Kompensation Treppenraumaußenwand

Benutzer_2439

Im Inneneck einer verglasten Treppenraumaußenwand sind Fenster

Genügt es als Kompensation der Abweichung, wenn man den Bereich der seitlichen Fenster (die dahinter liegenden Räume) mit BMA überwacht? (GK 5, Büronutzung)

Meines Erachtens ist die Forderung einer kompletten BMA für das Gebäude zu hoch und es genügt die Überwachung der angrenzenden Bereiche (Büroeinheit bis Flurwand).

Gibt es überhaupt eine verbindliche Festlegung dieser 2,5m- Abstandsfestlegung?

Hannes

siehe "Brandüberschlag Treppenhaus" vom 18.10.2011

Gruß

Hannes

Benutzer_2439

Hallo,

dort in dem genannten Beiträgen findet sich nichts zur Kompensation. Genau aber das ist der Kern der Frage.

Kann man hier eine abweichende Baumaßnahme mit einer Brandmeldeanlage/Rauchmeldern kompensieren? Das Gebäude ist im Bestand so gegeben. Die Frage ist jetzt, ob man diese G30/G60-Verglasung außen macht, was sehr teuer und aufwendig ist oder eine BMA. Wenn man eine BMA aber einbaut, dann ist nach meiner Ansicht nach es nicht schlüssig, diese für alle Hausbereiche zu machen, sondern dann eigentlich nur in den Bereichen angrenzend zum Treppenhaus, welche eben gefährden.

Mein Punkt ist aber zudem, ob man so eine Abweichung überhaupt kompensieren kann. Das ist in dem vorliegenden Fall vielleicht möglich, aber generell ist mir das als Frage wichtig. M.E. kann man die Schwäche eines Fluchtwegs nicht mindern, indem man die Warnzeit verkürzt.

clammer

Hallo,

eine Abweichung können Sie formal nicht kompensieren, sonst wäre ja es keine Abweichung mehr ;-))

Die "Kompensationsmaßnahme" soll aber das Sicherheitsniveau auf andere Weise gewährleisten, so dass der Abweichung zugestimmt werden könnte.

Wichtig: Es besteht kein Rechtsanspruch auf eine Abweichung; bei einigen Bauämtern werden Abweichungen (fast) überhaupt nicht mehr genehmigt.

Bei Ihren Überlegungen sollte die beachten, dass der notwendige Treppenraum (in der Regel) nicht nur Fluchtweg ist, sondern auch Rettungsweg und damit auch Angriffsweg für die Feuerwehr.

Die angedachte Lösung mit der teilweisen Überwachung durch eine BMA entspricht nicht den einschlägigen Normen und Richtlinien.

Ich halte eine G-Verglasung für einen vertikalen Flucht- und Rettungsweg für nicht ausreichend.

Gruß

C. Lammer

Benutzer_2439

Kompensation als ausgleichende Maßnahme für das Erreichen des gleichen Sicherheitsniveaus war auch gemeint.

Baulich ist bei der besonderen Situation der Treppenraum mit der Verglasung nicht so mit dieser Wärmestrahlung gefährdet. Es ist hier ein großer Luftraum als Galerie dazwischen, die Treppe ziemlich nach hinten gerückt. Zudem ist eine 2. Treppe im 2. Brandabschnitt vorhanden. Insofern ist das Bestandsniveau nicht so schlecht.

Wo ich etwas hake ist der Punkt der BMA. Wenn man nur im Bereich des Treppenraums das Problem hat, dann ist doch nur dort etwas zu tun, um das Sicherheitsniveau zu halten. Ich kann nicht nachvollziehen, dass man dann alles mit BMA ausstatten muss.

Das Problem ist doch, dass im ungünstigen Brandfall ein Feuer in dem seitlichen Bereich infolge Strahlung die Nutzung des Treppenraums einschränken oder gar behindern könnte. Wenn man diesen Bereich überwacht, dann ist die Rettungsfrist ausreichend, die Leute heraus zu bekommen, bevor der Brand diese kritische Phase erreicht hat bzw. er wird frühzeitig bekämpft. Diese frühzeitige Alarmierung kompensiert damit das niedrigere Niveau der Fassade.

Welche Vorschriften geben nun an, dass man keine Teilüberwachung machen kann, sondern nur komplett. Man kann doch z.B. einen durch einen notwendigen Flur klar umrissenen Bereich nehmen. Vielleicht könnten Sie das etwas konkretisieren, worin das Problem liegen soll.

clammer

Hallo mh-ing,

es gibt kein eigentliches "Problem".

