Ich hatte eine Fragestellung bzgl. der Notwendigkeit einer Umfahrt vor ein paar Monaten gestellt, siehe hier:
http://www.brandschutzfachplaner.de/index.php?inhalt=Forum.php&art=antwort&uid=cb8a2344ecb0aa5e8f41f3bc4326&frageID=6712&li=
Auch hier wurde die Sache kontrovers diskutiert. Ich habe das damals mit der Brandschutzdienststelle natürlich abgesprochen und auf die Umfahrt verzichtet (man kann zwar um das Gebäude rumlaufen und es von beiden Seiten anfahren, nur halt nicht komplett rumfahren).
Das eine was hier zu beachten ist, ist die reine Legaldefinition des Industriebaus, die andere die Sinnhaftigkeit der Forderungen bzw. die Notwendigkeit einer guten Erreichbarkeit des Gebäudes. Dahin geht ja auch die ursprüngliche Fragestellung. Nur muss man erst mal schauen, was muss ich überhaupt bringen im Rahmen der bauordnungsrechtlichen Vorgaben erbringen. Und wenn dies hier bspw. keine Umfahrt ist, dann ist das erstmal so. Dann kommt natürlich der zweite Punkt im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung/ Risikoanalyse, wo ich dann feststelle, dass das aber so keinen Sinn macht und ich dann begründe, warum ich doch die Umfahrt brauche. Aber ich muss es reinschreiben, also im Sinne "formal nicht erforderlich, doch aus den folgenden Gründen notwendig..."
Bzgl. der Industriebauten mit großen Hallen und ebenso großen Bürotrakten muss man natürlich bedenken, dass im Ind.-Bau ich wesentlich größere Flächen habe, welche auf einmal brennen können und beim Bürobereich habe ich entweder 400m²-Einheiten oder notwendige Flure sowie entsprechende Trennwände. D.h. das Risiko in einem 4000m² Bürohaus gegenüber einer Lagerhalle mit 4000m² ist bzgl. der Brandausbreitung ein ganz anderes.
Bzgl. der obigen Anmerkung
"Bürobereiche oder andere Nutzungen ohne Abstand bilden einen zusammenhängenden Gebäudekomplex mit einer entsprechenden Ausdehnung (z. B. IndBau 3500 m² und angebauter Bürotrakt 4000 m²). Nach meiner Auffassung ist dann auch formal eine Umfahrt erforderlich"
stimme ich zwar zu, dass es sich um einen zusammenhängenden Gebäudekomplex handelt. Hinsichtlich der formalen Umfahrt sehe ich es jedoch anders, da es in der IndBauRL heißt:
"Freistehende sowie aneinandergebaute Industriebauten mit einer Grundfläche von insgesamt mehr als 5.000 m² müssen eine für Feuerwehrfahrzeuge befahrbare Umfahrt haben."
Und hier geht es nur um den Industriebau bzw. aneinandergebaute Industriebauten, also Halle an Halle. Die IndBauRL definiert es ja selbst:
"Industriebauten sind Gebäude oder Gebäudeteile im Bereich der Industrie und des Gewerbes, die der Produktion (Herstellung, Behandlung, Verwertung, Verteilung) oder Lagerung von Produkten oder Gütern dienen."
Und da die IndBauRL klar von Gebäuden oder GebäudeTEILEN spricht, liegt im Umkehrschluss, dass bei einem aus zwei Teilen bestehenden Gebäude (bestehend aus Büro und Produktion, Brandwandtrennung), der Produktionsbereich als Industriebau gilt und der Rest (das Büro) eben nicht. Und somit wären wir wieder am Anfang, wo es heißt, dass die Fläche, ab denen die Umfahrt notwendig ist, nur für den Industriebaubereich zählt und der Bürobereich außen vorbleibt. Deshalb bin ich ganz klar der Meinung, dass die obige Aussage von mir
„Wenn Sie einen Bürobereich oder andere Bereiche durch eine Brandwand abtrennen und nicht nach IndBauRL bewerten, dann gehören diese nicht mehr zum Industriebau bzw. der Fläche des Industriebaus.“
so passt.
Wenn die Fläche auf den gesamten Gebäudekomplex gelten soll, dann soll man es auch in die IndBauRL reinschreiben, oder sonst eine Formulierung wählen.
Wie bereits erwähnt: Immer abklären, was formal gefordert wird, dann die Sinnhaftigkeit überprüfen und ggf. dadurch die Forderung begründen. Und das Ganze dokumentieren, dann ist jedem damit geholfen.