Fluchtwegbreite Arbeitsstättenrecht

n-ludwig

Hallo Zusammen,

ich wollte mal eine Umfrage starten, wie die Allgemeinheit der "Brandschützer" so mit den Vorgaben der ASR in Bezug auf Fluchtwegbreiten umgeht. Gemäß den Arbeitsstättenrichtlinien genügt eine Fluchtwegbreite von 1 m ja nur für bis zu 20 Personen, die auf den Fluchtweg angewiesen sind. Wenn die Versammlungsstättenrichtlinie erst ab 200 Personen eine Breite von 1,20 m fordert, finde ich es quatsch dies in Arbeitsstätten schon für 21 Personen vorzusehen. Aber so sieht es nunmal die ASR vor und ich mache immer mehr die Erfahrung, dass Architekten uns Brandschutzplaner zu dieser Fragestellung einbeziehen, denn für den Arbeitsschutz scheint sich ja keiner mehr zuständig zu fühlen. Ist die ASR in diesem Fall verbindlich oder nur eine Empfehlung (, die in der Regel nicht umgesetzt wird, jedenfalls nicht in Bezug auf Treppenraumtüren und Treppenbreiten).

Wäre interessant, Ihre Meinungen zu hören.

Schöne Grüße, Nadja Ludwig.

Mattes

Hallo Frau Ludwig,

als Prüfer der Brandschutzkonzepte lege ich zunächst das Bauordnungsrecht zugrunde und lasse das Arbeitsstättenrecht links liegen. Wenn die Arbeitsschützer mehr wollen als nach Baurecht gefordert, müssen sie das in ihren Stellungnahmen zum Ausdruck bringen.

Es gibt aber auch begründete Ausnahmen, wenn ich z.B. an Labore oder Gefahrstofflager denke. Da lehne ich mich dann an die Anforderungen des Arbeitsschutzes an, gehe ggf. aber auch darüber hinaus: denn für solche besondere Gefahrenlagen ist sowieso der Einzelfall zu betrachten und weitergehende Anforderungen sind ausreichend zu begründen.

Daher ist das Arbeitsstättenrecht für mich eine Hilfe, aber keine Grundlage meiner Prüfung...

Gruß

Matthias Bußmann

Benutzer_2375

Also wenn man davon ausgeht, dass es einige Männer mit Schulterbreiten von 80cm und mehr gibt, finde ich persönlich 1m Flurbreite in normalen Arbeitsstätten für recht eng.

Da dort ggf. auch noch einmal eine Pflanze hingestellt, ein Stuhl gebraucht oder auch einmal n Prospektständer eingebaut wird.

Wo ist das Problem eine andere Leichtbauwand zu nehmen, welche Platz einsparrt oder eine 11,5 Wand Ks zu mauern und dadurch die benötigten 20cm für den Flur einzusparen.

Die Türbreiten kann man sicher auf 1m beschränken bei einer Personenzahl von unter 50 Personen.

Verstehe das ganze Problem nicht wirklich.

n-ludwig

Hallo JeSchoppi,

meine Frage zielte nicht auf die Flurbreiten sondern auf die Breiten der notwendigen Treppen und Treppenraumtüren ab.

Ein Problem ist das ganze natürlich nicht, aber für den Bauhernn ist es schon ein Kostenfaktor, ob er bei mehreren notwendigen Treppenräumen 1,00m nutzbare Treppenlaufbreite oder z.B. 1,25 m vorsehen muss.

Herr Bußmann, wer prüft denn den Arbeitsschutz? Nach meinem Kenntnisstand ist in Hessen eine solche Prüfung entfallen und der Planer ist für die Einhaltung des Arbeitsschutzes verantwortlich.

MfG, N. Ludwig

Benutzer_2375

Bei einfachen Treppen alte ich 1m für unkritisch, wenn die Personenzahl nicht überhand nimmt, wenn die Türe ins Freie bei 1,25m bleibt, denke ich kann man da über einer Abweichung reden.

WernerMueller

Also JeSchoppi,

mit wem willst Du über welche Abweichung denn genau reden?

Gruß

Werner Müller

Benutzer_2375

Mit dem Bauamt, und der Brandschutzdienststelle sowie dem Amt für Arbeitsschutz, falls es jemandem auffällt.

clammer

Da haben wir es in NRW (noch) einfacher ;-))

Dort muss laut Bauordnung die nutzbare Breite noch immer mindestens 1 m betragen ...

Der in Hessen (und woanders) "größte zu erwartende Verkehr" kann man nun halt mal aus der ASR ableiten.

