Haftung im Brandfall

Benutzer_1627

Hallo,

folgende Situation:

Brand in einem Mehrfamilienhaus. Entraucht wird über die Dachgeschoßwohnung, welche ansonsten nicht vom eigentlichen Brand betroffen war. Durch die Entrauchung ist die Wohnung vorerst nicht bewohnbar. Haftet dafür die Feuerwehr bzw. Gemeinde?

Kann die Feuerwehr dem Mieter vorschreiben, dass er sämtliche Gegenstände in der Wohnung belassen muß?

Vielen Dank.

WernerMueller

Hallo Holpie,

ui, lustige Fragen zum Wochenende. Leider wohl im falschen Forum, besser wäre vielleicht ein Juristen- oder ein Feuerwehrforum.

Mal so aus dem Bauch heraus:

Eine Haftung für Schäden in der DG-Wohnung würde wohl nur dann überhaupt in Frage kommen, wenn mach dem Einsatzleiter eine der Situation gänzlich unangemessene Handlungsweise nachweisen könnte. Dies ist naturgemäß bei einem Feuerwehreinsatz im Nachhinein

- sehr schwierig (weil im Nachhinein nicht nachvollzogen werden kann, wann auf welcher Informationsgrundlage welche Entscheidung getriffen wurde) oder

- sehr einfach (weil man im Nachhinein ganz in Ruhe am besten am Schreibtisch sich mit einer Tasse Kaffee überlegen kann, was man besser gemacht hätte).

Gefühlt ist es natürlich schon "komisch", wenn eine nicht betroffene Wohnung bewusst in Mitleidenschaft gezogen wird.

Zum "Verbieten": Solange die Wohnung noch eine Einsatzstelle der Feuerwehr ist, kann der Einsatzleiter die entsprechenden Maßnahmen treffen; dies kann auch dein o.g. Verbot beinhalten. Irgendwann wird die Feuerwehr die Einsatzstelle jedoch an den Eigentümer/Nutzungsberechtigten übergeben; dann isses wieder Deins. Aber auchhier gilt: Das muss alles der Situation angemessen sein.

Gruß

Werner Müller

Benutzer_822

deklinieren wir mal die Möglichkeiten durch : ein Treppenraum hat eine Rauchabzugsöffnung, dann bleibt die Tür zu, die Feuerwehr bläst den rauch dort raus,

zweiter Fall: der Treppenraum hat ausreichend hoch angeordnete fenster, auch hier : Rauch aus dem Treppenraum raus.

dritter Fall : der Treppenraum kann n i c h t über Fenster oder RA bis oben hin entraucht werden. Dann trifft die Feuerwehr die Entscheidung, w i e der Rauch rausgebracht wird. Eigentlich ist die Ursache des Schadens ein Planungsfehler, da Treppenräume über die anzuordnenden Fenster entraucht werden sollen ... und wenn es eine GK 5 ist und der RA fehlt, haftet der Planer.

Nur dann, wenn es erkennbar einen RA gibt udn der Einsatzleiter der Feuerwehr ganz daneben greift udn den zu läßt und dann die Tür aufmacht, nur wenn man nachweist, daß er den RA gesehen hat, nur dann könnte man die gemeinde anteilig heranziehen, ist aber praktisch aussichtslos.

Einsatzstellen werden allgemein erst mal an die Polizei übergeben, um die Brandursache zu ermitteln. Dann, viel später, bekommt man seine Wohnung wieder mfg Franz Schächer / Hessen

clammer

Vorausgeschickt: Dies ist KEINE Rechtsberatung.

Eine Haftung der "Feuerwehr" ist auszuschließen, "Beklagter" wäre dann hier die Gemeinde.

Eine Haftung durch die Gemeinde käme dann in Frage, wenn der Einsatzleiter, als Vertreter der Gemeinde, grob pflichtwidrig, völlig unangemessen oder rechtswidrig gehandelt hat - und was zu beweisen wäre.

