Flughafen Berlin-Brandenburg

Benutzer_465

Liebe Kollegen -

wer weiß Genaueres zu den Brandschutzmängeln des Vorhabens?

soweit ich jetzt aus der Presse entnommen und gedeutet habe,

sollte z.B. eine Interimslösung so aussehen,

daß Auslösefunktionen der Brandmeldeanlage manuell (von insgesamt 700???) Mitarbeitern übernommen werden sollten (z.B. Schließen von Brandschutztüren), also eine menschliche Brandfallmatrix bzw. Zitat "Mensch-Maschine-Schnittstelle".

Weiß jemand näheres?

Michael Koeppen

Benutzer_2219

Ja tatsächlich war geplant, dass Hilfspersonal für die Zeit bis zur Inbetriebnahme der Brandschutzanlagen manuell diese Dinge (Türen, Brandschutzklappen, Rauchabzüge etc.) bedient. Wohl immer 2 Leute pro Element. Man hatte seitens der Unternehmen wohl auch darauf hingewiesen, dass die Inbetriebnahme nicht vor Winter 2012/13 fertig wäre.

Da die Schnittstellen bzw. Steuerungen der Anlagen untereinander noch nicht (komplett) montiert bzw. vorhanden sind, wurde das im Winter/Frühjahr wohl von Flughafenbetreiber so geplant in der Hoffnung damit durchzukommen.

Das die Inbetriebnahme und Abnahme der Brandschutzanlagen nicht bis Juni machbar sein würde, war ja im Winter intern schon bekannt.

Man hatte ja auch gewollt, dass die entsprechenden Gewerke nach Eröffnung des Flughafens nachts arbeiten, um diese Arbeiten fertigzustellen. Was wohl von denen abgelehnt wurde, da diese Arbeiten und die entsprechenden Überprüfungen ja nicht bei laufendem Betrieb (Menschen im Terminal, Flüge auch nachts) stattfinden können.

Dass der Landkreis unter diesen Umständen die Eröffnung abgelehnt hat, finde ich begeisterungswürdig. Man hatte schon gedacht, die kommen damit durch.

Benutzer_2375

Wenn ich mich recht erinner wurde in einer Berichterstattung sogar erwähnt, dass die verbauten Brandschutzklappen noch keine Zulassung gehabt haben.

Benutzer_735

das Bauamt in KW ist fachlich besser als manche bei uns im Westen meinen.

Und der aufrechte Gang gehört dort noch zum Alltag.

Meine Erfahrungen aus der Konversions-Zeit CargoLifter zu Tropical Islands: entgegenkommend bis an die Grenze des Zulässigen aber hart in der Sache.

Da gibt´s noch Mitarbeiter auf operativer Ebene, die zur Not am Wochenende Schlußabnahmen erteilen - aber mit der Siegelrolle in der Hand bereit sind einen Betrieb stillzulegen (wenn´s denn unbedingt sein muss).

Wenn die jetzt Schönefeld nicht in Betrieb gehen lassen

a) Hochachtung und

b) dann liegen echte Probleme vor.

Und wenn ich höre, dass 700 MA "organisatorische Maßnahmen" in täglichen Betrieb umsetzen sollen... da wünsche ich Herrn Z. starke Nerven.

Stefan Blümel

Benutzer_978

Wo liegen die erwähnten Probleme im organisatorischen Brandschutz und im Notfallmanagement?

Benutzer_2092

Die Interimslösung ist ja nun vom Tisch und obgleich die Eröffnung verschoben wurde, verzweifeln die "Experten":

http://www.spiegel.de/reise/aktuell/flughafen-berlin-brandenburg-ber-eroeffnung-im-maerz-in-gefahr-a-839038.html

Mich würde ja schon sehr interessieren wie das BS-Konzept aussieht und wo die konkreten Probleme liegen. Meine Vermutung zu viel Steuerung...hat jemand mehr Informationen?

clammer

Ob die Eröffnung "nur" wegen des Brandschutzes verschoben wurde, darf bezweifelt werden, da die oben erwähnte "Mensch-Maschine-Schnittstelle" auch für andere Betriebsabläufe vorgesehen war, um den Termin zu halten.

