Den Antworten der Vorredner, dass der SV vor Ort nicht zuständig ist für die Festlegung der "nicht Wesentlichkeit" der Abweichung nach § 21 Absatz 1 HBO hier zunächst voll zuzustimmen -
bedürfen aber die bauordnungsrechlich zulässigen Vefahren noch einiger Klarstellungen wie folgt:
Eine Erklärung des SV kann durchaus dann erfolgen, wenn die Beurteilung des Herstellers - idealerweise von mehreren Herstellern - zu einer bestimmten Art von Abweichung des Produktes von der Zulassung als bekannt und üblich angenommen werden kann oder aber durch eine bestimmte Abweichung aufgrund der örtlichen Rahmenbedingungen unzweifelhaft und nachweislich keine Gefährdung zu erwarten ist (dies sind sehr wenige Fälle, die ich hier bewusst nicht weiter breittreten will).
Der SV muss allerdings spätestens im Zweifelsfall auch den Hersteller dazu bringen können, dies auch schriflich gleichartig zu bestätigen.
Für Abweichungen beim Einbau wie im hier vorliegenden Fall, trifft dies allerdings definitiv und schon grundsätzlich nicht zu (vorbehaltlich natürlich von Toleranzangaben in Einbauanweisungen).
Auch ist nicht einmal der Hersteller befugt, im hier vorliegenden Fall die "nicht Wesentlichkeit" der Abweichung zu bestätigen (auch ist kaum vorstellbar, dass dies ein Hersteller hier machen würde).
Die Formulierungen der Landesbauordnungen lassen dabei schon formal stets nur eine nicht wesentliche Abweichung des Produktes zu (etwa bei einer abweichenden Zinkschichtdicke auf dem Gehäuse, Anbringung einzelner, zusätzlicher Schweißpunkte am Gehäuse o. Ä.) -
nicht aber Abweichungen von der geprüften Einbauausführung!
Der Einbau ist ausschließlich im Verwendbarkeitsnachweis des DIBt (allgemeine bauaufsichtliche Zulassung)geregelt. Man nennt dieses Teil ja gerade so, weil es eben die Verwendung in Gebäuden regelt (während die künftige CE- Kennzeichnung von BSK nach der EU-Bauproduktenrichtlinie zunächst nur das Inverkehrbringen auf dem EU- Makt regelt).
Dabei gilt weiter: Einbau ausschließlich zulässig wie geprüft.
In der Regel wird dann für Einbaudetails zwar in den Zulassungen auf die Montageanweisung des Herstellers verwiesen - dieser darf aber in dessen eigener Verantwortung wiederum nur an Kunden weitergeben, was dieser im Brandversuch prüfen hat lassen.
Was das ist, ist beim DIBt hinterlegt und geht i.d. R.auf Antrag des Herstellers dann auch in den Zulassungstext mit ein. Dies scheint hier aber wohl definitiv nicht der Fall zu sein, da Grundsatzvorgaben wie Mindestabstände oder das Erfordernis einer Tragwerkskonstruktion eben auch in der Zulassung selbst geregelt sind.
Es bestünde natürlich noch die - theoretische (und hier nach Schilderung des Falles praktisch aber auscheidende) - Möglichkeit, dass der Hersteller genau den vorliegenden Einbaufall für eine beabsichtigte Erweiterung der DIBt- Zulassung schon prüfen hat lassen - die Erweiterung beim DIBt aber erst beantragt ist.
Damit läge also zwar wiederum kein Verwendbarkeitsnachweis vor - würde aber absehbar zumindest die Beantragung einer "Zustimmung im Einzelfall" bei der Obersten Baubehörde nach § 19 HBO vereinfacht.
Eine Garantie dafür, dass diese denn erteilt werden würde, besteht allerdings auch dann nicht.
Übrigens ist auch das ZiE- Verfahren nicht als "Schrott- Heilungsvefahren" vorgesehen und mit Kosten behaftet. Zumindest in Bayern - und vielleicht ja auch in Hessen - ist dann i. d. R. für die Beurteilung eine Materialprüfstelle kostenpflichtig einzuschalten, die mit Brandprüfungen im DIBt- Zulassungsverfahren für Brandschutzklappen befasst ist.
In der hier vorliegenden Konstellation mit einer feuerbeständigen Wand und erheblichen Abweichungen von der erteilten Zulassung ist dann vemutlich auch ein erforderlicher Brandversuch nicht eben unwahrscheinlich.
Ob dann der Brandversuch erfolgreich ist, steht noch auf einem ganz anderen Blatt - zumal angesichts der Situationsbeschreibung.
Damit gibt es hier - beim Zutreffen der Fallschilderung wie angegeben - eine ganz klare Empfehlung:
Den Schrott ausbauen, eine fachgerechte Ausführung (einschließlich der Wandkonstruktion) vonehmen und die an der bisherigen Ausführung und Gesundbetung beteiligten Stellen ensprechend deren Anteilen bezahlen lassen.
Ein derartiger Fehler passiert diesen Personen dann so schnell nicht mehr.
Wird dagegen "Heilung durch Handauflegen" praktiziert, finden sich i.d.R. auch auf künftigen Baustellen genügend "qualifizierte Wunderheiler".
Sollten von den veratwortlichen Stellen zur Ablehnung des Mangels die hohen Kosten im Verhältnis zu den Materialkosten ins Feld geführt werden ist zunächst zu bedenken, dass sich die Verhältnismäßigkeit der Kosten nach BGB für die Verweigerung einer Mangelbeseitigung i. d. R. auf den für den Abnehmer "entgangenen Nutzen" (wirksamer Brandschutz)bezieht.
Überdies kann in der Regel auch § 319 StGB "Baugefährdung" geltend gemacht werden und verbietet sich eine "Gesundbetung" u. A. schon deswegen.
Die geschilderte Mangelsituationen bei Leichbauwänden mit fehlender oder zumindest stark mangelhafter Unterkontruktion sowie erheblicher Unterschreitung von Mindestabständen ist übrigens nichts besonderes - sondern zumindest nach meiner Erkenntnis aus über 14 Jahren SV- Prüfpraxis und nahezu 20 Jahren Tätigkeit "in der Branche" leider "Standard".
Grund hiefür wiederum ist vermutlich, dass die rechtsverbindlichen Vorgaben in den Zulassungen des DIBt regelmäßig mangelhaft nur als "unverbindliche Vorschläge" interpretiert werden.
Mit freundlichen Grüßen
T. Neußer