Ich teile ja sonst auch aus. Deshalb muss ich auch einstecken können.
Interessante Aspekte, welche hier zum Vorschein kommen.
War doch nicht so schlecht mein Anstoß.
Auch wenn die Zahl der Brandtoten sinkt, sind die BS- Anforderungen zu berücksichtigen. Es stürzen nach meinen Infos sehr wenige Gebäude ein (ca.10 Tote im Jahr), trotzdem müssen Statiker eine besondere Ausbildung genießen. Ich frage mich schon lange warum die BS- Planer keine vergleichbare Ausbildung haben müssen.
Die Gesellschaft akzeptiert eben keine Toten in Flughäfen oder anderen Sonderbauten. Nach solchen Vorfällen werden die Vorgaben erhöht, oder die Umsetzung der bestehenden Vorgaben wird verbessert.
Wenn es in einem Atomkraftwerk brennt, dann malen nicht nur die Verwaltungsmühlen, sondern es wird politischer Druck aufgebaut, mit dem Ergebnis, dass der Sicherheitsstandard erhöht wird. Das ist seit den Großbränden in Rom oder London so. Wenn das nicht so wäre, hätten wir auch bestimmt zehnmal so viel Brandtote im Jahr. Beim Verkehr verbessert sich ja auch schon einiges zum besseren, aber die Autos sind eben schneller unterwegs als die Gebäude.
Der Gesetzgeber hat bald nach dem Flughafenbrand das Instrument BS- Konzept vorgegeben und die Verantwortung den Bauvorlageberechtigten, den BS- Planern und den Prüfern übergeben, da er sich Stück für Stück aus diesem Geschäft verabschieden möchte. Privat ist nach Politikermeinung eben effektiver als behördlich, was ich hier stehen so lassen möchte. Die rechtlichen Vorgaben sind eben umzusetzen und das unabhängig davon ob das durch die Behörde oder durch private Planer und Prüfsachverständige sichergestellt wird (und später durch den Betreiber).
Es gibt schon unterschiedliche Sichtweisen, was verständlich ist. Ich bin vor allem Prüfer von BS- Planungen, was meine Sichtweise geprägt hat. Ich möchte hier nicht für alle Prüfer von BS-Planungen sprechen.
Zu der obigen Aussage:
"Oder soll der Leitfaden für den ausgebildeten Fachplaner erarbeitet werden? Dieser wird all diese Punkte hoffentlich bereits in seiner Ausbildung oder Fortbildung gehört haben und auch entsprechendes Lehrmaterial, Vorlagen etc. dazu zur Hand haben."
In diesem Punkt muss ich aus meiner Erfahrung feststellen, dass viele BS- Planer eben nicht das Hintergrundwissen haben oder dieses eben nicht prüfbar zu Papier bringen können. Entsprechende Untersuchungen mit gleichem Ergebnis wurden auch schon in der Brandschutzzeitschrift Feuertrutz ausgewertet (wenn ich mich nicht irre in NRW).
Damit man als Prüfer eben nicht die Konzepte selbst schreiben muss, werden entsprechende Vorgaben gemacht, damit die betreffenden BS- Planer diese als Hilfsmittel nutzen können. Oder man macht beim 3. Versuch die Augen zu und winkt die BS- Konzepte durch, weil der Inhalt auf Grund mehrere Besprechungen verstanden wurde.
Allerdings ist ein BS- Konzept ein Dokument, welches von mehreren verstanden werden muss. Das sind eben nicht nur der Planer und der Prüfer sondern auch der Bauherr und der spätere Betreiber.
In Anlehnung an die Gliederung meines „Leitfadens“ versuche ich diese Aussage zu untermauern bzw. zeige ich Beispiele auf, welche in meiner Tätigkeit sehr oft vorkommen.
Die erste Seite ist nicht von mir (Tabelle, von einer Behörde übernommen). Ich kann eigentlich keine Tabellen mehr sehen, schon gar nicht bei den BS- Konzepten.
Zu 1.1 Geltungsbereich
Es werden Bauvorlagen abgegeben aus denen z. B. im Bestand nicht ersichtlich ist, für welchen Bereich das BS- Konzept gilt bzw. fehlt die Trennung zu nichtbetrachtenden Gebäudeteilen.