Es geht bei den brandschutztechnischen Problemen nach meinem Kenntnisstand eigtenlich um zwei Bereiche: Zum einen um die Verknüpfung der einzelnen Gewerke, also vereinfacht um die Brandfallsteuerung. Und zum anderen hat man es sich nicht nehmen lassen, für ein solches Prestigeobjekt neuartige brandschutztechnische Anlagen zu konzeptionieren, die wohl (noch) nicht so funktionieren, wie man sich das vorgestellt hat.

Bitte haben Sie aber auch es Verständnis, dass zum jetzigen Zeitpunkt, wo es neben den technischen auch um juristische, politische und ökonomische Fragestellungen geht, die öffentliche Weitergabe von Informationen noch zurückstehen muss.

Gruß

C. Lammer

firefly

Sehr peinlich, was da in Berlin abläuft!

Aber am meisten nervt mich dabei, dass hier der Eindruck erweckt wird, dass die "Brandschutzanlage" (was auch immer das sein soll), also der Brandschutz, trotz des unblaublichen Missmangements, hauptverantwortlich für die Verzögerungen und die Kostensteigerungen ist.

Totschlagargument Brandschutz!

Und ganz nebenbei watscht man uns alle ab, die wir mit dem Brandschutz zu tun haben....

Der Brandschutz bei Verkehrs-Großprojekten in Stuttgart, Berlin - und neuerdings auch in München - bringt eine ganze Branche in Verruf.

Benutzer_2664

@ firefly: Das sehe ich auch so. Man macht heute gerne die "überzogenen Brandschutzbestimmungen" für alles mögliche Verantwortlich (landläufige Meinung). Immer wieder erkläre ich Bauherren oder Bekannten, dass die Vorschriften heute gar nicht so viel strenger sind als früher, man achtet heute nur konsequenter auf deren Umsetzung. Meiner Meinung nach auch dadurch, dass private Fachplaner und Sachverständige für ihre Arbeit auch persönlich haften.

Ich war vor zwei Jahren auf einer kleinen urgemütlichen Berghütte, von denen es leider immer weniger gibt. Man sagte mir, dass die Hütte aufgrund des Brandschutzes abgerissen und durch ein neues 120-Betten-Haus ersetzt werde. Da wird der Brandschutz schon als politisches Instrument missbraucht. Schade, dass das ganze schon beschlossen war, ich hätte Lust gehabt unentgeldlich ein Gutachten zu erstellen um die Hütte zu retten. Bei der kleinen Hütte hätte es vollkommen ausgereicht einen zusätzlichen Ausgang ins Freie zu schaffen und ein paar gute vernetzte Rauchmelder aufzuhängen ...

Gruss PF

clammer

Das Trauige ist, dass die plaktive "Unterstellung" nicht so ganz falsch ist. Dass Ursache und Wirkung oftmals nicht getrennt werden, ist leider häufig so.

Wenn zum Beispiel die Kofferbeförderungsanlage nicht ordnungsgemäß funktioniert, ist das nun einmal nicht Sache der zuständigen Baubehörde ...

Ich persönlich finde es richtig, dass die zustänidge Behörde die Inbetriebnahme verweigert, solange die brandschutztechnischen Einrichtungen nicht funktionieren.

Wir haben es ja zum Beispiel in Duisburg gesehen, wenn "Bedenkenträger" beiseite geschoben werden und solange Druck auf einzelne MitarbeiterInnen ausgeübt wird, bis eine(r) die Genehmigung unterschrieben hat - als es dann schiefging, hatten plötzlich die "Drücker" nichts mehr mit der Sache zu tun ...

P.S. Auffällig ist ja, dass es gerade bei den "Prestigeobjekten" mit "herausragender" Architektur zu den Brandschutz-, Termin- und Kostenproblemen kommt - ein Schelm, der hier einen Zusammenhang sieht ;-))

Gruß

C. Lammer

Benutzer_594

Es ist doch oft so, das für die "herrausragende Architektur" die Grenzen des technisch Möglichen ausgereizt werden. Ob nun z. B. durch weitgepannte freitragende Dächer, Änderung eingeführter konstruktiver Details, oder eben auch Brandschutzbelange.

höher, schneller, weiter...

Und um die Grenzen immer weiter ausreizen zu können, werden ja immer mehr und immer komplexere "Kompensationsmaßnahmen" eingeplant, die sich dann oft auch noch gegenseitig beeinflussen.

Bei einem eh schon überspannten Bogen verbleiben kaum Reserven z. B. für Unvorhergesehenes; Wenn dann halt einzelne Fasern versagen... kracht es halt.