In den technischen Regeln (DIN/VDE) sowie in den Versicherungsbedingungen (VdS-Regelwerk) findet man Aussagen zu den Überwachungsbereichen (Voll-, Teil- oder Einrichtungsschutz bzw. Schutz der Flucht- und Rettungswege) sowie zu den Anforderungen an die Abtrennungen zu nicht überwachten Bereichen. Darauf wollte ich, vielleicht etwas unglücklich formuliert, hinweisen. Oft ist leider zu erleben, dass ein "paar Melder an die Decke geschraubt" werden und bei der Abnahme keiner so genau weiß, was da eigentlich abgenommen werden soll.

Gruß

C. Lammer

Benutzer_2439

Der Einwand und Hinweis ist berechtigt. Nach meiner Recherche ist es möglich, eben nur diesen Teilbereich zu überwachen. Jedoch ist das genau zu beschreiben. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob diese BMA in diesem Fall nicht unter die wiederkehrenden Prüfungen fällt. Daher ist eine "so mal hingeschraubte Lösung" sicher nicht möglich und angedacht.

Benutzer_735

nur, was nützt die Überwachung?

Ein gefährdeter/verrauchter Treppenraum wird damit auch keine Sekunde länger nutzbar.

Aus meiner Sicht lässt sich durch die lokal begrenzte BMA (oder Einzelraumüberwachung) das vorhandene Defizit nicht wirksam kompensieren.

Wenn überhaupt, dann bräuchte es schon eine weiträumigere Überwachung und damit eine wirksame "Vorwarnung".

Man stelle sich vor, die Alarmierung löst aus, fluchtartig verlassen alle auf diesen Treppenraum angewiesenen Nutzer ihre Nutzungseinheiten. Noch wärend sie im vermeintlich sicheren Treppen sind, platzt die erste Scheibe und Rauch tritt ein. Panikartig flüchten die noch weiter oben befindlichen Nutzer wieder zurück nach oben - und stehen vor ihren verschlossenen Nutzungseinheitszugangstüren. Vielleicht gelingt´s blind die Tür zu öffnen, vielleicht aber auch nicht.

Stefan Blümel

Benutzer_2439

Ändert eine flächendeckende Überwachung an diesem Szenario etwas? Wenn der Brand im gefährdeten Bereich ausbricht, ist es egal, ob nun das gesamte Gebäude oder nur dieser Teil überwacht wurde (flächige Alarmierung vorausgesetzt). Daher meine ich, dass eine Vollüberwachung kein höheres Niveau bringt als eine Teilüberwachung, jedoch die Vollüberwachung wohl den 5-fachen Preis kostet und zusätzlich wesentlich höhere Folgekosten.

Zur Kompensation: Es kommt wohl auf die Situation an. Hier ist das Treppenraum günstiger gelegen (großer Raum mit Luftraum, Treppen weit von Fassade entfernt), jedoch sehe ich prinzipiell es als überlegenswert an, ob eine BMA wirklich eine Kompensation darstellen kann. Das war ja meine Eingangsfrage. Man könnte sich das Szenario ja wie folgt vorstellen:

Ohne BMA:

Feuer bricht aus, Brandentwicklung ca. 10 min. bis es wirklich bemerkt wird, dann weitere 10 min. bis weitgehend alle im Haus davon bemerken, die letzten flüchten, derweil die Feuerwehr gerade ankommt. Dann ist wirklich eine Gefährdung da, weil nach 10-15min. das Fenster am Brandherd bereits versagt und dann die Verglasung des Treppenraums beansprucht wird.

mit BMA:

Feuer bricht aus und es erfolgt sofort eine Alarmierung. Die Personen flüchten innerhalb der ersten 10 minuten der Brandentwicklung. Das Fenster am Brandherd ist noch intakt. Die Feuerwehr rückt an und kann dann von außen die Fassade kühlen, Brand bekämpfen usw..

Aus diesen Überlegungen heraus ist die BMA als Teilüberwachung eine Erhöhung des Sicherheitsniveaus. Nur weiß ich nicht, ob man wirklich mit der Widerstandsdauer eines nicht qualifizierten Fenster ernsthaft diskutieren kann.

vonhof

Hallo mh-ing,

Sie können die Abweichung nicht mit einer BMA kompensieren. Wir reden hier von einer Außenwand, die feuerbeständig (und damit 90 Minuten halten), in der Bauart einer Brandwand (= defakto F 180) und aus nichtbrennbaren Baustoffen hergestellt sein muss. Das ist die Vorgabe, und nichts anderes. 90/180 Minuten für einen sicheren Treppenraum.