Mehr also ein Thema für die Juristen.

Für die Regulierung des Schadens kommen dann schon eher der Gebäude- sowie der Hausratsversicherer in Frage; ja nach Schadensart.

Inwieweit hier auch die Versicherungen des "Zustandstörers", also dem Eigentümer der "Brandwohnung", zur Zahlung verpflichtet sind bzw. herangezogen werden können, ist wieder mehr ein Thema für die Juristen.

Die "Feuerwehr" kann dem Mieter eigentlich nichts vorschreiben, solange dessen Handlungsweisen nicht mit den Zielen des FSHG NRW kollidieren.

Denkbar wäre jedoch, dass die "Feuerwehr" im Rahmen der "Amtshilfe" die Sicherung der Wohnungen bis zum Eintreffen der (Kriminal)Polizei übernimmt, damit die Aufklärung einer möglicherweise vorausgegangenen Straftat nicht erschwert bzw. verhindert wird.

Gruß

C. Lammer

Benutzer_203

In NRW ist das noch etwas problematischer.

Herr Schächer hat dem Sachverstand nach die korrekten Formen beschrieben. Leider gilt das so nicht in NRW. Hier ist die Entrauchung des Treppenraumes erst bei Gebäuden vorgesehen, die mehr als 5 Geschosse oberhalb der Geländeoberfläche haben (§ 37 Abs. 12 BauO NRW).

Bei bis zu einschließlich 5 Geschossen müssen Treppenräume lediglich zu belüften und beleuchten sein. Dazu gehören Fenster in jedem Geschoss, welche eine Größe von 0,5 qm haben.

Ich habe mich bereits mehrfach damit herumgestritten, wo nun das eine Geschoss anfängt und wieder aufhört. Die meisten Treppenräume haben die Zwischenpodeste an der Außenwand, so dass die Fenster auf Höhe dieser Zwischenpodeste liegen.

Damit liegt aber auch das oberste Fenster zwischen dem vorletzten und letzten Geschoß und somit meist tiefer als die Eingangstüren der Wohnungen im obersten Geschoß.

Der Rauch steigt dann bei einem Brand im Treppenraum nach oben, fängt sich aber oberhalb des obersten Fensters und dringt durch die geschlossenen Türen in die Wohnungen ein. Dagegen kann die Feuerwehr nichts machen weil leider für eine Entrauchung über das oberste Fenster ungünstig gebaut. Manchmal wird es sogar noch schlimmer, weil die Feuerwehr zur Unterstützung der Maßnahmen einen Hochleistungslüfter einsetzt, welcher dann u. U. auch bei geöffnetem Oberstem Fenster den Stauchdruck in der Rauchschicht oberhalb des Fensters noch etwas erhöht. Auch hier kann man dem Einsatzleiter keinen Vorwurf machen wenn er die Druckbelüftung benötigt.

Da wie oben angegeben bei der Bauordnung in NRW die Fenster korrekt eingebaut sind, da sie ja nicht zur Entrauchung sondern nur zur Belüftung und Belichtung des Treppenraumes dienen, kann auch nicht direkt von einem Planungsfehler gesprochen werden.

Das dies aus brandschutztechnischer Sicht völliger Unsinn ist, was ja nicht auch zuletzt der Grund ihrer Frage zeigt, steht vermutlich außer Frage.

Auf dieser Grundlage kann vermutlich weder die Gemeinde noch die Feuerwehr haftbar gemacht werden.

Während der Einsatzmaßnahmen ist der Einsatzleiter der Feuerwehr der Herr im Ring und kann sicherlich entscheiden, dass das Gebäude nicht betreten wird, bevor es von er Feuerwehr frei gegeben wird. Dies trifft in der Regel nach Abschluss der Maßnahmen zu, wozu u. a. auch das Be- bzw. Querlüften und ggf. das Freimessen (in der Regel CO) gehört.

