KIGA Fluchttüren Aufschlagrichtung

Stefan-Klaus

Sehr geehrte Forumsteilnehmer,

wie stellt sich die Forderung der ArbStättVO dar, die besagt, dass Fluchtttüren ins Freie in Fluchtrichtung aufschlagen müssen in Verbindung mit Kindergärten. Ist diese Forderung eine "Muss-Vorschrift"? Muss bei Nichteinhaltung eine Abweichung gestellt werden? Ich habe hierfür keine Abweichung gestellt, bei der Prüfung des Brandschutznachweises von Seiten des Prüfers wurde dies nicht beanstandet, jedoch wurde dies jetzt durch einen Beauftragten für Arbeitssicherheit bemängelt.

Vielen Dank für Ihre Antworten.

Stefan Klaus

Benutzer_822

man kann alles übertreiben ! Grundsätzlich sollen Türen in Fluchtrichtung aufschlagen, wenn sich dahinter ein Stau bilden kann und man dann die Tür nicht mehr öffnen kann. Also bei allen "Massen" vielleicht ab Klassenstärke (über 35 Mann).

Kindergarten haben einzelne Arbeitnehmer (Mitarbeiter), für die "kein Massenstatus" zustande kommt) und Kinder, die Gruppen weise dort raus gehen, also auch keine Massen. Der Arbeitsschützer soll mal belegen, daß die ASR auf Kindergärten anwendbar sind. Meiner Meinung nach nicht sondern SR 2 für KiTas. mfg Schächer

Hannes

Herr Schächers Antworten geben alles Wichtige wieder...

folgender Link kann manche Hilfestellung leisten.

http://www.bft-cognos.de/dl/BFT-Cognos-KiTa.pdf

...leider hat sich die schutzzielorientierte Planung im Brandschutz noch nicht mal ansatzweise im Arbeitsschutz durchgesetzt...

mit besten Grüßen

hhannes

clammer

Hallo Herr Schäfer,

Ihre Frage erübrigt sich insoweit, als das Sie vom Arbeitsschutz gar keine Abweichung beantragen können; dies geht nur bei materiellen Anforderungen der BauO. Und das Bauamt könnte im Gegenzug auch (vom Bundesrecht) gar keiner Abweichung zustimmen ...

@Franz Schächer

Der Geltungsbereich der ASR umfasst unstrittig auch eine KITA, da es sich sowohl um eine Arbeitsstätte als auch einen Arbeitsplatz handelt.

@Hannes

"leider hat sich die schutzzielorientierte Planung ... noch nicht mal ansatzweise im Arbeitsschutz durchgesetzt..."

Doch, die heißt dann "Gefährdungsbeurteilung" ...

Leider gibt es neben den "Wo steht das?"-Behördenmitarbeitern aber auch "Wo steht das?"-Planer und "Wo steht das?"-Bauherrn ...

Gruß

C. Lammer

Mattes

In NRW gibt es einen Erlass des Sozialministeriums, dass das Aufschlagen der Türen nach Außen für KiTas auch im Bestand zwingend vorsieht.

Wir weisen in den brandschutztechnischen Stellungnahmen auf diese Anforderung hin, ohne selbst diesbezügliche Anforderungen zu stellen. Wäre doch unfair, die Bauherren ins offene Messer laufen zu lassen...

Und in der Praxis gibt es auch im Arbeitsschutz solche und solche MA: will sagen=> manche Arbeitsschützer bemängeln die "falsche" Aufschlagrichtung, manche schließen sich der Sichtweise der Brandschutzdienststellen an.

Einen Anspruch im Sinne des baurechtlichen Bestandsschutzes gibt es bei der Arbeitssicherheit offenbar nicht...

Gruß

Matthias Bußmann

Benutzer_822

Grundlage der Entscheidung im Arbeitsschutz ist die Gefährdungsbeurteilung. Man kann damit alles und jedes "gesundbeten", wenn man bereit ist, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Bei Türen aus Klassenräumen / Gruppenräumen ist das gewiß zu verantworten.

Für einen Erlaß eines Sozialministeriums sehe ich keinen rechtlichen Rahmen. Das Bundesrecht "Arbeitsschutz" wird durch Gesetz, Verordnung und ASR eindeutig bestimmt und Grundlage ist die Gefährdungsbeurteilung. Wer will auf Basis eines Erlasses einen freien Bürger zwingen, etwas zu ändern ? Ohne Gesetz oder Verordnung geht da nix. Die Zeiten der alten Kaiser ("ich will und deshalb ist es...") sind zum Glück rum. mfg Schächer

Benutzer_203

Ich stimme dem oben gesagten im wesentlichen zu. Auch sehe ich einen Erlaß nicht so stark. Das OVG NRW hat es beim Baurecht ja schon mal dargelegt. Insofern stimme ich Herrn Schächer zu.

