Türbreite 1,2 kann bei Fluchttürsystemen nicht erreicht werden?

Benutzer_203

Hallo Zusammen,

Im Rahmen der Planung kam folgende Situation auf.

Der Bauherr hatte sich entschieden, an den Ausgangstüren einer Versammlungsstätte (Aula) Fluchttürsysteme (Panikstangen)zu verwenden.

Die Architektin hat nun in der Planungsphase folgenden Hinweis aus einem Dokument der Fa. Schüco mit der Überschrift - Fluchttürsysteme in Europa - genommen:

"Laut Norm dürfen Türen mit einem Flügelgewicht von keiner/gleich 200 kg und einer Größe von minimal 0,8m x 1,6m (B x H) bzw. 1,6 m x 1,6 m für eine 2flügelige Tür und maximal 1,3 m x 2,5 m (B x H) bzw. 2,6 m x 2,5 m geplant und ausgeführt werden. Abweichungen müssen separat genehmigt werden."

Die Türen können aus baulichen Gründen nur etwas mehr als 90 Grad aufschlagen.

Bei einer, wie hier angegeben, maximalen Türbreite von 1,3 m und unter Berücksichtigung einer Türdicke von ca. 7,5 cm verbleiben bis zur lichten Durchgangsbreite noch 2,5 cm.

Bei Einsatz eines Türdrückers mit ca. 6-10 cm Breite würde die lichte Breite von 1,2 m unterschritten.

Mir begegnet diese Aussage zur Norm der Türen das erste Mal.

Gehe ich davon aus, dass unsere Versammlungsstätte nicht die einzige ist, bei der Türen nur ca. 90 Grad öffnen, frage ich mich, ob dort grundsätzlich keine Fluchttürsysteme eingesetzt werden oder ob die Aussage oben so nicht ganz korrekt ist.

Wer kann mir hier mal auf die Sprünge helfen.

Frage 1: Gibt es diese Norm?

Frage 2: Wenn ja, welche ist das (sofern gerade zur Hand)

Frage 3: Wie geht ihr damit um? Auf Fluchttürsystem verzichten (zur Klinke diagonal gemessen bleiben mir ja 1,2 m ;-)) oder stellt ihr in solchen Fällen eine Abweichung.

Mit besten Grüßen

Wolfgang Cordier

WernerMueller

Hallo Wolfgang,

1+2) DIN EN 1125

3) VStättV fordert mit einem Griff in voller Breite zu öffnen. Die "push bars" gibt es bauordnungsrechtlich ja gar nicht.

Diese "Abweichung" ist keine vom Baurecht!

Meine Lösung: Notausgangsverschluss nach DIN EN 179; vom Beschlaghersteller zusichern lassen, dass Funktion nicht eingeschränkt ist (die Größenbegrenzung gilt auch für diese Norm).

Alternativ: Die wenigen cm kleiner als 1,20m mit der Behörde abstimmen (wäre in dem Fall dann tatsächlich eine Abweichung).

Gruß

Werner Müller

Benutzer_203

Also,

da bei Schüco so gelesen habe ich dort mal angerufen und das Problem geschildert. Geantwortet wurde mir, dass sei nicht deren Problem und eine Herstelleraussage zu einem breiteren Türmaß sei nicht möglich da nicht geprüft (Prüfkriterien für breitere Türmaße stehen in der Norm aber drin).

Die anderen unsinnigen Äußerung (wie z.B. sei Schuld des Gesetzgebers etc.) lasse ich jetzt mal aussen vor.

Daher jetzt noch ein paar andere Fragen:

1. Kennt jemand eine breitere Türe (als 1,3m) die von einem Hersteller mit einer Bestätigung der Einhaltung der Norm oder einer Bestätigung das trotzt Abweichung die volle Funktionalität gegeben ist liefern kann?