Viele Jahre Baustellenerfahrung haben mir gezeigt, das es immer mal Unvorhergesehenes gibt, egal ob es die kleine Hütte oder das Großprojekt ist...

Mattes

Wenn ich die Presse verfolge, entnehme ich daraus, dass u.a. am Brandschutzkonzept vorbei gebaut wurde.

Und das ist ein Thema, das auch bei weniger prestigeträchtigen Objekten bei uns recht häufig so vorkommt.

Das Brandschutzkonzept liest sich wunderbar, aber bei der Ausführung vor Ort und bei der Abnahme zeigt sich, dass die Umsetzung nicht mehr so wirklich dem Brandschutzkonzept entspricht oder Brandschutzbauteile erst gar nicht zulassunggemäß eingebaut werden.

Und da kommt nach meiner Wahrnehmung die örtliche Politik ins Spiel: und so eröffnen auch bei uns in kleinen Städten große Verkaufsmärkte, ohne dass z.B. die BMA i.O. oder aufgeschaltet ist; schließlich steht der Eröffnungstermin und da kommt dann ja der Bürgermeister...

Und der kleine Mann wird gedrückt bis auf den letzten Buchstaben des Gesetzes: so ist das Leben wohl überall, und mich kotzt es manchmal richtig an- sorry für die Ausdrucksweise, aber da kocht es in mir!!!

Daher auch ohne Kenntnis der Einzelheiten in Berlin: aus meiner Sicht Hut ab vor den Behörden, Sachverständigen oder anderen am Bau Beteiligten, die diesen Klüngel nicht mittragen und sich trauen, auch gegen Ministerpräsidenten und Prestigeprojekte anzustinken...

Gruß

Matthias Bußmann

clammer

Die Ursachen sind doch immer die gleichen:

- unzureichende Planung

(manches Planungsbüro ist nur noch "Postverteiler" - mit Email heute besonders einfach).

- Das Brandschutzkonzept wird nicht in eine Fachplanung überführt

("Das Brandschutzkonzept ist Bestandteil des Auftrags und in allen Punkten einzuhalten.")

- ´Der Brandschutz´ wird bei der Planung und Ausführung hinten angestellt

- Die Zeit zur Inbetriebnahme brandschutztechnischer Einrichtungen wird unterschätzt.

(Beispiel BMA: ohne abgehängte Decke keine Melder, ohne Melder keine Parametrierung der Anlage, ohne richtige Pläne keine Laufkarten, ohne Parametrierung und 100%-Test keine Abnahme durch den SV, Zeit zur Mängelbeseitigung, ... ... ...)

- Für den Nachweis der Wirksamkeit neuartiger oder nicht regelkonformer Anlagen ist keine Zeit eingeplant; erst recht nicht für ggf. notwendige Nachbesserungen oder der Nachweis wird für nicht erforderlich gehalten

- Personaleinsparung bei der öffentlichen Hand (als Bauherr) zur Kontrolle und Überwachung der Baustelle

- langwierige Rechtsverfahren zur Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber Planern und Firmen

- mangelnde Abstimmungen zwischen den Planungsgewerken

("Strom für die BMA liefert Gewerk Elektro", dieses weiß aber davon nichts)

- Vergabe an den billigsten und nicht - wie in der VOB vorgesehen - wirtschaftlichsten Bieter

- Auftragnehmer, die für die Arbeiten, die sie angenommen haben, fachlich nicht geeignet sind, entsprechende Geräte nicht besitzen und auch solche Leistungen nicht "einkaufen"

- Termine, die politischen Vorstellungen entspringen, aber fernab jeder Realität sind

- Der Drang von Architekten und Verantwortlichen, Neues/Einmaliges zu schaffen ohne dessen die Umsetzung - nicht nur in baurechtlicher Sicht - vor der Realisierung auch nur ansatzweise erforscht zu haben.

- Beauftragung von Planern (und Architekten - gerade nach Wettbewerben), die mit dem Projektumfang überfordert sind.

- unklare Planungs- und Nutzungsvorgaben durch den Bauherrn

- unzureichende bis keine Entscheidungsfreudigkeit

- Änderungswünsche des Bauherrn und/oder Architekten während der Planung und/oder der Ausführung

... ... ...

Gruß

C. Lammer