Aus meiner Sicht ...

Baurecht

Wenn Baurecht Bayern wie in NRW keine Aufschlagrichtungen von Türen vorgibt gibt es auch nichts zu beachten

Arbeitsstättenrecht

ASR schreiben Aufschlagrichtung für Notausgangstüren in Fluchtrichtung vor. Aber wie gesagt gibt es die Möglichkeit hiervon im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung abzuweichen (vgl. ASR A2.3 Einleitung 3. Absatz), was auch meiner Meinung nach in Kindertagesstätten kein Problem sein sollte.

(Im Bestand schlagen viele Türen nach innen auf und bei keiner meiner bisherigen Räumungsübungen hat das zu Problemem geführt. Ggf. zur Sicherheit Räumungsübung durchführen und dokumentieren))

Bleiben noch die Versicherer

Hier hatte ich eher in letzter Zeit die Probleme indem diese vorschrieben, das die Türen in Fluchtrichtung öffnen müssen und auf ihre eigenen Vorschriften verwiesen. Bei Bestandstüren sahen die bisher drüber hinweg, bei Änderungen, oder Neubauten/Erweiterungen bestand sie darauf.

In der Regel begleitet von dem Hinweis, das sonst im Schadensfall ggf. Leistungen nicht oder nur eingeschränkt erfolgen. Ob das so in Ordnung und zulässig ist - keine Ahnung. Führte aber dazu, das der Träger (mit ca. 50 Kitas in seinem Bereich) jetzt grundsätzlich bei Änderungen oder neuen Türen diese in Fluchtrichtung aufschlagen lässt.

MfG

Wolfgang Cordier

Benutzer_2638

Hallo Herr Klaus,

eigentlich ist das ganz einfach:

In KiTa´s ist der 1. Rettungsweg über den direkten Ausgang ins Freie, der Rettungsweg beginnt hinter der Tür, diese Tür kann darum auch nach innen aufschlagen.

Die übrigen Rettungswege sind sogenannte 2. RW und haben nicht den Anspruch an die Türen, die Ihrer Sicherheitsfachkraft fordert. Das gilt für die Forderungen aus der LBO, als auch für die aus der ASR. Damit wäre alles klar.

Gruß

A. Droste

Benutzer_203

@NF-Albrecht

Das sehe ich nicht ganz so wie sie.

Wenn Sie mit dem ersten Rettungsweg als direkten Ausgang ins Freie den Eingang zum Kindergarten meinen halte ich diesen als Fluchtweg für grundsätzlich ungeeignet, da die Kinder in den meisten Einrichtungen dann in einen ungesicherten Bereich (öffentliche Verkehrfläche) laufen würden. Daher wird der Eingang bei mir in der Regel gar nicht als Rettungsweg angesehen.

Wenn Sie aber den Ausgang aus dem Gruppenraum ins Freie meinen beginnt der Fluchtweg nicht erst hinter dieser Türe und diese Türe wäre ein Notausgang im Sinne der ASR und müsste (ohne andere Gefährdungsbeurteilung) in Fluchtrichtung aufschlagen.

Des Weiteren unterscheidet die ASR bei den "Notausgängen" nicht zwischen ersten und zweiten Rettungsweg. Alle Ausgänge, welche als Notausgänge im Gefahrenfall genutzt werden, müssen in Fluchtrichtung aufschlagen es sei denn, dass wie bereits mehrfach beschrieben, eine Gefährdungsanlayse etwas anders zulässt.

MfG

Wolfgang Cordier

Benutzer_2867

Hallo zusammen,

in Bayern gibt es ein Rundschreiben der Obersten Baubehörde, welches beachten werden sollte. Aussagen zu der Eingangsfrage nach der Aufschlagrichtung von Fluchttüren macht sie nicht: http://www.stmi.bayern.de/assets/stmi/buw/baurechtundtechnik/iib7_hinweise_brandschutzanforderungen_kindertageseinrichtungen_20090828.pdf

@Wolfgang Cordier: Den Rettungsweg als direkten Ausgang ins Freie halte ich für möglich. Die Sicherheit der Kinder spielt hier sicherlich eine gewichtigere Rolle als der Brandschutz. Es können unterschiedliche Barrieren, wie entsprechende Türausstattung, akustische Warnsignale oder doch eine Umzäunung, errichtet werden. Es obliegt dem Planer eine angemessene Lösung zu finden.

MfG

Wago

brandsicher

Es wäre sicherlich übertrieben, jeden Ausgang im Verlauf eines Fluchtweges, der direkt ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führt, als „Kneipentür“ auszuführen.

