungsweg gilt nur für Räume mit direktem Ausgang ins Freie und nicht für Nutzungseinheiten mit mehreren Räumen, wie Wohnungen."

Zu mehr als den 15 m aus dem einen Raum hat damals wohl der Mut gefehlt.

Beste Grüße

Alexander Vonhof

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