Übrigens:

Die MSchulBauR und die MHHR fordern jeweils eine Mindestbreite von 1,2 m, die MVkVO gar 2,50m bzw 1,25 m!

Gruß

C. LAmmer

Mattes

Hallo Frau Ludwig,

die Prüfung des Arbeitsschutzes ist in NRW Aufgabe der Bezirksregierung.

Die tauchen auch sporadisch in dem einen oder anderen Betrieb oder auf Veranstaltungen auf, von einer flächendecknden Wahrnehmung dieser Aufgabe kann aber aufgrund der angespannten Personalsituation auf Behördenseite schon länger nicht mehr die Rede sein.

Faktisch ist die Situation also nich anders als in Hessen...

Gruß

Matthias Bußmann

Benutzer_822

Formal sind die Regierungspräsidien zuständig ("Amt für Arbeitsschutz"), z.B. vertreten durch die Außenstelle Frankfurt. Die können von der BA informiert werden und sich die Unterlagen ansehen oder auch kommen und prüfen. Wenn bei einer Arbeitsstelle die Breite nicht ausreichen, ist nachzubessern ...

Die Fluchtwege, Türen, ... müssen breit sein

bis 5 Personen 0,875 m

bis 20 Personen 1,00 m

bis 200 Personen 1,20 m

bis 300 Personen 1,80 m ...

Die Mindestbreite darf durch Einbauten ... nicht eingeengt werden. Eine Einschränkung von max 15 cm bleibt außer Betracht. (ASR 2.3 Abschnitt 5)

bedeutet umgerechnet : tatsächliche Mindestbreite der Tür

bis 5 Personen 0,725 Lichte (zu viel ?)

bis 20 Pers 0,85 m

bis 200 Pers. 1,05 m (weniger als bei der VersStRL)

... usw. sooo geht es meiner meinung nach - mfg Schächer

n-ludwig

Hallo Zusammen,

nach langer Zeit muss ich leider dieses Thema noch einmal aufgreifen.

Das Amt für Arbeitsschutz macht Ärger!

Und zwar wird behauptet, dass bei der Dimensionierung der Türbreiten berücksichtigt werden muss, dass einer der beiden Notausgänge aus der Nutzungseinheit im Brandfall nicht benutzbar ist und die andere Tür die erforderliche Breite für die gesamte Personenzahl aufweisen muss. DAS KANN DOCH GAR NICHT SEIN UND STEHT AUCH SO NIRGENDS! Selbst nach der MVStättVO werden die Notausgangsbreiten ohne Ausfall eines Notausgangs dimensioniert.

Hat jemand noch eine glorreiche Idee, wie man einen "sturen Sachbearbeiter" überzeugen kann...

Danke im voraus!

MfG, Nadja Ludwig

brandsicher

Hat Ihnen der Sachbearbeiter schon erklärt, woher die Forderung hat?

m.f.G.

U. Drechsler

n-ludwig

Er behauptet, dass das Wörtchen "im Bedarfsfall" aus Absatz 5 (3) ASR 2.3 dies bedeutet. Eine sehr vage Interpretation kann ich dazu nur sagen!

N. Ludwig

brandsicher

Hallo Frau Ludwig,

der normale Bedarfsfall ist ja in der Tabelle geregelt. Wenn der Beamte hier eine Gefährdung sieht, sollte er aber auch darlegen, wer eines breiteren Fluchtweges bedürftig ist.

m.f.G.

U. Drechsler

clammer

Hallo Frau Ludwig,

hier liegt m. E. ein begriffliches Missverständnis vor. "Bedarfsfall" stellt einen Überbegriff für alle denkbaren Fälle dar, in denen ein Fluchtweg genutzt werden muss. Also nicht "nur" der Brandfall, sondern auch Bombendrohungen, Evakuierungen wegen Gasauströmungen, Explosionsgefahr etc.

Gruß

C. Lammer

Mattes

Hallo Frau Ludwig,

rechtlich sind wir (Bauaufsicht, Brandschutzdienststelle) da außen vor, denn Arbeitsstättenrecht ist Bundesrecht und Bundesrecht sticht Landesrecht (also Baurecht).

Sofern im Arbeitsstättenrecht nicht explizit auf Regelungen der Bauordnung verwiesen wird, hat man da erfahrungsgemäß schlechte Karten.

Wir haben es allerdings auch schonmal geschafft, den Sachbearbeiter des Arbeitsschutzes für unseren Kreis davon zu überzeugen, dass Türen aus Gruppenräumen der Kindergärten nicht zwangsläufig ins Freie aufschlagen müssen, auch wenn das Sozialministerium das so vorgegeben hat.