2.Kann diese Norm als Stand der Technik angesehen werden oder kann man auch sagen, nicht Stand der Technik, breitere Türe einzusetzen ist ohne Probleme möglich?

3. Ich kenne ein paar Versammlungsstätten, bei denen die Türen nicht viel weiter als 90 Grad aufgehen und die dennoch diese Fluchttürsysteme verwenden.

Ist dieses Problem nicht bekannt/bewußt, wird es einfach ignoriert/übersehen, oder gibt es vielleicht eine Lösung die mir hier noch nicht bekannt ist?

MfG

Wolfgang Cordier

Feuer-Hewi

Hallo zusammen,

DIN EN 1125 ist zwar eine zulässige und hEN, dennoch nicht baurechtlich verpflichtend; die dortigen Aussagen beziehen sich also auf "privatrechtliche" Festlegungen; dies bezieht sich auch auf dei "push bars", die geeignet sind, aber nirgends baurechtlich beschrieben sind; auch sie sind Bauprodukte mit CE und somit anwendbar;

Wo steht der zitierte Satz? "3) VStättV fordert mit einem Griff in voller Breite zu öffnen." - der "eine Griff" hat sich so eingebürgert, steht aber nirgends mehr!

in NRW heißt es lapidar:

(3) Türen in Rettungswegen müssen in Fluchtrichtung aufschlagen und dürfen keine Schwellen haben. Während des Aufenthaltes von Personen in der Versammlungsstätte, müssen die Türen der jeweiligen Rettungswege jederzeit von innen leicht und in voller Breite geöffnet werden können.

auch in Bayern heißte es wortwörtlich genauso;

mit einem "push bar" une einer Gefähdungsanalyse, dass da niemand dran hängen bleibt, kann man die geringfügeige Einschrtänkung der lichten Durchgangsbreite auf Tallienhöhe, als Abweichung, auch genehmigen; hier kann man eine Anlehnung an den ASR nehmen;

mfg

der Feuerteufel

clammer

Hallo Herr Cordier,

die SBauVO NRW spricht ganz klar von "lichter Breite", also müssen Beschläge wie die Panikstange mit berücksichtigt werden (was leider oftmals unterbleibt).

Allerdings haben einige Hersteller auch Bänder im Programm, mit denen die Türen trotz auf 90° beschränkter Öffnungswinkel so aufgestellt werden können, dass sie nur minimal oder gar nicht in die lichte Breite (hier bezogen auch die Zarge) einkragen.

Bei einem Neubau heißt es also Obacht bei der Planung, entweder brauche ich die speziellen Bänder oder muss eine breite Tür wählen, wenn Panikstangen etc. verwendet werden sollen.

Gruß

C. Lammer

Benutzer_1388

Hallo!

Das Österreichische Institut für Bautechnik definiert in einer OIB-Richtlinie: "Türdrücker und Notausgangsbeschläge bleiben bei der Ermittlung der nutzbaren Breite der Durchgangslichte unberücksichtigt. Panikstangen führen zu einer Verringerung der Breite der nutzbaren Durchgangslichte um 10 cm je Türflügel."

Der Deutsche stellt Abweichungsanträge? Von welcher Vorschrift der Bauordnung wird abgewichen? Von der "Lichten" Breite. Das Licht stört sich nicht am Drücker. Wir haben eine uneindeutige Vorgabe. Vergleich: In unserer Treppennorm 18065 haben wir ein Bild mit dem Lichtraumprofil. Ein Bild ist oft besser als ein Text. Was heißt schon, "in voller Breite öffnen"?

Für das Barrierefreie Bauen haben wir die DIN 18040. Die lichte Breite für Durchgänge ist mit mind. 90 cm vorgegeben. Bild 4 der Norm zeigt die 90°-Öffnung, wobei das Maß von 90 cm nicht am Drücker, sondern am Türdurchgang genommen wird. Dort, wo der Drücker sich bei geöffneter Tür befindet, ist i.d.R. der Weg breiter, weil man sich dort nicht mehr in der Türöffnung befindet, denn der Flur ist doch breiter als 90 cm. Die zitierte österreichische Auslegung passt zur deutschen Norm DIN 18040 und Herr Cordier misst seine 120 cm diagonal. Bei der Panikstange ist das anders. Auch das haben die Österreicher berücksichtigt.