Nach meinem Erfahrungsstand werden die Wohnungen dann wieder dem unmittelbaren Besitzer übergeben und die Polizei entscheidet in den meisten Fällen über eine Beschlagnahmung der direkt vom Brand betroffenen Wohnung.

Für unüblich halte ich die Forderung der Feuerwehr, dass alle Gegenstände in der Wohnung belassen werden müssen. Ich wüsste jetzt auch nicht worauf das rechtlich fußt. Eher vorkommen könnte es wohl, dass die Wohnung auf Grund der Belastung von Seiten der Feuerwehr noch nicht freigegeben wird. Das ist dann aber eher eine ordnungsbehördliche Maßnahme und nicht Aufgabe der Feuerwehr.

Mit freundlichen Grüßen

Cordier

hambrock

Hallo Allerseits,

bei den 0,5 qm grossen Fenstern am Treppenraum handelt es sich einen Rauchabzug. Diese Öffnungen werden von jeher als Rauchabzug genutzt.

Bei dem vorliegenden Fall scheint wohl ein eklatanter Planungsfehler vorzuliegen.

MFG

Matthias Hambrock

Benutzer_1795

Hallo Herr Hambrock,

auch wenn es gängige Praxis ist, aber zeigen Sie mir einen Passus im Baurecht, in dem steht, dass die Fenster der Rauchabfuhr dienen. In der Bauordnung wird lediglich von Belichtung und Belüftung gesprochen. Erst ab 5 Geschosse über der GF kommt auf einmal die Rauchabfuhr ins Spiel in Form eines Rauchabzugs an oberster Stelle.

Auch ich würde im Einsatz diese Fenster nehmen, aber baurechtlich so gefordert? Eher nein!

hambrock

Hallo MarKe,

wie so oft im Brandschutz steht diese Aussage nirgendwo, aber die meisten Brandschutzprüfer sehen diese Fenster als "ältesten" im Baurecht definierten Rauchabzug an. Ohne diese Fenster wäre es ja gar nicht möglich den Rauch aus dem Treppenraum abzuleiten. Es würde dann ja immer das von holpie beschriebene Szenario entstehen.

Entsprechend Kommentar zur NBauO § 34a (Rdnr. 12) sollen diese Öffnungen "...im Falle eines Brandes die Entrauchung eines Treppenraumes über Fenster .... ermöglichen."

Und ja klar, ab 5 Geschosse kommt der explizit benannte Rauchabzug an der obersten Stelle des Treppenraumes ins Spiel....

MFG

Matthias Hambrock

Mattes

Hallo MarKe,

formal haben Sie (leider)noch Recht...

Aus der Logik heraus: wenn in NRW für innenliegende TR Rauchabzüge gefordert werden, bleibt doch nur der Schluss, dass das für außenliegende TR nicht erforderlich ist, weil die Lüftungsfenster diese Funktion übernehmen.

Für die neue BauO wird im Referentenentwurf nur noch zwischen TR ohne und mit Fenstern unterschieden, wobei die Entrauchungsfunktion der Fenster ausdrücklich genannt wird.

Man kann das als Klarstellung der jetzigen BauO oder als Neuerung verstehen. Aber erst wenns im Gesetz veröffentlicht ist, besteht Rechtssicherheit...

Gruß

Matthias Bußmann

Benutzer_1795

Hallo Herr Bußmann,

wie ich auch beschrieben habe, nutze ich im Einsatz natürlich auch immer diese Fenster. Mir ging es aber genau um den Formalismus. Wenn mir eine Feuerwehr/Brandschutzdienststelle sagt, dass ein Fenster mit 0,4m² nicht zulässig ist, weil die Rauchabfuhr dann nicht mehr funktioniert, kommt man sehr schnell wieder an diesen Formalismus.

Ich hoffe, Sie verstehen worauf ich hinaus will.

