Hallo Herr Bußmann,
ich stimme Ihnen insoweit zu, dass in NRW mehr Urteile gefällt werden. Das liegt aber daran, dass die anderen Gerichte erst mal schauen, ob das formelle Recht überhaupt eingehalten ist. Und damit kegeln sich die meisten Bauämter außerhalb NRW´s schon mal raus, so dass materielle Betrachtungen erst gar nicht erforderlich werden. NRW sieht das mit Verfahrensfehlern nicht so eng. Is´ ja nicht so schlimm. Muss auch gar nicht begründet werden, wenn Bürgerrechte eingeschränkt werden. Kann auch hinterher vor Gericht geradegebogen werden...
Dass die NRW-Urteile auf "Einhaltung der LBO, nicht mehr und nicht weniger..." beruhen sollen, das kann ich nun allerdings gar nicht nachvollziehen. Außer eben, wenn man Gummi dehnt und alles mit § 17 begründet. Dann kann ich es doch nachvollziehen, halte es aber für aberwitzig. Wozu brauche ich ein Gesetz, das "Bauordnung" heißt, wenn ein Sachbearbeiter, dem irgendwas daran nicht passt, dieses einfach mal so aushebeln kann? Wobei ich jetzt vom Regel- oder geregelten Sonderbau spreche, nicht von echten Einzelfallbetrachtungen.
Und dazu kommt, um es mit den Worten des Leiters des Bauamtes der wohl größten Bauaufsicht in NRW zu sagen: Es ist nicht verboten, rechtswidrige Baugenehmigungen zu erteilen. Da hat er wohl Recht, denn die Judikative gibt ihm Recht. Merkwürdigerweise werden dem Vernehmen nach in dieser Stadt auch die meisten Gerichtsverfahren wegen des Brandschutzes angestrengt...
Dass in NRW mehr Urteile gefällt werden, führe ich noch auf einen anderen Umstand zurück: Würde NRW mal vernünftige Gesetze und Verordnungen verabschieden, müssten die Gerichte auch weniger entscheiden. Dass die BauO NRW - mal abgesehen davon, dass sie die älteste Bauordnung Deutschlands ist - nicht wirklich praktikabel ist, erschließt sich erst, wenn man gleichzeitig in MBO-basierten Ländern tätig ist und den direkten Vergleich hat. Aber ich habe bei unserem Bauministerium nicht viel Hoffnung, dass sich mit der neuen und seit langem versprochenen BauO NRW viel ändern wird. Dabei war NRW nach dem Flughafenbrand in Düsseldorf mal selbst ernannter Vorreiter des Brandschutzes. Da ist meines Erachtens, 15 Jahre und einen Temme später, nicht viel von übrig geblieben. Aber vielleicht ist es deswegen auch erklärtes Ziel des Ministeriums, Gummigesetze zu machen, um die Verantwortung auf die unteren Baubehörden zu verlagern, die dann überfordert sind, aber trotzdem recht bekommen. Wer weiß das schon so genau?
Klingt alles zu gehässig? Mit Sicherheit. Aber das ist die Erfahrung eines Brandschützers, der in mehreren Bundesländern tätig ist, und weiß, dass es auch anders geht. O. k., es gibt Länder, da ist es trotz neuer Bauordnung noch schlechter als in NRW. Aber die müssen ja nicht der Maßstab sein.
Ich denke, auch in Zukunft werden die Gerichte in NRW viel zu tun haben.
Gruß
Alexander Vonhof