Rettungswege im 2. DG

Benutzer_323

Hallo Forum,

ein Gewerbebau mit Büros soll umgebaut werden in ein Boardinghaus. Bauweise E+1+2D. Meine Frage bezieht sich auf das 2. DG (>7m, Gkl. 4). Dort sind Aufenthaltsräume möglich, die über eine Raumspartreppe ("Hühnerleiter") erreicht werden. Der erste Rettungsweg ist also schon mal problematisch aber

Danke! Gruß, Franz Lang

brandsicher

Die AR im 2. DG halte ich für nicht genehmigungsfähig:

- Eine "Hühnerleiter" halte ich nicht für einen Rettungsweg im Sinne der Bauordnung.

- Die Fenster in der Dachschräge sind sicher weiter als 1 m von der Traufkante entfernt.

Kompensationsmaßnahmen dazu fallen mir nicht ein.

m.f.G.

U. Drechsler

Benutzer_1795

Ich würde das nicht pauschal ablehnen:

1. Der erste Rettungsweg ist innerhalb von 35m über die interne Verbindung zu erreichen. Anforderungen an Treppen werden innerhalb einer Nutzungseinheit nicht gestellt (denke, dass ist auch in Bayern so).

2. Wenn die Gaube als "Balkon", also als sicherer Bereich ausgeführt und anleiterbar ist, warum sollte das nicht gehen? Bei sehr steilen Dächern lässt sich die Anleiterung im 2. DG auch teilweise über Anleiterproben direkt am Dachflächenfenster sicherstellen. Hier mag der Traufabstand zwar grösser sein, die "Kompensation" ist jedoch die Anleiterbarkeit. Diese darf natürlich nicht "grade so" gegeben sein, sondern muss wie bei einem normalen Dachflächenfenster funktionieren.

brandsicher

Dass es unmöglich wäre, das 2. DG als AR zu nutzen, möchte ich auch nicht so absolut stehen lassen. Mich würde aber sehr die genehmigungsfähige Lösung dieses Rettungswegproblems interessieren. Herr Lang, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie uns diese abschließend mitteilen könnten.

m.f.G.

U. Drechsler

Benutzer_1525

Zum 1.RW:

Über die Treppe, die das 2.DG erschließt, verlaufen Rettungswege. Damit ist die Hühnerleiter eine notwendige Treppe. Für die gibt es auch in Bayern Vorschriften. Die Feuerwiderstandsdauer bzw. Baustoffeigenschaften der tragenden Teile hängt von der Gebäudeklasse ab, die Notwendigkeit eines notw. Treppenraums von der Größe der NE. Außerdem ist die DIN 18065 eingeführt. Bürogebäude und Boardinghaus hört sich außerdem nach Arbeitsstätte an. Die ist zwar nicht zwingend für den Brandschutznachweis maßgebend, dürfte ihren Bauherrn aber trotzdem interessieren.

zum 2.RW:

Ist der Abstand zur Traufe > 1m, brauchen Sie dafür eine Abweichung. Bei Genehmigung derselben wird sicher die Feuerwehr um eine Stellungnahme gebeten, und deren Zustimmung ist u.a. stark von der Personenzahl abhängig. Wenn`s dann vermutlich viele Personen (Boardinghaus) in Verbindung mit vermutlich geriner Feuerwiderstandsdauer (2.OG) geht, sieht`s (wieder vermutlich) nicht so wirklich gut aus. Da hilft der Balkon auf der (vermutlich) F0 Dachkonstruktion auch nicht weiter.

Gruß,

J. Grath

Benutzer_1795

Hallo Herr Grath,

zumindest in NRW sind nahezu ALLE Anforderungen an eine notwendigen Treppe innerhalb einer Nutzungseinheit/Wohnung aufgehoben. Somit beständen hier formal keine Einschränkungen.