Will sagen, wenn der andere sich von Logik überzeugen lassen will, hat man gute Karten, wenn nicht, eher schlechte Karten...

Mhhh, wenn ich meine Worte so lese, ist es zwar richtig, aber für Sie nicht gerade hilfreich. Ich poste es trotzdem mal...

Gruß

Matthias Bußmann

Benutzer_2865

hallo nadjal.,

hinsichtlich: "Und zwar wird behauptet, dass bei der Dimensionierung der Türbreiten berücksichtigt werden muss, dass einer der beiden Notausgänge aus der Nutzungseinheit im Brandfall nicht benutzbar ist und die andere Tür die erforderliche Breite für die gesamte Personenzahl aufweisen muss. DAS KANN DOCH GAR NICHT SEIN UND STEHT AUCH SO NIRGENDS!"

Stimmt aus bauordnungsrechtlicher Sicht (vgl. Erläuterung M-VStättVO). Z.T. wird die Blockierung eines Notausgangs für den "worst case" in Einzelfallabstimmung mit den Behörden festgelegt. Allerdings würde ich dem Sachbearbeiter mitteilen, dass auch im vfdb-Leitfaden Kap. 9 S. 263 "Personenstromanalyse mit rechnerischen Nachweisverfahren" der folgende Hinweis gegeben wird: "Für die Berechnung von Räumungszeiten, bei denen wegen der Möglichkeit von Staubildungen die Fluchtweg- bzw. Ausgangsbreiten ein wesentlicher Bemessungsfaktor sind, sind in der Regel nur die Optionen ?Moderate? (moderat) oder ?Optimum? (optimal) einzusetzen, die auch empirisch am besten fundiert sind. Die Option ?Crush? bezieht sich auf besondere Gefahrensituationen, z. B. nicht benutzbare notwendige Ausgänge oder Notfallsituationen, die nicht mit einem Brandereignis in Zusammenhang stehen (Rowdytum, Terrorattacken) und ist daher in der Regel nicht für die Bemessung von Fluchtwegen geeignet. "

Anmerkung: "Crush" bezieht sich dabei auf eine Dichte von 3 P/m?. Ich denke, dass auch diese besonderen Bemessungsfälle Terror nur Ausnahmesituationen darstellen und die Notwendigkeit der Nachweisführung solcher Ereignisse auch seitens desjenigen der dies fordert, ausreichend begründet dargelegt (u.v.a. mit genau definierten Werten!) werden muss. Ich kann Ihnen leider nicht sagen, ob diese Werte im Arbeitsstättenrecht wirklich so genau definiert sind...

MfG

mc.greg

Benutzer_822

Fragen Sie nach der Rechtsgrundlage. Die gibt es für den "einsamen Rettungsweg" nicht. Dann darauf zu beharren ist Rechtsbeugung. Und dann : Achtung Werner ! ist es rechtsbeugung. Höfliche Beschwerde an seinen Dienststellenleiter mit der Androhung eines Strafverfahrens führt zu eigenständigem Denken. Und dann geht es auch wieder mit 2 Rettungswegen. mfg Schächer

Benutzer_2664

@ nadjal: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, gibt es einen ersten UND zweiten baulichen Rettungsweg mit jeweils mindestens 1,00 m lichter Treppenbreite.

Ziffer 4(5) ASR A2.3:

Das Erfordernis eines zweiten Fluchtweges ergibt sich aus der

Gefährdungsbeurteilung unter besonderer Berücksichtigung der bei dem jeweiligen Aufenthaltsort bzw. Arbeitsplatz vorliegenden spezifischen Verhältnisse, wie z. B. einer erhöhten Brandgefahr oder der Zahl der Personen, die auf den Fluchtweg angewiesen sind.

Ein zweiter Fluchtweg kann z. B. erforderlich sein bei Produktions- oder

Lagerräumen mit einer Fläche von mehr als 200 m?, bei Geschossen mit einer

Grundfläche von mehr als 1.600 m? oder aufgrund anderer spezifischer Vorschriften.

Wenn man bedenkt, dass die Schwelle für einen zweiten Rettungsweg nach ASR ganz schön hoch angesetzt wird, kann es nicht sein, dass man für 2 bauliche Rettungswege jeweils 1,20 m durchsetzen will. Gibt es denn eine Gefährdungsbeurteilung? Die ASR gehen immer vom Einzelfall aus und legen fest dass die Gefährdungsbeurteilung zu beachten ist. Ausserdem gibt es auch noch eine DIN 18065 ...

Gruss PF