Autor: Schächer Sehr geehrte Kollegen von buero.arc,
eine Fachwerkwand, bei der 25 mm Außenputz Mauer und Holz verbindet und 25 mm oder ähnlich Innenputz vorhanden ist, ist n i c h t F 90 und da sollte man auch nicht falschen Experimenten glauben. "F 90" bedeutet, daß die Konstruktion im Brand 90 Minuten stehen bleibt UND Last abträgt UND den Raumabschluß über die gesamte Zeit erhält, also rauchdicht und feuerdicht bleibt. So verlangt es die Anforderung "F 90" und noch ein bißchen mehr die Brandwandanforderung. Und das erfüllt k e i n e Putzschicht. Und n u r die Putzschicht verbindet doch Mauerwerk und Holzpfosten in Ihrer Liste.
Es gibt Hinweise zur Tragfähigkeit von Fachwerkwänden in DIN 4102 Teil 4 Abschnitt 4.11 mit Zielrichtung F 30 B. Und F 30 ist von F 90 etwa um den Faktor 6 entfernt ... vergleiche die Brandeinwirkung unter der ETK-Kurve, am Anfang Dreieckslast, dann fast Rechtecklast ...
Natürlich hat man im Bestand solche Wände und es sind ja nicht alle alten Städte und Dörfer abgebrannt ... also kann man es in gewissen Grenzen heilen. Z.B. durch Einbau einer metallischen und sehr gut vernagelten Putzbewehrung, z.B. volle Streckmetallplatten, die man auf dem Mauerwerk, dann dem Holzbalken und wieder dem Mauerwerk kräftig vernagelt. Nimmt man dazu die großkopfigen "Pappstifte", bekommt man das Metall ganz gut fest. Dann fest eingeworfenen Zement-Spritzbewurf als erste Lage und darauf den gewünschten Putz, zusammen mindestens 25 mm auf jeder Seite, dann bekommt man eine ziemlich dichte Wand hin, die auf der Feuerseite natürlich auch leidet und rissig wird, auf der kalten Seite aber länger geschlossen bleibt. Wie lange, weiß keiner so genau, weil es von sehr vielen Parametern, z.B. Trocknungszustand des Holzes, Festigkeit der Ausmauerung im Balkengefüge usw. abhängt.
Der beidseitige Stahlbewehrungsverbund schafft die Chance, eine halbwegs geschlossene ("Raum abschließende") Wirkung zu erzielen. Und mehr geht nicht im Bestand. Es sei denn, man werkelt eine zusätzliche Brandwand innen dahinter und stützt das haus auch für den Fall, daß das Fachwerk verloren geht ... aber das ist kein Fachwerkhaus mehr.
Ein Gesetz gilt so, wie der Landtag es beschlossen hat. Man kann dann Abweichungen beantragen und sich genehmigen lassen, um die Zustimmung der Behörde zu erreichen, d.h. die Behörde schmeißt nicht mit Knüppeln nach Planer und Errichter. Eine zivilrechtliche Einigung ist dies noch nicht. Das ist mit dem Bauherrn zusätzlich zu vereinbaren. Und wenn das gesetzliche Schutzziel der Bauordnung durch die Regelung unterlaufen wird, können auch "Dritte" Ansprüche stellen, wenn sie meinen, von der gewählten Lösung geschädigt worden zu sein, z.B. der Nachbar, dessen Sachen / Personen einen Schaden genommen haben, weil ein Brand durch die Brandwand weitergelaufen ist, der nach Bauordnung eigentlich mit der Brandwand gestoppt werden müßte ... oder der Staatsanwalt, der nach Personen - oder wesentlichen Sachschäden wegen "Baugefährdung" oder schlimmerem (fahrlässige Körperverletzung oder Tötung) ermittelt, weil "hinter" der Brandwand jemand zu Schaden kam. Mit 25 mm Putz auf beiden Seiten der Fachwerkwand kann man sehr einsam werden ...
Ein bißchen "die Bauaufsicht fragen" bringt da niemanden weiter.
Ich will niemandem den Spaß am Bauen vermiesen, es geht aber darum, sorgfältig abzuwägen und die Abwägung auch sorgfältig zu protokollieren UND für die Genehmigung UND die Durchsetzung des Konzeptes zu sorgen. Dann kann man wenigsten auf "Gutgläubigkeit" plädieren, was meist verhindert, daß man zu fest angepackt oder zu hohem Schadenersatz beigezogen wird.
Wir haben eine Brandschutzreihe (IngAH.de) und dort ergänzend auch einen "Spezialtag" zu "Denkmalen - Brandschutz in Burgen, Schlössern und Kirchen" mit sehr guten Beiträgen (siehe: Sylvester Kabat: Brandschutz in Denkmalen, Kohlhammer Verlag). Aber so im Detail lassen sich Fachwerkbauten auch danach nicht raumabschließend beurteilen, eher die Standsicherheit anhand der Abbrandrate der Holzpfosten, nachdem der Putz abgebröckelt ist
mfg Franz Schächer