Eine 30 000 m² große und erdgeschossige Industriehalle wird nur zum Teil (ca. 1000 m²) geändert. Nur dieser Hallenteil wird dargestellt bzw. behandelt, ohne Darstellung der Trennung bzw. Berücksichtigung des bestehenden Hallenteiles.
Zu 1.2 Nutzung, besondere Gefährdung und atypische Randbedingungen
Die Nutzung ist oft noch ersichtlich, aber die Nutzer nicht immer (z. B. Anzahl der Krankenbetten in einem Krankenhaus) Die besonderen Gefährdungen werden oft ausgeblendet, da diese nicht im Baurecht geregelt sind. Das gilt beispielsweise für die Lagerung von Druckgasflaschen (technischen Gase) in Krankenhäusern und auch für die anderen ABC Gefahren. Solche Lagerungen oder der Umgang mit diesen besonderen Gefährdungen werden auch im Gewerbebau nicht erwähnt, auch nicht wenn diese bekannt sind.
Die Randbedingungen müssen erfragt werden. Zu nennen sind z. B.: Liegt Bestandsschutz vor oder handelt es sich um ein Denkmal. Die besonderen Wünsche sind meist erkennbar, z. B. soll ein Atrium im Hochhaus geplant werden.
Zu 1.3 Schutzziele
Meist werden hier nur die Art. 3 und 12 der BayBO abgeschrieben und darauf verwiesen, dass alle weiteren Schutzziele keine Betrachtung finden.
Um die zu betrachtenden Schutzziele festzulegen, sind die vorher dargelegten Nutzungen, die sich daraus ergebenen besonderen Gefährdungen und Randbedingungen zu berücksichtigen.
Bei Vorhandensein von größeren Mengen wassergefährdender Flüssigkeiten oder Gefahrstoffen ist der Umweltschutz bzw. der Schutz des Grundwassers aktuell. Ggf. noch das Kanalnetz. Gleiches gilt wenn größere Mengen Schaummittel zur Anwendung kommen können.
Der Denkmalschutz kann auch ein Schutzziel sein, welcher sich oft mit den baurechtlichen Schutzzielen überschneidet. Bei der Planung der Anna Amalia Bibliothek ist zusätzlich der Kulturgutschutz zu berücksichtigen, was nach dem Brand bzw. dem Wiederaufbau auch geschehen ist.
Die Barrierefreiheit ist in Bayern über die Liste der ETB zwingend und das bei bestimmter Nutzung auch für den Brandfall. Z. B. in Krankenhäusern und Altenheimen kann ich mir nicht vorstellen, dass BS- Planungen ohne entsprechende Maßnahmen genehmigungsfähig sind.
Die BS- Planung von Störfallanlagen, mit der Aussage, dass nur die baurechtlichen Schutzziele berücksichtigt werden, müssen umgehend zurückgeschickt werden. Ich glaube das bedarf keiner weiteren Erläuterung.
Hier ist das Schutzziel Katastrophenschutz betroffen, weshalb diese Planungen u. a. mit den betrieblichen Gefahren- und Abwehrplanen und dem Sicherheitsbericht abzustimmen sind (bei erweiterten Pflichten).
Wenn in Schulen die Planungen zum Brandschutz und der Amokschutz nicht abgestimmt werden, werden die Ergebnisse zu wünschen lassen.
Die privaten Schutzziele, wie Verhinderung von Betriebsunterbrechungen, besonderer Schutz von Anlagentechnik wird in der Regel auch umgesetzt, da der Bauherr z. B. auf sein Rechenanlage nicht verzichten kann (meist Löschanlage auch ohne baurechtliche Erfordernis).
Da die meisten BS- Planer keine Kenntnisse im EX Schutz haben, werden diese oft schon bekannten Gefährdungen erst gar nicht erwähnt. Hier müssen entsprechende Maßnahmen Berücksichtigung finden. Allerdings ist die Zusammenarbeit mit „befähigten Personen“ unerlässlich, mit denen die entsprechenden Maßnahmen festzulegen sind. Dann ist der BS- Planer nicht verantwortlich, muss allerdings bei seiner Planung ein ggf. erforderliches EX- Schutzdokument oder die sich daraus ergebenen Maßnahmen berücksichtigen.