Die Bauordnung sagt, dass 0,5m²/Geschoss zur Belichtung und Belüftung ausreichen. Kein Wort von Rauchabfuhr. Somit ist eine Abweichung von dieser Größe eigentlich kein Brandschutzthema, oder?

Ich kann als Feuerwehr auch wunderbar damit leben, dass das Fenster z.B. nur 0,3m² hätte. Mit Hilfe eines Lüfters bekomme ich den (Kalt)Rauch auch da hinaus.

Das eine ist halt die Praxis, das andere die Theorie. Wie gesagt, ich bin bezüglich der Notwendigkeit von Öffnungen ja ganz bei Ihnen.

clammer

Hallo Herr Cordier,

Ihre Frage "Ich habe mich bereits mehrfach damit herumgestritten, wo nun das eine Geschoss anfängt und wieder aufhört." ist aus meiner Sicht eigentlich eindeutig; nämlich an der Geschossdecke.

So wäre es in dem von Ihnen geschilderten Fall eigentlich ein innenliegender Treppenraum .. ;-))

Gruß

C. Lammer

(siehe auch § 2 Abs. 5 i. V. mit § 36 Abs. 1 BauO NRW)

Benutzer_203

Auszug aus § 37(11) BauO NRW

Notwendige Treppenräume müssen zu lüften und zu beleuchten sein. Notwendige

Treppenräume, die an einer Außenwand liegen, müssen in jedem Geschoss Fenster mit einer

Größe von mindestens 0,5 m² haben, die geöffnet werden können.

Die alte VV sagte dann noch:

37.41 An der Außenwand angeordnete notwendige Treppenräume

Ein Treppenraum ist an der Außenwand angeordnet, wenn er zumindest in der

Tiefe eines Treppenpodestes in allen Geschossen oberhalb des Erdgeschosses

an der Außenwand gelegen ist und von hier ausreichend beleuchtet und belüftet

werden kann (s. § 37 Abs. 11).

Hier steht auch nichts von Entrauchung.

Da hier die Frage nach Haftungsrecht gestellt müssen wir doch zum einen darauf hinweisen, dass wir keine Juristen sind (keine Rechtsberatung), zum anderen können wir aber unsere Auslegung der Bauordnung hier diskutieren. Da es sich um eine Frage aus NRW handelt unterstelle ich jetzt einfach mal, dass es sich um ein Gebäude in NRW handelt und da haben wir derzeit die oben genannte Situation in unserer Bauordnung. In anderen Bundesländern ist das anders geregelt und bei uns demnächst (neue Bauordnung) vielleicht auch.

Das wir Sachverständigen gerne die Fenster auch als Entrauchungsmöglichkeit sehen – selbstverständlich!

Das wir Feuerwehrleute die Fenster zur Entrauchung nutzen – aber klar doch!

Das die Fenster aber für die Entrauchung geeignet sein müssen (z. B. Lage der Fenster) steht in NRW bei Treppenräumen bis einschließlich 5 Geschosse oberhalb der Geländeoberfläche jedoch LEIDER NICHT in der BauO NRW.

Wie gesagt, demnächst vielleicht ….

@Herr Clammer

§ 2(5) - klar und eindeutig!

§ 36(1) – ist mir in dem Zusammenhang jetzt nicht so klar.

Aber ….. Die Fenster liegen an dem Zwischenpodest, meistens in der oberen Hälfte.

Wenn dann ein halber qm oberhalb der Decke zur Verfügung steht wären die Vorgaben doch erfüllt. Hoffentlich reicht dass, damit dann nichts unter der Türe durchkommt und hoffentlich sind die restlichen 3 Dichtungen in Ordnung ;-))

Ich schätze auch mal, dass ca. 90% der mir bekannten Mehrfamilienhäuser im Bestand das Problem haben. Tatsächlich alle falsch gebaut oder doch der halbe qm knapp über dem Fußboden? Noch mal ;-))

Mit freundlichen Grüßen

Cordier