hallo Ronald,
das Thema beschäftigt viele und immer wieder; ich hatte bereits 2006 eine Anfrage an die Bauministerkonferenz gestellt und nachfolgende Anwort erhalten (Bayern hatte damals den Vorsitz, daher auch der spezielle Bezug zu Bayern im Antwortschreiben):
da Sie Ihr Schreiben vom 17.07.2006 zu o. g. Betreff an die Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern auch an die obersten Bauaufsichtsbehörden anderer Länder gerichtet hatten, hat sich die Projektgruppe Brandschutz der Fachkommission Bauaufsicht im Rahmen ihrer letzten Sitzung damit befasst.
Die Beratung ergab, dass "dichtschließend" im Sinne der Musterbauordnung (MBO) zunächst eine Tür beschreibt, die an mindestens drei Seiten in einen Falz mit umlaufender Dichtung fällt (oder selbst ein dreiseitig gefalztes Türblatt hat) und deren Türblatt keine Öffnungen hat.
"Dichtschließende" Türen sollen für eine gewisse Zeit insbesondere dem Rauch Widerstand leisten. Hiermit ist aber nur ein bautechnischer Zustand beschrieben, der nicht auf einer bestandenen Prüfung in einer Versuchsanordnung abstellt.
Für den Begriff "vollwandig" gibt es dagegen keine (länder-)einheitliche Definition. Der MBO und den meisten Landesbauordnungen ist der Begriff "vollwandig" als eigenständige Anforderung unbekannt - er ist im Begriff "dichtschließend" ("Türblatt ohne Öffnungen" = "vollwandig") quasi inzident bereits enthalten.
Die Bayerische Bauordnung nennt dagegen (in Art. 36 Abs. 6 Satz 2) den Begriff "vollwandig" als zusätzlich zu "dicht" und "selbstschließend" zu erbringende, eigenständige Anforderung für Türen in Treppenräumen notwendiger Treppen. Zwar ist mit diesem Begriff kein zeitlich genau definierter Feuerwiderstand verbunden (der etwa Gegenstand einer Prüfung nach Norm sein könnte), es muss jedoch sichergestellt sein, dass das Türblatt bei Hitzebeaufschlagung nicht leicht durchbrennt oder zerstört wird. Eine Tür mit (lediglich) öffnungslosem Türblatt z. B. aus Glas ohne Feuerwiderstandsfähigkeit oder dünnen Spanplatten mit Wabeneinlage erfüllt daher nicht die Anforderung "vollwandig" nach BayBO.
Soweit der Begriff "vollwandige Tür" - historisch bedingt - in bauordnungsrechtlichen Regelungen anderer Länder enthalten ist, sind damit möglicherweise Anforderungen verbunden, die ebenfalls über den Begriff "dichtschließend" nach MBO hinausgehen.
- soweit die Stellungnahme der Bauministerkonferenz von 2006 -
ergänzend eine Textpassage aus einer meiner Schulungsunterlagen und Vortäge:
In einzelnen Bauordnungen ist gelegentlich auch der Begriff „vollwandig“ zu finden, unter dem ein geschlossenflächiges Türblatt (im Gegensatz zur Bretter- oder Lattenrosttür) zu verstehen ist, das den geforderten Raumabschluss gewährleistet und ein „Mindestschutzziel“ für die Selbstrettung bieten soll.
„vollwandige Türen“ unter vollwandigen Türen versteht man geschlossenflächige Türen, die jedoch auch verglast sein können. Diese Türen sind im Gegensatz zu Bretter- oder Lattentüren ohne Fugen und sollen einen Mindest-Brandschutz erreichen. Der Türkern kann z.B. auch eine
Röhrenspanplatte (mit Hohlräumen) sein. Die Verglasung ist mind. als ESG, VSG oder 6 mm Drahtglas* mit verschweißtem Fadengitter auszuführen.
*Einschränkung der BG bzw. GUV beim Einsatz von Drahtglas beachten! Drahtglas ist KEIN Sicherheitsglas!
Die "Vollwandige" ist bisher in vielen Kommentaren und Stellungnahmen
teilweise recht willkürlich und emotional beschrieben, aber insgesamt das meist sehr unbefriedigend.
