Ist Notleiteranlage genehmigungspflichtig ?

Benutzer_3011

Hallo Forumsteilnehmer,

ich habe folgenden Fall und keine Antwort darauf:

Meinem Auftraggeber wurde im Rahmen einer Feuerbeschau mitgeteilt, dass er aus je 2 Wohnungen im 3. OG und im DG über keinen zweiten Rettungsweg verfügt und es wurde ihm nahegelegt, diesen nachträglich zu erstellen. (Mehrfamilienhaus, GKL 5, Brüstungshöhe über 8 m, BayBO)

Zum Zeitpunkt der Erbauung war noch kein 2. Rettungsweg baurechtlich gefordert, so dass es im Ermessen des Bauherrn liegt, hier tätig zu werden oder zumindest seitens der Behörde der Sache nicht weiter nachgegangen wird, da Bestandsschutz besteht und keine Gefahr für Leib und Leben besteht.

Natürlich möchte der Bauherr trotzdem dieser Verpflictung nachkommen und die Wohnungen mit einem 2. RW ausstatten. Die betroffenen Wohnungen sind zum Hinterhof hin ausgerichtet und eine Feuerwehrzufahrt für ein Drehleiterfahrzeug lässt sich im Nachhinein nicht mehr herstellen.So bleibt nur die Lösung einer Notleiteranlage und so wurde es auch mit der zuständigen Branddirektion besprochen, die das Vorhaben soweit begrüsst hat.

Die Branddirektion hat allerdings dazu geraten, einen isolierten Abweichungsantrag bei der Genehmigungsbehörde zu stellen. Jedoch habe ich auf Nachfrage von der Genehmigungsbehörde selbst inzwischen 3 unterschiedliche Aussagen bekommen:

1. Ja, stellen Sie einen isolierten Abweichungsantrag

2. Nein, stellen Sie keinen isolierten Abweichungsantrag und auch keine Genemigung, denn eine Notleiter ist eine Abweichung (was ich weiß) und wird ohnehin nicht genehmigt. Sie haben ja Bestandsschutz und weichen deshalb nicht vom Baurecht ab.

3. Auf meine Frage wo den steht, dass eine Notleiteranlage nicht genehmigungspflichtig ist, wurde ich auf BayBo Art. 57 (16e) verwiesen. Das kann ich nun gar nicht nachvollziehen, denn eine Notleiter ist doch keine unbedeutende Anlage.

Fakt ist, dass mein Bauherr gerne gewillt ist, eine Notleiteranlage zu errichten, aber er möchte den Anbau verständlicherweise behördlich abgesegnet wissen und nicht in ein paar Jahren zum Rückbau verpflichtet werden, nur weil er keine Baugenehmigung vorzuweisen hat.

Im übrigen entspricht die Notleiter nicht den Vorgaben der DIN 14094 da sie nicht bis zur Erdgleiche geführt werden kann (wegen Garageneinfahrten - und außerdem über ein Wartepodest von > 1 m verfügt. Auch das wäre doch ein Grund, diese genehmigen zu lassen, oder nicht ?

Meine Frage also:

1. Benötigt man einen isolierten ABweichungsantrag oder nicht ? Oder benötigt man gleich eine Abweichung im Rahmen eines Bauantrages ? Wenn man nichts von alledem braucht, wo steht dann geschrieben, dass eine Notleiteranlage nicht genehmigungspflichtig sein soll ?

Vielen, vielen Dank für eine Antwort.

Herzlichst S. Stadler

clammer

Guten Tag,

leider bin ich in NRW und nicht in Bayern tätig, so dass Sie meine Antwort unter Vorbehalt sehen müssen.

Ich weiß nicht wie alt das Haus ist, aber die Forderung nach zwei Rettungswegen ist so neu nicht.

In NRW wäre die Sache eindeutig; das Fehlen des 2. Rettungsweges stellt eine konkrete Gefahr dar. D. h. in NRW müsste die zuständige Baubehörde per Ordnungsverfügung einschreiten.

Mit dem Vorliegen einer konkreten Gefahr erlischt auch der Bestandsschutz, so dass meines Erachtens ein Bauantrag einzureichen ist, dessen Antragsgegenstand die (fehlenden) zweiten Rettungswege sind.

Gruß

C. Lammer

WernerMueller

Hallo Stadler,

wenn Rechtssicherheit haben will, muss dafür etwas tun:

1) Bauantrag stellen "Anbau einer Notleiteranlage zur Sicherstellung des zweiten Rettungsweges"

2) Darin: Antrag auf Abweichung stellen (Abweichung von Art. 31 (2) S. 2 BayBO, da 2. RW nicht über anleiterbare Stelle der Nutzungseinheit)

3) Abstimmung mit Branddirektion wegen Podest (Abweichung von DIN, außerdem muss BS-Dienststelle entsprechend DIN eingebunden werden).

Der Bauantrag führt (jetzt unabhängig vom Brandschutz) zu Rechtssicherheit z.B. gegenüber Nachbarn, Abstandsflächen und sonstiges...

