Brandlasten in Rettungswegen

Benutzer_1795

Hallo,

Anbei ein Link zur neusten Stellungnahme der AGBF zur Bewertung und Zulässigkeit von Brandlasten in Rettungswegen, falls noch nicht bekannt:

https://www.google.de/url?q=http://www.agbf.de/pdf/2014-5_Brandlasten%2520in%2520Rettungswegen.pdf&sa=U&ei=29KhVO6pNYirPKmPgOAP&ved=0CAsQFjAA&usg=AFQjCNE9_Z7HYFx6ptOaiiZzlt6IcsaxnQ

Benutzer_822

man kann sich vieles wünschen. Als Behörde kann man aber nur durchsetzen, was durch Gesetz verboten ist. Und da sehe ich bei dem "Wunschkatalog" der AGBF das Problem, dass Leute auf rechtswidrige Spuren gelotst werden - und das ist nicht hilfreich. Denn "Rechtsbeugung", d.h. ein Verbot auszusprechen, das nicht durch Gesetz gedeckt ist, ist eine Straftat mit bis zu 5 Jahren Haft und/oder Geldstrafe.

Die IngKH hat zur letzten HBO Novelle einen § 13 (6) vorgeschlagen "brennbare Güter in Flucht- und Rettungswegen sind unzulässig". Und der Landtag hat das abgelehnt. Also nicht verboten. "Entwicklung" kann nur durch Änderung der gesetze UND deren Vollzug einhergehen, wir müssen daran alle arbeiten, die Gesetze fortzuschreiben. Und bis dahin geduldig Mängel hinnehmen, die wir nicht verbieten kannen. Die Liste ist für Planer geeignet, im BSK auf Besserungen hinzuarbeiten ... mfg Schächer

brandsicher

Sehr geehrter Herr Schächer,

es ist aber vorstellbar, dass Aufsichtsbehörden im Rahmen des Genehmigungsverfahrens (Brandschutznachweis) auf diese Wunschliste zurückgreifen werden. Und da ist es schon Hilfreich, wenn man eine Meßlatte hat.

Ihnen und alle Mitdiskutierenden

die besten Wünschen

für das neue Jahr

U. Drechsler

Benutzer_473

So abwegig find ich den `Wunschkatalog` der AGBF und des Feuerwehrverbands nicht.

Ich halte ihn für eine akzeptabele Orientierungshilfe gerade bei Brandverhütungsschauen und so soll er auch verstanden wissen.

Die Grundlage findet sich in den Schutzzieldefinitionen des Baurechts.

Insofern liegt hier schon mal grundsätzlich keine Rechtsbeugung vor.

Unter Rechtsbeugung versteht man in der Regel etwas anderes.

Definition der Rechtsbeugung BGH:

>> Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt nicht jede unrichtige Rechtsanwendung eine Beugung des Rechts im Sinne von § 339 StGB dar. Nur der Rechtsbruch als elementarer Verstoß gegen die Rechtspflege solle unter Strafe gestellt sein. Rechtsbeugung begehe ein Amtsträger, der sich bewusst und schwerwiegend von Recht und Gesetz entfernt. Die bloße Unvertretbarkeit einer Entscheidung begründe eine Rechtsbeugung hingegen noch nicht.<<

Benutzer_822

wer als Amtsträger / Behörde eine Forderung erhebt, die nicht auf Gesetz gegründet ist und mit einem empfindlichen Übel droht, das dem Widersprechenden geschieht (keine Baugenehmigung, Sperrung des Gebäudes usw.), beugt geltendes Recht. Keine Behörde setzt Recht, sie wendet an, was Landtag und Bundestag beschlossen haben.

Auch in Baugenehmigungen kann nicht einfach auferlegt werden, was sich eine Behörde "wüscht", sie bedarf eines Gesetzes. Bei Sonderbauten regeln die Verordnungen und Richtlinien die Grenzen des Auferlegbaren.

Das ganze nennt man Rechtsstaat und der hat sein Gutes, wie wir aus den beiden "Experimenten" mit Unrechtsstaaten erfahren haben. mfg Schächer

Benutzer_1795

Hallo Herr Schächer,

ich denke, dass die Planungsuhren in Hessen und in anderen Bundesländern doch nicht so verschieden ticken. Klar können Sie immer "Ihre" Keule mit Rechtsbeugung rausholen, aber die Realität sieht doch anders aus. Welcher Bauherr klagt denn bei jeder Auflage direkt gegen die Bauaufsicht (auch wenn das wünschenswert wäre)?

Vielmehr nimmt der Bauherr den Weg des kleineren Übels und akzeptiert die Auflagen. Insofern finde ich die Stellungnahme der AGBF für uns doch als eine deutliche Erleichterung! Sehr viele Brandschutzdienststellen akzeptieren keine Brandlasten in notwendigen Fluren oder in geringen Maßen in Treppenräumen. Klar kann man zumindest bei den Fluren fragen, wo das Verbot rechtlich steht. Aber es wird dennoch - auch wenn unrechtmäßig - gefordert. Mit der jetzigen Stellungnahme lassen sich eine Vielzahl von Bauaufsichten und Brandschutzdienststellen einfangen. Ich empfinde die Stellungnahme als sehr guten Rutsch in die richtige Richtung, auch wenn wir von den rechtlichen Vorgaben noch ein Stück entfernt sein werden.