Normativ gibt es keine Regelung. Von der Bauministerkonferenz wurde hierzu ein Schutzziel definiert, aber nicht bundesweit festgelegt. Schutzziel: die Selbstrettung soll ermöglicht werden und der Treppenraum, bzw. ggf. auch notwendige Flur (je nach Position der Tür) sollen ca. 8-10 Minuten vor
Hitze und Flammen geschützt sein. Ein früher Rauchaustritt lässt sich mit einer "Vollwandigen" nicht verhindern.
Erfahrungsgemäß kann bei Holz-Werkstoff-Türen ab der Qualität: Röhrenspan-Kern-Mittellage, besser Vollspan-Mittellage oder gar Sandwich-Schallschutzeinlagen, von der gewünschten Vollwandigkeit ausgegangen werden. Es gibt T30-Türen mit Röhrenspankern (z.B. zugelassen in
Tschechien n. EN), die durchaus funktionieren. Der Kern ist nicht das Hauptkriterium, sondern die Kantenausbildung des Türblatts zur Zarge und der Schutz des Einsteckschlosses.
Zu den zulässigen Verglasungen in oder neben den Türen, lässt sich der Gesetzgeber nicht weiter aus. Aber auch hier:
denken ist wichtiger, als regeln!
Ist die Tür als Wohnungseingangstür im Einsatz, muss ich mit hohen Brandlasten und normalen Brandgefahren rechnen.
Hier ist gegen Flammen zu schützen.
Ist es eine Flur/Treppenraum-Tür, bei einem brandlastarmen Flur (z.B. Mehrfamilienhaus), steht in erster Linie der etwas höhere Widerstand gegen Hitze und warmen Rauch im Fokus.
Demnach sollte/muss auch die Entscheidung getroffen
werden, wie hoch das Sicherheitsniveau anzusetzen ist (es
soll ja auch bezahlbar bleiben und nicht aus Kostengründen
gleich die Frage: ´wo steht das! – Rechtsgrundlage?´ kommen).
Bei der WE-Tür sollte eine Verglasung in Bauart einer G30-Verglasung angesetzt werden. D.h. es wird ein G30-geeignetes Glas vorgesehen, welches mittels Stahlblechwinkeln und entsprechenden feuerbeständigen Vorlegebändern, in Bauart einer G30-Verglasung eingebaut wird. Als Basis
kommt da nur die Vollspan- oder ggf. Massivtür in Frage, da ansonsten die sichere Befestigung der Scheibe Probleme bereitet.
Bei der Flur/Treppenraumtür, kann bei der Verglasung ein wenig "abgespeckt" werden und ein ESG oder VSG-Glas zum Einsatz kommen. *Fadengeschweißtes Drahtglas (geeignet als G30-Verglasung) geht auch, ist aber mit
Vorsicht zu genießen! Teilweise stößt dieses auf Verbote der
BG/GUV, da Drahtglas kein Sicherheitsglas ist! - zudem ist es nicht gerade architektonisch anspruchsvoll.
ESG / VSG-Glas bietet auch bei Temperaturen von 180°- 220° noch ausreichend Schutz. - Bei den Temperaturen läuft kein Flüchtender mehr im Flur rum! -
Bezogen auf die Seitenteile, kann die 2,50 m-Regelung der MBO auch hier angewendet werden, da die Tür ja auch 2-flg. sein darf (deckt sich auch mit Kommentaren zur LBO).
An einem "heißen Loch" in der Treppenraum- oder Flurwand von max. 2,50 m, kann der Flüchtende noch schnell vorbei huschen (man denke nur an die Feuersprünge, die wir in jugendlichem Leichtsinn vollführt hatten!). Rauch dringt bei der Vollwandigen auch immer in den Flur/Treppenraum ein.
Die FW macht die Türen ohnehin auf, damit sie den Löschangriff ausführen kann.
Von der klassischen Glasscheibe (Floatglas), sollte man bei der Verglasung vollwandiger Türen die Finger lassen, obwohl dies so nirgends explizit geregelt oder verboten wird. Dieses Glas versagt bei ca. 150°C oder bei einer schnellen Temperaturdifferenz von 40°, aufgrund der
Eigenspannung, in der Regel und platzt.
Halten wir uns als "Denkende" immer das Schutzziel vor Augen!
soweit meine Stellungnahme zum Thema und zur Diskussion!
Mfg
der Feuerteufel