MfG. G.Karstens

clammer

Ich sehe hier keine "uneindeutige Vorgabe".

Für NRW wird zur SBauVO ausgeführt:

"Der in Absatz 4 geregelten Mindestbreite von 1,20 m liegt das Modul des Entwurfs der "DIN EN 13200-1:1998-06 ´Zuschauertribünen´ Teil 1: Kriterien für die räumliche Anordnung von Zuschauerbereichen" zu Grunde. Bei notwendigen Treppen entspricht die lichte Breite der „nutzbaren Treppenlaufbreite“ gemäß DIN 18065:2000-01, Abschnitt 4.10"

Anmerkung : In den Abbildungen A.7 und A.8 in DIN 18065 - Lichtraumprofil für Treppen - sind in diesem Lichtraumprofil keine Einschränkungen in dieser Höhe)

und weiter:

"Aus Absatz 4 Satz 2 ergibt sich unmittelbar das Verbot der Einengung der erforderlichen Rettungswegbreite."

Anders sieht das Ganze bei einflügeligen Türen aus; rechnerisch reichen hier 60 cm lichte Breite aus; aufgrund anderer Vorgaben ergibt sich aber eine Mindestbereite von 90 cm. Und genau in diesem Fall lassen die die ASR als auch die DIN 18040 Einschränkungen zu.

Gruß

C. Lammer

Benutzer_1388

Die Frage 3 bezieht sich nicht auf vorgeschriebene Maße als solche, sondern darauf, wie man messen soll. Ich sehe die Frage, was ist gewollt, was ist notwendig. Wie gehen wir damit um?

Wenn es eine eindeutige Vorgabe gäbe, würde die Frage hier wohl kaum gestellt worden sein. Der Begriff "lichtes Maß" ist m.E. interpretierbar. Man kann auch damit umgehen. Ja messen wir doch auch diagonal.

Eine Normtür mit U-Zarge für beispielsweise 1-m-Baurichtmaß hat ein lichtes Zargendurchgangsmaß von 936 mm (DIN). Wenn man den Türdrücker mitrechnet, wären alle Normtüren nicht Brandschutzkonform.

Nehmen Sie sich eine 90-cm-Schablone, suchen Türen mit 90 cm lichtem Zargendurchgangsmaß und Türdrückern. Türdrücker stehen 70 bis 90 mm hervor. I.d.R. wird man mit der Schablone hindurchkommen, ohne dass der Drücker daran hindert. Bei 120 cm geht das auch so. Normalerweise ist der Flur beidseitig breiter als die Türöffnung, weil man ja die Tür in den Flur einbaut.

Es kommt aber natürlich drauf an, wie die weit Tür geöffnet werden kann, wie der Flur ausgebildet ist und wie die Bänder (bei Rohrrahmentüren) ausgebildet sind.

Der Drücker ist doch meistens nicht das Problem, weil er die Rettungswegbreite nicht beengt. Herr Lammer, messen Sie die Klinke denn nicht diagonal, wie Herr Cordier gefragt hat?

MfG. G.Karstens

clammer

Hallo Herr Kartens,

ich habe mich bei meinen Beiträgen auf die Frage bezogen. Dort stand

"Die Türen können aus baulichen Gründen nur etwas mehr als 90 Grad aufschlagen."

Ich weder "Ihre" Messmethode noch Ihre Auffassung kritisiert, sondern sehe das im Grundsatz auch so wie Sie. Nur was nutzt die Theorie, wenn der konkrete Fall anders aussieht; und nur um den geht es mir hier.

Gruß

C. Lammer