10 Minuten und die Feuerwehr macht den Rest schon irgendwie entspricht also kaum dem Schutzziel.

Dabei gilt ohnehin als allgemeiner Grundsatz: Es ist keine Kompensation durch Anlagentechnik möglich. Auch nicht mit einer Sprinkleranlage. Jede Anlagentechnik hat Ausfallwahrscheinlichkeiten, und daher darf bei der Sicherung von Rettungswegen keine Anlagentechnik herangezogen werden. Auch RWAs sind keine Technik zur Sicherstellung von Rettungswegen. Einzige Ausnahme: Die Rauchfreihaltung für Sicherheitstreppenräume. Und da sehen Sie sich bitte einmal an, was für ein "Aufstand" getrieben wird, um Lüftungstechnik sicher hinzubekommen, wenn diese eingesetzt wird. Absolute Redundanz.

Die BMA ist für den Treppenraum keine Erhöhung des Sicherheitsniveaus. Schutzziel nicht erreicht. Also: Finger weg und weder jetzt noch in Zukunft darüber nachdenken. Sie können den Treppenraum nur baulich in Ordung bringen. Und deshalb finden Sie - wie Sie selber geschrieben haben - in den früheren Beiträgen auch sich nichts zur Kompensation. Es gibt schlichtweg keine Kompensation. Und auch die von Ihnen erwähnte G 30/G 60-Verglasung ist schon eine dicke Abweichung, über die Sie lieber zwei Mal nachdenken sollten.

Noch zu Ihrer letzten Frage: Gibt es überhaupt eine verbindliche Festlegung dieser 2,5m- Abstandsfestlegung?

Nein, gibt es nicht. Aber in anderen Regelwerken/Richtlinien sind diese zur Sicherung der Ausgänge zum Treppenraum verankert.

Gruß

Alexander Vonhof

brandsicher

Wäre es nicht auch möglich den TR des anderen BA im Rahmen einer Abweichung mit Kompensation durch automatische Alarmierung (die eingangs vorgeschlagene BMA) als Rettungsweg und den verglasten TR als 2. RW auszuweisen. Dieser wird durch einen Brand im anderen BA doch mit Sicherheit nicht gefährdet.

mfG

u. drechsler

clammer

Hallo mh-ing,

die einzige "richtige" Lösung ist aus meiner Sicht (aus der Ferne) die F-Verglasung.

Ach ja, zumindest in NRW würde die BMA grundsätzlich unter die WKP fallen - zumindest wenn das Bauamt aufmerksam war ;-))

@vonhof,

Ihren Ausführungen muss ich wiedersprechen - oder ich habe sie falsch verstanden.

" ... darf bei der Sicherung von Rettungswegen keine Anlagentechnik

herangezogen werden."

Natürlich wird bei der Sicherung von Rettungswegen Anlagentechnik eingesetzt: RWA, Sicherheitsbeleuchtung, Druckbelüftung etc.

Jedoch sieht das Baurecht- und das nicht nur für die Anlagentechnik - eine grundsätzliche Redundanz vor, nämlich zwei Rettungswege. Beim Sicherheitstreppenraum hingegen fehlt diese Redundanz; deshalb sind hier noch höhere Anforderungen zu erfüllen.

Gruß

C. Lammer

vonhof

Hallo Herr Lammer,

jetzt muss ich einen kleinen Ausflug in die Sicherheitstheorie machen.

Das, was in Deutschland landläufig mit "Sicherheit" bezeichnet wird, hat zwei unterschiedliche Bedeutungen. Im englischen Sprachraum wird da deutlich unterschieden: Security and Safety. Also Sicherung und Sicherheit. Oder wie es in Autozeitschriften öfter heißt: aktive und passive Sicherheit.

Zur Sicherung (das war so gemeint, wie ich es hingeschrieben habe) des Rettungsweges können sie keine Sicherheitseinrichtungen verwenden. Jede Anlagentechnik dient der Sicherheit, nicht der Sicherung. Diskutiertes Ziel ist hier aber die Sicherung des Treppenraumes.

Um zu den Automobilen zurückzukommen: Ein Auto hat mehrere Sicherheitseinrichtungen, wenn man Sicherheit als Überbegriff für Sicherheit und Sicherung verstehen will. Z. B. Fußbremse, Handbremse, Sicherheitsgurt, Airbag, Gurtstraffer. Die Bremsen dienen im eigentlichen Sinne der Sicherung (und zwar redundant), Gurt und Airbag der Sicherheit. Auf die Frage von mh-ing übertragen: Er schlägt vor, die Bremsanlage entfallen zu lassen und dafür einen Airbag einzubauen, weil das insgesamt das Auto kostengünstiger macht. Niemand würde, so unterstelle ich mal, diesem zustimmen oder ein solches Auto kaufen.

Beim Einbruchschutz ist es dasselbe: Wenn ich einen Einbrecher nicht in meinem Haus haben will, baue ich keine EMA ein (= Sicherheit), sondern einbruchhemmende Türen und Fenster (= Sicherung).