Viele Brandschauen werden nun deutlich weniger Mangelpunkte haben.

brandsicher

Das Anordnen von Brandlasten kann nach meiner Ansicht gar nicht baurechtlich geregelt werden. Schränke und Kleiderhaken sind nicht Teil der baulichen Anlage, sondern Inhalt (Nutzung). Selbst die Betriebsvorschriften der MVStättVO geht nur auf Ausschmückungen (mehr oder weniger fest mit der baulichen Anlage verbunden / vergleichbar mit den Kleiderhaken) in notwendigen Fluren und notwendigen Treppenräumen ein. Bei der Forderung: „Rettungswege in der Versammlungsstätte müssen ständig frei gehalten werden.“ wird „frei“ auch nicht konkretisiert und könnte als „freier Durchgang“ interpretiert werden.

Bei Sonderbauten kann die Aufnahme entsprechender Verhaltensforderungen in die Brandschutzordnung sicher konkret durchgesetzt werden. Ob die Baugenehmigung erlischt, wenn dagegen verstoßen wird, wäre die nächste Frage.

Man sollte eben nicht alles regeln wollen.

m.f.G.

U. Drechsler

Hannes

In der Muster- Verkaufsstättenverordnung wird zu diesem Thema das ein oder andere beschrieben.

§ 13 Ladenstraßen, Flure, Hauptgänge

(5) Ladenstraßen, notwendige Flure für Kunden und Hauptgänge dürfen innerhalb der nach den Absätzen 1, 3 und 4 erforderlichen Breiten nicht durch Einbauten oder Einrichtungen eingeengt sein.

§ 24 Gefahrenverhütung

(2) In Treppenräumen notwendiger Treppen, in Treppenraumerweiterungen und in notwendigen Fluren dürfen keine Dekorationen vorhanden sein. In diesen Räumen sowie auf Ladenstraßen und Hauptgängen innerhalb der nach § 13 Abs. 1 und 4 erforderlichen Breiten dürfen keine Gegenstände abgestellt sein.

Somit ist zumindest hier baurechtlich klar vorgegeben, dass in Treppenräumen und notwendigen Fluren für Kunden (auch außerhalb der erforderlichen Rettungswegbreite), nichts abgestellt werden darf.

Gruß

Hannes

Benutzer_1326

Also eine Rechtsbeugung sind unverhältnismäßige Ansprüche der Bauaufsicht nicht. Gegen die Baugenehmigung mit Prüfauflagen kann juristisch vorgegangen werden. Wird ja gelegentlich getan. Aus eigener Erfahrung: die befürchteten langen Arme der BA in folgenden Verfahren sind erstaunlich stummelhaft.

Zum Thema Unrechtsstaat habe ich aber eine andere Auffassung. Ich heiße beide "Experimente" nicht für gut und bin froh nur in einem dieser Experimente (2)aufgewachsen zu sein und dass ich mich nunmehr in einem anderen neuen Experiment (3) befinde. Unrecht = nicht gesetzeskonform. Beide Experimente von denen Sie sprechen haben aber zu eigen und lebten ja davon, dass sie sich die gewünschten Vollzüge zuvor in Gesetzen begründeten. Wo Unmoralisch Handelnde aus dem Experiment-1 in dem Experiment-3 zu Gesetzestreuen mit Perilschein erklärt wurden ist es vielleicht ohnehin etwas vermessen über Unrecht von Experiment-2 zu urteilen? Mich durchfährt der Gedanke, Sie missdeuten Unmoral für Unrecht. Und hier im Baurecht das Unwissen/Unsicherheit bedingten unverhältnismäßigen Ansprüche von Sachbearbeitern als Unrecht.

Als Prüfsachverständiger wissen Sie es doch besser. Diese Polemik untergräbt ihre Reputation, Verehrtester. ;-)

Benutzer_1470

In Bayern gibt es die Verordnung über die Verhütung von Bränden. Nach § 22 ist dort die Freihaltung von Rettungswegen geregelt. Des weiteren können nach dieser Verordnung weitergehende Anordnungen gestellt werde, wenn diese zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit, Eigentum oder Besitz erforderlich sind.Das ist Ordnungsrecht in Bayern.

Wie weiter oben schon dargestellt kann die Freihaltung von beweglichen Brandlasten auch nicht im Baurecht geregelt werden.

Wichtig ist, wenn Gefahren erkannt werden, sind diese abzustellen. Nach Arbeitsschutzrecht (gilt in allen Bundesländern) ist dafür der "Arbeitgeber" zuständig. Die Kontrollgremien können ebenfalls Gefahren feststellen und Abhilfe fordern (Feuerbeschau, Berufsgenossenschaften, GAA, Bauaufsichtsbehörden).

Die unterschiedlichen Rechtsgebiete können nur im Zusammenhang ihre Ziele entfalten.

Die Wirksamkeit der einzelnen Rechtsgebiete ist mit der Funktion von einem Computer vergleichbar. Dort gibt es die "Kiste" mit Festplatte u.s.w.(Baurecht mit BS- Konzept bzw. Baugenehmigung) und dann die Programme, welche regelmäßig an die sich ändernden Randbedingungen und Aufgaben anzupassen sind (Nutzungsrecht mit dem Instrument Gefährdungsbeurteilung).

Gruß Norbert Bärschmann