Für mein Verständnis ist ein Boarding House genauso zu bewerten, wie ein "normales" Haus, nur dass hier die Bewohner nicht dauerhaft wohnen. Ich sehe hier nicht die erhöhte Personenzahl. Wenn dies doch so wäre, haben Sie natürlich recht.

Eine verminderte Feuerwiderstandsklasse der Konstruktion wurde durch Herrn Lang nicht beschrieben. Hier sind m.E. die erforderlichen baulichen Maßnahmen umzusetzen. Er schreibt ja auch, dass "Aufenthaltsräume möglich sind".

Zur Balkonkonstruktion: Hier habe ich geschrieben "ausreichend sicher". Dies bedeutet Gaube in der Qualität der Decke (nicht F0!). Ggf. kann auch ein anderes Fenster angeleitert werden. Die Maße der BauO sind Regelfälle. Die Anleiterbarkeit ist jedoch häufig auch ausserhalb der Regelfälle problemlos möglich.

Sind in Bayern Anleiterproben nicht möglich? In den Großstädten in NRW mit "alter" Bebauung werden diese recht häufig durchgeführt und auch problemlos als Nachweis des 2. RW akzeptiert.

Sicher gibt es Fälle in denen ein 2. DG als Aufenthaltsraum unmöglich ist, aber absolut ausschließen kann man dies deshalb nicht.

Grüsse aus Köln

Benutzer_1795

P.S. Sollten sich im 2. DG natürlich mehrere Appartments befinden, die über "die eine" Hühnertreppe erreicht werden, geht dies natürlich nicht, da es sich dann nicht um eine Treppe innerhalb einer Nutzungseinheit handelt...

Benutzer_1525

Herr Lang will in mehreren Punkten vom Baurecht abweichen. Und Stichworte wie Hühnerleiter oder anleiterbare Stelle auf dem Dach der vorhandenen Dachgaube hört sich erst mal nicht nach gleichwertiger Kompensation an.

Aber vielleicht sieht`s ja vor Ort besser aus.

clammer

Die erste Frage wäre m. E, ob es sich bei dem "Boardinghaus" die Beurteilung mehr an der Beherbergungsstätte oder am Wohnhaus festmacht.

Dies hängt insbesondere von der Art der Vermietung und vom (einbegriffenen) Service ab. Erst dann kann m. E. beurteilen, ob eine Nutzungseinheit vorliegt oder nicht.

In beiden Fällen scheidet die Raumspartreppe aber als notwendige Treppe grundsätzlich aus; inwieweit Sie hier eine Abweichung beantragen wollen, bleibt Ihnen überlassen.

Wenn aber für beide Rettungswege Abweichungen beantragt werden sollen - wie sieht dann die Kompensation aus?

Außerdem - siehe oben- ist ggf. auch das Arbeitsstättenrecht einzuhalten!

Gruß

C. Lammer

P.S.

Noch eine rein praktische Anmerkung - eine Raumspartreppe mit einem Koffer o. ä. zu überwinden ist mehr als unkomfortabel.

Benutzer_323

Hallo Forum,

vielen Dank für die zahlreichen Hinweise. Am Anfang des Jahres ist das schon enorm...

Noch ein Hinweis: der Aufenthaltsraum im 2. DG soll immer als Teil des Boardingzimmers im 1. DG betrachtet werden. Es ist also keine eigenständige WE sondern ein reiner Aufenthaltsraum. Ändert das etwas an der Betrachtungsweise?

Gruß, Franz Lang

clammer

Nach wie vor ist die Raumspartreppe nicht zulässig; hier mmuss ggf. eine Abweichung beantragt werden.

Gruß

C. Lammer

Benutzer_1525

Im Brandschutzatlas gibt`s ein nettes Kapitel zum Thema Galerie. Wenn Sie die Rahmenbedingungen einhalten, gilt die Galerie nicht als Geschoss und benötigt damit auch keine eigenen Rettungswege.

Vielleicht kommen sie mit diesem Ansatz weiter.

J. Grath