Zusammengefasst hängen die zu berücksichtigen Schutzziele von der Nutzung, den besonderen Gefährdungen und den atypischen Randbedingungen ab. Oft kommt es zu Schutzzielkonflikten. Nicht immer kann die BS- Planung vom BS- Planer allein erbracht werden, da er eben nicht auf allen diesen Fachgebieten die erforderlichen Kenntnisse haben kann. Deshalb ist Zusammenarbeit unerlässlich, was auch so in Art. 51 Abs. 2 BayBO und auch im den arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben geregelt ist.
Zu 1.4 Risikobeurteilung/Einstufungen/Festlegung der Planungsgrundlagen
Die Einstufung nach Art. 3 Abs. 3 und 4 BayBO klappt meist noch, aber dann hört es auf.
Eine Einzelfallbetrachtung und das unter Berücksichtigung der besonderen Gefahren und den Randbedingungen ist die Ausnahme. Auch die z. B. ABC Gefährdung ist kein Thema, auch nicht wenn diese Gefährdungen aus den Eingaben ersichtlich sind.
Es werden meist alle verfügbaren baurechtlichen Vorschriften abgeschrieben, egal ob diese zutreffen oder nicht. Hier ist wichtig zu erkennen, wo liegt für den konkreten Einzelfall das gesellschaftlich akzeptierte Risiko, welches aus den zutreffenden Vorgaben entnommen werden kann.
Entsprechend der Nutzung den besonderen Gefährdungen, den atypischen Randbedingungen und den sich daraus ergebenen Schutzzielen ergeben sich die zutreffenden Vorgaben.
Bei Arbeitsstätten mit ABC Gefahren (z. B. Krankenhäuser) können neben den baurechtlichen Vorgaben ggf. die ArbStättV, die BetrSichV, die GefStoffV, die BioStoffV und StraSchV zu berücksichtigen sein. Das jeweilige Technische Regelwerk regelt eben auch Brandschutzanforderungen. Dazu müssen auch die Einstufungen erkannt werden um das richtige Maß beim Brandschutz festzulegen.
Die weitere Gliederung,
mit der Unterteilung baulicher BS, mit Gebäudetechnik, betrieblicher BS, anlagentechnischer BS und wenn es denn trotz aller Vorsichtsmaßnahmen nicht geklappt hat mit dem abwehrenden BS,
ist bestimmt nichts Neues und auch in anderen „Leitlinien“ vergleichbar.
Das regelmäßige durcheinanderwürfeln dieser Säulen ist für die Lesbarkeit nicht förderlich, wird allerdings nicht zur Abweisung der Planung führen.
Wichtig ist eben dass es bei den Maßnahmen nicht darauf ankommt die jeweiligen Vorgaben abzuschreiben, sondern vor allem was will man mit den einzelnen Maßnahmen erreichen. Nur so kann überprüft werden, ob die Maßnahmen den Gefährdungen und Randbedingungen entsprechen und die grundlegenden baurechtlichen Schutzziele erreicht werden. Diese Schutzzielerreichung hängt definitiv davon ab, ob die getroffenen Maßnahmen die besonderen Gefährdungen im Zaum halten.
Auch die späteren Nutzer müssen wissen was die BS- Maßnahmen zum Ziel haben, damit diese eben nicht mehr so oft unbewusst außer Betrieb genommen werden (z. B. der Keil).
Die weitgehende Vollständigkeit der Einzelmaßnahmen kann helfen, dass nichts vergessen wird. Weglassen ist einfacher. Ich verweise darauf, dass ggf. weitere Maßnahmen zu berücksichtigen sind.
BS- Planung ist eine interdisziplinäre Maßnahmen. Das ist nicht einfach für mache BS- Planer, wenn diese als Einzeltäter unterwegs sind.
Die Aussagen zu Abweichungen sollen die unterschiedlichen Möglichkeiten darstellen und den Umgang damit. Hier wird sich noch einiges in der nächsten Zeit ändern.
Gruß Norbert Bärschmann