1. Rettungsweg ≤ 35m über Treppe in Freie

Benutzer_2812

Guten Tag!

Wir haben folgende Situation: Ein zweigeschossiger Bürogebäude (Bestandsbau) in Baden-Württemberg mit Gebäudeklasse 3 hat eine Treppe, welche ohne extrem großen Aufwand nicht als notwendige Treppe ausgeführt werden kann. Es wurden Büros mit Glaswänden zum Treppenraum angeordnet.

Der 1. Rettungsweg von den Büroräumen ist ≤ 35m über die Treppe bis zum Ausgang ins Freie.

DIE FRAGE: Ist man hier trotzdem gezwungen, einen notwendigen Treppenraum zu schaffen, auch wenn der Rettungsweg nicht länger als 35m bis ins Freie ist?

Hintergrund:

Das Gebäude hat erhebliche brandschutztechnische Mängel. Es ist 67m lang ohne Brandwand. Die Baugenehmigung (von 1972) wurde beim Bau nicht eingehalten. Treppen teils aus Holz. Nutzungseinheiten ≥ 400qm.

Ein notwendiger Treppenraum ist nicht zu schaffen, eher müsste eine Außentreppe für den 1. Rettungsweg verwendet werden.

nochmals ...

DIE FRAGE: Ist man hier trotzdem gezwungen, einen notwendigen Treppenraum zu schaffen, auch wenn der Rettungsweg nicht länger als 35m bis ins Freie ist?

Für Antworten bin ich sehr dankbar!

Benutzer_2375

Generell gilt die Forderung nach der BauO 1972 BW.

Wenn die Baugenehmigung keine Abweichungen oder ähnliches Formuliert und ggf. Kompesationmaßnahmen nennt, gelten erstmal die Forderungen nach der BauOrdnung. Sollte das Baurecht zwischendurch den Bestand so wie er nun da steht als genehmigungsfähig bezeichnen, ist das Gebäude nur formal Illegal (was ich so erst mal nicht glaube).

Ich denke Sie kommen nicht um Aufwertungen der Treppenräume oder die Außentreppe herum.

Benutzer_1326

Klären Sie mal was bei Bauausführung gegenüber Baugenehmigung illelgal war und ist. Klären Sie dahingehend Abweichungen, sonst übernehmen Sie die Haftung für die Illegalität, obwohl sie sie nicht verursacht haben. Sie wissen um die Umstände und hätten ja klären können.

Wenn Ihnen schon klar ist, dass Sie wohl ein Treppenraum benötigen, dann Stellen Sie ihn her. Selbst wenn er die hochgesteckten ansprüche vielleicht nicht erfüllt, ist es eine verbessernde Maßnahme die Ihnen sicher überhaupt ermöglicht in Zustimmung des BOA weiterzumachen.

Benutzer_465

Hallo!

wenn schon der Brandschutz auch an anderer Stelle nicht stimmt, müssen umso mehr die Anforderungen an den notw. Treppenraum eingehalten, also nachträglich hergestellt werden.

Eine Möglichkeit, das zu umgehen, wäre evtl. der Anbau eines 2.baulichen Rettungsweges, also Außentreppe, und insgesamt ein stimmiges Brandschutzkonzept machen.

M. Koeppen

Benutzer_466

Wie ist denn die Argumentation bezüglich des Rettungsweges mit einer Länge weniger als 35 m Lauflänge einzuschätzen wenn der Weg über eine Treppe führt; ist so etwas zulässig oder nur ein Wunschgedanke?

... das war, glaube ich, die Kernfrage von jstahl ...

Benutzer_822

GK 3 ist großflächig zulässig und fordert deshalb Treppenräume so, daß sie < 35 m Fluchtlänge erreicht werden. Bei 67 m Gesamtlänge sind das wohl 2 oder 3 erforderliche Treppenräume. Ist das alles e i n durchgehendes Büro über 2 Etagen und 67 m Länge ? Eher nicht. Trennwände zwischen den Abteilungen und irgendwo "mittig" eine konsequente Brandwand. Wer soll denn die gesamte Hütte löschen können ? Oder ost der Totalverlust "egal" ??? Dann ist heute eine Firma normalerweise platt, weil keine EDV mehr tut, keine Kundenkartei, keine Rechnungsstellung, keine Produktionssteuerung ...

und nicht versicherbar. mfg Schächer

firefly

Eine Treppe innerhalb eines Gebäudes benötigt zunächst ja immer ein "Loch in der Geschoßdecke". Wenn die Treppe nicht in einem odentlichen Treppenraum steckt, werden durch diese Öffnung mehrere Ebenen miteinander verbunden.

