Brandverhalten von EPS-Platten

Benutzer_1787

Wie kann es sein, dass EPS-Wärmedämmplatten (die z. B. für Wärmedämmverbundsysteme an Fassaden eingesetzt werden) die Bezeichnung B1 (DIN 4102, schwer entflammbar)haben und trotzdem brennen und brennend abtropfen.

Führt dieses Brandverhalten dennoch zur Klassifizierung B1?

Wenn ja, wie kann es sein, dass WDVS-Systeme bis zu einer gewissen Dämmstoffdicke die Klassifizierung "schwer entflammbar" haben, ab einer darüber liegende Dicke diese Klassifizierung nur mit Brandriegeln o. anderen Maßnahmen erhalten - wenn doch EPS-Platten grundsätzlich B1 sind?

Ich möchte an dieser Stelle keine Diskussion über das Brandverhalten von Wärmedämmverbundsystemen im allgemeinen erzeugen. Mir geht es hier lediglich um die Bezeichung "schwer entflammbar" und das tatsächliche Brandverhalten von Polystyrol und die Klassifizierung "schwer entflammbar".

LaNie

zu 1.

ganz einfach: brennendes Abtropfen und Abfallen ist sowohl nach DIN 4102 als auch DIN EN 13501 für schwerentflammbare Baustoffe zulässig und das gilt nicht nur für Systeme aus EPS-Dämmplatten (es ist eben B1 und nicht A1/A2 nach DIN 4102).

Im übrigen sind ja deshalb bei Gkl. 4 und 5 nach BayBO (und aktueller Musterbauordnung) und in einigen Sonderbauverordnungen nur B1-Baustoffe an Fassaden zulässig, die eben - zusätzlich zur Eigenschaft "schwerentflammbar" - nicht brennend abtropfen/abfallen, wobei einige WDVS-Zulassungen mit EPS auch d0-klassifiziert sind und deshalb verwendet werden dürfen.

zu 2.

Offenbar ist, wie auch bei anderen Baustoffen, die Menge/Dicke entscheidend. z.B. ändert eine dünne Beschichtung auf einem Bauteil noch nicht die Eigenschaft nichtbrennbar, eine dickere Beschichtung schon (vgl. auch DIN 4102-4/LAR).

zu 3.

Die Bezeichnungen und Prüfverfahren sind genormt, ich weiß nicht ob hier in diesem Forum eine tiefere Diskussion darüber wirklich Sinn macht.

Beim "tatsächlichen" Brandverhalten muss man auch normales EPS (Verpackungen usw.) und EPS für Baustoffe (mit Brandhemmern) unterscheiden.

clammer

zu 2.:

Wie bei anderen Materialien auch, ist das Brandverhalten von EPS (im WDVS) auch von der Dicke abhängig.

Insbesondere kann es an kritischen Stellen, wie zum Beispiel an den Fensterstürzen, durch eine massive Beaufschlagung ("Flammen aus dem Fenster") zum Öffnen der Sturzkante kommen und somit zur einer Brandweiterleitung kommen.

Gruß

C. Lammer

clammer

Nachtrag:

Bei WDVS sind zwei Nachweise "schwerentflammbar" notwendig;

einmal für die EPS-Platten und zum zweiten für das WDVS-System.

Gruß

C. Lammer

Benutzer_822

wenn eine WDVS Lage "dünn" ist, haben wir eine Menge Erfahrung damit gesammelt und es ist "erträglich". Als "dünner Aufbau" wurde im DIN 4102 Test 60 mm geprüft ... x 200 mm Breite x 1000 mm Höhe. Alles, was dicker ist, wurde "extrapoliert", weil es dafür keinen Brandschachtversuch gibt.

EPS weist Dichten zwischen 10 und 35 kg/m? auf und besteht zu rund 90 % aus Öl. Wenn ich eine 250 mm Bekleidung anbringe von mittleren 20 kg/m? entspricht das 0,25 x 20 x 0,9 = 4,5 l Öl / m? Hauswand. Dieses Öl ist physikalisch gebunden und wird ab 130° "frei" in dem es Gase und Tröpfchen freisetzt. Diese Gase treten aus und zünden, wenn von unten Zündflammen auflodern. Die Tropfen sinken ab bis zum nächsten Hindernis, in der regel ein nichtbrennbarer Streifen, sammeln sich dort drauf und treten, wenn es zu viel wird, massiv aus. Dabei zündet die Flüssigkeit und es brennt dort heftig.

Welcher vernünftige Mensch klemmt sich 4,5 l an jeden Quadratmeter Wand ? Das ist ein kleiner Reservekanister voller Benzin ... ist das normal ? Oder der bisherigen Unkenntnis geschuldet ?

Die Ingenieurkammer Hessen hat mehrere Sitzungen lang beraten und alle Erkenntnisse aus Bränden zusammengetragen und daraus einen Vorschlag zur Änderung der HBO (MBO) zusammengestellt:

1. der Test für die Einstufung nach "B 1" muß realistisch werden, auch hinsichtlich der Dämmstärken.

2. Gebäude der GK 1, 2 und 3 können in diesem Sinne "B 1" gedämmt werden. Direkt unter dem Dach sollen nichtbrennbare 1 m Streifen eingebaut werden, um Wandbrände vor dem Dach zu stoppen und nicht ins Dach laufen zu lassen.

3. Gebäude der GK 4 und 5 sowie (wie bisher schon) alle Hochhäuser sind nichtbrennbar zu dämmen.

Eine Ölmenge, die von einer dicken Dämmschicht freigesetzt wird, ist nicht zu löschen. Wasser und Schaum laufen an der Wand herunter. In der Ebene kann man Ölbrände durch Schaum abdecken, an der Wand nicht.

Wir hoffen sehr, daß die Vorschläge in die HBO übernommen werden, bevor ein Fassadenbrand auf weitere gebäude überspringt, wie wir das bei einem Penthaus in Frankfurt über 3 m Rücksprung gesehen haben. mfg Schächer