Die ASR enthält aber eine schöne Definition für den Rettungsweg als Abgrenzung zum Fluchtweg: Dem entsprechend führen Fluchtwege ins Freie oder in einen gesicherten Bereich. Fluchtwege im Sinne dieser Regel (ASR) sind auch die im Bauordnungsrecht definierten Rettungswege, sofern sie selbstständig begangen werden können (also notwendige Flure, notwendige Treppen, notwendige Treppenräume und deren Raum zwischen dem notwendigen Treppenraum und dem Ausgang ins Freie, an die durch die Bauordnungen Qualitätsanforderungen gestellt werden).

Der Begriff "Fluchtweg" wird in der Musterbauordnung nicht verwendet. Er wird nur in der Begründung zur Änderung der MBO in der Fassung September 2012 als "Fluchtweglänge" gebraucht und bezieht sich auf die Forderung §35 (2) 1 MBO: "Von jeder Stelle eines Aufenthaltsraumes sowie eines Kellergeschosses muss mindestens ein Ausgang in einen notwendigen Treppenraum oder ins Freie in höchstens 35 m Entfernung erreichbar sein."

Daraus ergibt sich, dass es innerhalb einer Nutzungseinheit keine Rettungswege, sondern nur Fluchtwege gibt. – Und wenn der Fluchtweg zu ebener Erde direkt ins Freie führt, hat die Nutzungseinheit auch keinen Rettungsweg.

m.f.G.

und den besten Wünschen für 2014

U. Drechsler

Benutzer_203

@Wago

Da habe ich mich wohl etwas falsch ausgedrückt.

Sie haben natürlich Recht. Wenn man das Gebäude durch den Haupteingang in einen gesicherten Bereich verlassen kann ist das sicherlich auch eine Möglichkeit. Diese habe ich aber bisher nur in wenigen Ausnahmefällen erlebt.

Ich verzichte meistens darauf, da durch die verschiedenen Gruppenräume oft mehrere Notausgänge und somit in ausreichender Zahl in den Spielbereich (meist Garten) als eingezäunter sicherer und für die Kinder bekannter Bereich zur Verfügung stehen. Unter dem Aspekt eine Zutrittsicherung (es kommt mittlerweile häufiger der Wunsch den Eingang zu bestimmten Zeiten nicht nur zu schließen sondern abschließen zu können) macht das ebenfalls Sinn.

@Herr Klaus

Vielleicht noch ergänzend. Im letzten Jahr habe ich mehrere Räumungsübungen in Kindertagesstätten begleiten dürfen. Davon haben viele im Bestand Türen die nach innen aufschlagen. Dies hat in keinem Fall zu Problemen geführt.

Vielleicht aber ein Hinweis aus einer Situation die in einer Räumungsübung passierte.

Sehen sie bei den Türen eine Öffnungsmöglichkeit von außen vor. Hier reicht ggf. auch Türschloss, welches von außen mit einem Schlüssel zu öffnen ist.

Bei der Räumungsübung wurden die Kinder aus dem U 3 Schlafbereich (7 Kinder) von 2 Mitarbeiterinnen ins Freie gebracht. Als beide mit den ersten Kindern im Freien waren fiel die Türe zu. Diese hatten von außen nur einen Knauf und konnten somit nicht mehr geöffnet werden. Wäre der Zugang durch das Gebäude zu diesem Raum nicht mehr möglich gewesen, so hätten die restlichen Kinder nicht mehr evakuiert werden können.

Seitdem werden bei dem Träger mit dem ich zusammen arbeite die Türen entsprechend hergerichtet.

@Alle

Auch in diesem Jahr stehen wieder einige Räumungsübungen an auf deren Vorbereitung ich auch einigen Einfluß habe. Wenn jemand noch eine bestimmte Fragestellung hat die man im Rahmen einer Räumungsübung mal klären kann dann bitte her damit. Vielleicht aber dann in einem gesonderten Thread oder per Mail an cordier@bs-cordier.de.

MfG

Wolfgang Cordier

Benutzer_2867

@Wolfgang Cordier

Die planerische und bauliche Umsetzung ist das Eine. Irgendwann fängt dann aber auch die Aufsichtspflicht des Personals an. Das sind die Leute an der Front und bekommen dann auch schärfsten Wind ab, wenn etwas passiert.

Aus eigener Erfahrung weis ich es aus dem Vereinsleben. Da musste sich unser Jugendleiter wüste Beschimpfungen von Eltern anhören, nachdem der Sohnemann ausgebüchst war. Das Spiellokal liegt unmittelbar an einer vielbefahrenen Straße. Wie sich dann herausstellte hatte sich der 13-jährige selbständig auf den Nachhauseweg gemacht.

Ich denke, dass die Arbeitssicherheit auch irgendwann an ihre Grenzen stößt. Die Eingangstür ist auf jeden Fall mit einer Sicherung oder/ und Sonstigem auszustatten. Ein Kind weis nichts von einem 1. und 2. Rettungsweg, sondern geht manchmal ganz eigenartige Wege.

Gruß

Wago