Hier ist also keineswegs die Rettungsweglänge, welche mit 35m wohl eingehalten ist, das Problem!

clammer

@jstahl

Für Ihren Fall gibt es zunächst einmal zwei grundsätzliche Möglichkeiten:

1. Sie stellen den genehmigten Zustand her.

2. Sie machen eine neues Brandschutzkonzeot und anschließend ein neues Genehmigungsverfahren.

Diese Frage sollten Sie zunächst klaren. Dann kann man über Details reden.

Die Diskussion, ob der Treppenraum notwendig ist oder nicht, oder ob eine Außentreppe möglich ist, ändert nichts am rechtswidrigen Zustand des Gebäudes und führt daher (zunächst) nicht zum Ziel.

Dass unter Umständen hohe Kosten auf den Eigentümer zukommen, ist eine ganz andere Frage. Hier muss unter Umständen geprüft werden, ob ein Regreß der damals Beteilgiten in Frage kommt; den der Architekt schuldet u. a. ein rechstskonformes Gebäude!

Gruß

C. Lammer

Benutzer_2812

Die Frage hieß ja: Ist man hier trotzdem gezwungen, einen notwendigen Treppenraum zu schaffen, auch wenn der Rettungsweg nicht länger als 35m bis ins Freie ist?

Diese Frage stellt sich auch bei der Planung eines Neubaus! Es würde doch Kosten sparen, wenn kein notwendiger Treppenraum zu erstellen wäre!

Mir geht es nicht um die Diskussion, wer nun in der Vergangenheit sich was zu Schulden kommen ließ. Das muss der Inhaber mit dem Baurechtsamt regeln, der muss ja nun auch den Brandschutz bezahlen.

Benutzer_2812

@firefly

Danke für die Antwort, dass hat bei der Frage sehr geholfen!

clammer

Ich habe Ihre Frage schon verstanden; die Antwort lautet im ersten Fall: JA.

Im zweiten Fall kann man vielleicht auch zu einer anderen Lösung kommen; dies lässt sich aber pauschal nicht per Ferndiagnose in einem Forum beantworten. Aber auch hier zunächst mal: JA.

Und noch mal: Die Diskussion, ob der Treppenraum notwendig ist oder nicht, ändert nichts am rechtswidrigen Zustand des Gebäudes und führt daher (zunächst) nicht zum Ziel. Auch wenn er - rein fiktiv - nicht nötig wäre; wenn es in der Baugenehmigung steht, müssen Sie ihn bauen (oder Fall 2 anwenden).

Die 35 m Fluchtweglänge beziehen sich grundsätzlich nur auf die horizontale, nicht aber auf die vertikale Rettungswegführung.

Gruß

C. Lammer

P.S. Momentan planen Sie keinen Neubau, sondern, so wie Sie es beschreiben, handelt es sich - scharf formuliert - um ein rechtswidrig betriebenes Gebäude. Wenn das Baurechtsamt den nicht sicheren 1. Rettungsweg (und die anderen Mängel) als "konkrete Gefahr" ansieht, haben Sie ggf. ganz andere Probleme am Hals als die Kosten ...

Benutzer_2812

@clammer

vielen Dank Herr Lammer für Ihre Antwort! Mir ist bewusst, dass das Gebäude eine konkrete Gefahr darstellt. Deshalb verfügt das Gebäude schon seit Wochen über eine Mobile Brandmeldeanlage (flächendeckend mit Aufschaltung auf FW).

Das Brandschutzkonzept ist nun fast fertig. Es wird einen korrekt ausgeführten notwendigen Treppenraum geben und jeweils zwei bauliche Rettungswege (als Kompensation für NE ≥ 400qm).

Dabei war nicht viel nötig um zwei baul. RW herzustellen ? es ergab sich einfach.

Eine Sache ist noch die fehlende Brandwand. Diese können wir schlecht kompensieren, da die Feuerwehr mit dem Fahrzeug nur an einer Stelle am Gebäude anfahren kann. Evtl. müssen wir nachträglich eine Brandwand bestimmen/herstellen.

Da das Gebäude jedoch nie nach Vorgaben des Baurechtsamts errichtet wurde, sehen wir kein Problem darin, teilweise Anforderungen wie bei Neubauten durchzusetzen. Das Baurechtsamt steht hinter uns und wird den Laden schließen, wenn die Maßnahmen zum Brandschutz nicht umgesetzt werden.

clammer

@jstahl

Da sind Sie ja auf einem guten Weg!

Zum Thema Brandwand noch ein paar Gedanken (aus der Ferne) zur "Kompensation":

- Geschossfläche deutlich kleiner 1600m?

- Abtrennung von kleineren Bereichen in F90/F30

=> sind dann zwar keine Brandabschnitte, aber die Ausbreitung wird verzögert

Gruß

C. Lammer