Gruß

Werner Müller

WernerMueller

streiche wenn, setzte wer

Benutzer_2439

Hallo,

nach meinem Dafürhalten ist diese Anlage grundsätzlich genehmigungspflichtig. Da man das kaum unter 1,5m Tiefe hinbekommt, fällt es auch in das Abstandsflächenrecht. Statisch ist die Anlage auch zu prüfen, da GK 5. Wie alt das Gebäude ist, ist nicht ersichtlich, jedoch der 2. RW ist ansich schon lange Normalfall. Bei älteren Gebäuden, wo das wohl noch mit Holztreppen. Wie man da behaupten kann, es bestehe keine Gefahr für Leib und Leben, entzieht sich meiner Kenntnis.

Wir haben kürzlich erst den Fall analog gehabt. Problem war nur, dass im Hinterhof der Denkmalschutz wegen der Perspektive und Gestaltung erheblich die Sache erschwert hat und wir sogar um die Wirkung einer Wand statt dieses Stahlgerippes zu haben, eine Glasverkleidung vorsehen mussten.

Bei der Brandschutzprüfung kam dann der nächste Punkt: Wir wollten aus Fenstern auf diese Podeste aussteigen lassen. Aus Platzgründen haben wir die Treppen nur ca. 75cm breit machen können. Wir haben dann eine Abweichung für die Treppenbreite

Eigentich wollten wir nur eine Notleiter bauen, auf die diese 8-12 Personen, welche maximal hier eben betroffen sind. flüchten können. Ein Feuerwehrmann wird selbst im Brandfall nie über diesen Hinterhof kommen. Dennoch war diese Option nicht verhandelbar.

Insofern, diese Notleitern haben so ihre Tücken.

Zu Empfehlen wäre daher, das ganze komplett sauber mit allen Punkten sich genehmigen zu lassen. Hierbei aber -da das Amt das wohlwollender ansieht- vielleicht eine Notleiter mit Rückenschutz durchbringen, weil das für den Bauherrn die einfachste Lösung ist. Diese kann man noch unten ausfahrbar machen, so dass man auch wirklich bis auf den Boden gelangt.

clammer

@mh-ing

Was halt immer wieder vergessen wird, dass es Flucht- UND Rettungswege heißt. Leider kommt so manche(r) nicht über die Flucht hinaus ...

Deshalb sind solche Notleitern auch nur die allerletzte Möglichkeit bei Bestandsbauten.

Gruß

C. Lammer

Benutzer_1326

Bei uns in Berlin wird der fehlende 2.RW im Bestand von der Bauaufsicht nicht als konkrete Gefahr gesehen, da ja der liebe Gott und in einigen Fällen auch mal das Sprungtuch zum Einsatz kommen.

Man könnte sich vor Schadensersatzklagen und Bauanträgen nicht retten.

Es ist genehmigter Bestand ohne Anpassungsverlangen. Formaljuristisch wäre der freiwillige Anbau der Notleiter in Abstimmung mit der Feuerwehr ohne Bauantrag und allenfalls so auszuführen dass er im Sinne einer Steigleiter (TB, a.a.R.d.T., ASR & Co.) nicht widerspricht.

Eine festinstallierte Leiteranlage mit Zwischenpodestchen zum Ausstiegsfenster zu den Geschossen ist sicher zielführend.

Da die Zustimmung der FW bereits besteht, sollte ein Versagen durch die Bauaufsicht schwer begründbar sein. Feuerwehrmann kommt rauf, der Flüchtende nicht runter.... das soll Ihnen der Sachbearbeiter dann mal erklären.

Benutzer_735

in einer sog. großstadt in Bayern gibt es div. Bestandsgebäude, bei denen insb. in der Nachkriegszeit Wohnungen geteilt bzw. im DG errichtet wurden, die von der Hofseite aus nicht angeleitert werden können, d.h. keinen 2. RW besitzen.

Das war damals 8in Bayern) genehmigungsfähig.

Was in den meisten Bundesländern konkrete Gefahr heißt nennt sich in Bayern erhebliche Gefahr - und die liegt gem. Oberster z.B. dann vor, wenn a) ein 2. RW fehlt UND der 1. Mängel aufweist.

Ist der erste aber (weitestgehend) ok, wird keine Nachbesserungsbedarf gesehen.

In solchen Fällen genehmigt(e) diese Stadt Notleitern als "Fassadenelement", aber nicht als RW.

D.h. der BH schafft keinen formellen 2. RW, stellt jedoch den Nutzern der betroffenen NE einen Rettungsweg zur Verfügung - was zivilrechtliche Folgen eines Brandereignisses deutlich reduzieren kann...

Übrigens: in diesem großen Dorf mit Bauantrag - aber ohne Abweichungsantrag (wovon denn, da eh kein RW).

Stefan Blümel

brandsicher

Auch in unserer „Hauptstatt“ ist das Fehlen des 2. RW wohl keine konkrete Gefahr. Sonst würden die Nebenstraßen nicht als Parkflächen verkauft, statt der Feuerwehr die Möglichkeit zu geben, Hubrettungsfahrzeuge aufzustellen.

m.f.G.

U. Drechsler