Zurück zu Ihrer Anmerkung: Wenn Sie schreiben "Natürlich wird bei der Sicherung von Rettungswegen Anlagentechnik eingesetzt" stimmt das so eben nicht. Die Anlagentechnik dient der Sicherheit, nicht der Sicherung. Mit der Anlagentechnik können Sie z. B. größere Rettungsweglängen realisieren. Aber nicht die Sicherung der Rettungswege aufheben.

Das ist jetzt schwarz/weiß gemalt, und Schattierungen gibt es sicherlich, vor allem beim Einsatz von Sprinkleranlagen. Sicherheitsbeleuchtung, BMA und RWA haben auf die Sicherung der Rettungswege jedoch keinen Einfluss. Die Rauchableitung schon gar nicht, diese ist niemals eine Einrichtung, die dem Personenschutz dient, sondern immer nur die Brandbekämpfung unterstützt. Eben anders als Anlagen zur Rauchfreihaltung.

Gruß

Alexander Vonhof

WernerMueller

Das ist ja O-Ton Prof. Compes, Gott habe ihn selig.

scnr

Werner Müller

Benutzer_2439

Wenn das so richtig wäre, ist die Industriebaurichtlinie ein falscher Weg, weil hier Anlagentechnik (Melder, Sprinkler usw.) genutzt werden, um die baulichen Anforderungen (Flächen BBA ....) zu reduzieren. Andere Sonderbauverordnungen gehen in selbe Richtung.

Das Sicherheitsniveau wird aus passiver (baulicher) und aktiver (Anlagen, Organisation...) gebildet. Der Standardfall des Baurechts ist, dass nur mit passiver Sicherheit das Niveau erreicht wird. Wenn man den passiven Teil aber als unveränderbar festlegt und keine Anrechnung von Anlagentechnik zulässt, dann können wir letztlich gleich aufhören Brandschutzkonzepte und -planungen zu erstellen. Es gilt dann nur das geschriebene Baurecht und kein Jota ist davon abzurücken.

vonhof

Hallo,

bei der Industriebaurichtlinie wird Safety und Security nicht vermischt. Die Fläche des Brandabschnittes (Sicherheit) hat ja nichts mit der Wand (Sicherung) als solches zu tun. Wenn Sie eine Sprinkleranlage einbauen, wird die Größe geändert (die Systemgrenze wird geschoben), aber die Wand (Systemtrennung) bleibt die selbe.

Das Sicherheitsniveau wird nicht angetastet (oder jedenfalls als gleichwertig akzeptierte), aber die Brandwand bleibt trotzdem eine Brandwand.

Gruß

Alexander Vonhof

Benutzer_2439

Bezüglich der Brandwände ist das zutreffend. Jedoch bezüglich der Feuerwiderstandsdauer der Stützen/tragenden Bauteile ist das nicht korrekt. Hier mindert die Richtlinie von F30/F60/F90 der Bauordnung auf F0 ab und setzt hier ganz gezielt über die Sicherheitskategorie (aktive Sicherheit) die passive Sicherheit (Feuerwiderstandsdauer) herab.

Je nach Anwendung von aktiver Sicherheit ist die Fläche des Brandabschnitts deutlich erhöht, während hier die Bauordnung 40mx40m statisch definiert.

vonhof

Na, jetzt geht´s aber langsam durcheinander.

1: Mit ihrem Beispiel bleiben Sie immer noch in den Systemgrenzen, und Sie reden über Sicherheit, nicht über Sicherung. Die ursprüngliche Frage aber betraf die Systemtrennung (NE und TR) und die Sicherung der Systemgrenze.

2: Sie reden nicht über Rettungswege oder Personensicherheit, sondern über Standsicherheit und Flächengrößen. Die Frage und meine Antwort betraf aber ausdrücklich die Personensicherheit (Sicherung der Fluchtwege).

3: Die 40 m für die Länge des Brandabschnittes sind alles andere als statisch. Die 40 m stehen aus verfahrensrechtlichen Gründen in der Bauordnung. Es stand einmal im Raum, einen Flächenbezug in die MBO aufzunehmen, wie in den Sonderbauverordnungen auch. Die ARGEBAU hat aber beschlossen, wenn ein Gebäude länger als 40 m ist, soll ein Abweichungsantrag gestellt werden, damit das Vier-Augen-Prinzip gilt. Daher sind die geregelte Sonderbauten zumeist von den 40 m ausgenommen und mit einem Abweichungsantrag auch alle anderen Gebäude, wenn eine Abweichung in Betracht kommt, was zumeist der Fall ist.

Schöne Grüße

Alexander Vonhof

Benutzer_1496

Vielleicht wäre dies eine Lösung:

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MfG

Hans