Sonnenschutz im 2. Rettungsweg

Benutzer_607

Hallo zusammen,

manchmal sind es die einfachen Sachen, die Probleme machen. In meinem Fall ist es der Sonnenschutz im zweiten Rettungsweg. Deshalb meine einfache Frage.

Wie verhält es sich mit dem Sonnenschutz, wenn dieser vor einem Fenster oder vor einer Fenstertüre im Verlauf des zweiten Rettungsweges angebracht wird. Kann ein herkömmlicher Sonnenschutz (Rollo, Jalousie o.ä.) vor einer Fenstertüre im Erdgeschoss, die als Fluchtweg (2. RW) dient, angebracht werden?

In allen gängigen Lektüren (Brandschutzatlas, Kommentar, ASR) werden seitenweise Notausgänge, Griffe, Öffnungsvorrichtungen u.ä. abgehandelt, aber über den stinknormalen Sonnenschutz, der ja bei fast allen Bauvorhaben vorhanden ist und daher sicherlich fast überall auch vor Fluchtwegsfenstern eingebaut wird, findet man in der Literatur nichts. Wie verhält es sich also mit dem Sonnenschutz im Fluchtweg?

- kommt es auf die Nutzung des Gebäudes an (Büro, Hotel, Kindergarten, Schule, Wohnung)?

- spielt die Personenanzahl eine Rolle ?

- ist die Etage ausschlaggebend (im OG Sonnenschutz ja, da man sowieso auf Leiter warten muss) ?

- ist die Ausbildung des 2. RW interessant (bei Fenster Sonnenschutz i.o., da man die Brüstung erst erklimmen muss und somit auch Zeit hat den Rollo zu öffnen) ?

- ist die Sonnenschutzausführung von Bedeutung (Elektrorollo nein, Handbetrieb ja) ?

- sind nur auf den Rahmen oder in der Scheibe montierte Systeme, bzw. Systeme mit Notraffung möglich ?

In meinem Fall ist´s übrigens ein erdgeschossiger Dorfgemeinschaftsraum für 60 Personen (keine Gaststätte, keine Versammlungsstätte, kein Sonderbau), 1 RW über Flur zur Ausgangtüren, 2. RW nach BayBO über Fenster möglich, die aber als Fenstertüren ausgeführt und beschildert wurden. Vor der Fenstertüre der "normale" Rollo in Elektroausführung. Jetzt Beanstandung durch Bauamt mit dem Hinweis, dass der Fluchtweg nicht benutzbar ist.

Über eine rege Diskussion würde ich mich freuen, insbesondere über Antworten von Prüfsachverständigen und Behördenvertretern, die ja bestimmt öfters mit solchen Kleinigkeiten zu tun haben.

Mit freundlichem Gruß

HEbert

Benutzer_2375

Hallo, habe zu dem Thema schon einmal was gelesen hab aber im Moment nicht die Quelle parrat.

Also soweit ich mich noch erinnere war das mit dem Rollo kein Problem, solange die Stelle von außen gekennzeichnet ist und das Rollo so gestaltet ist das es mit wenig Kraftaufwand zerstört werden kann.

Automatische Öffnungsmechanismen mit Akkupufferung oder manuelle Schalter sind zwar gut und schön und können die Zerstörung ggf verhindern sind aber kein muss.

clammer

Obwohl die Praxis oft wie von Ihnen geschildert, auch in Versammlungssätten, so aussieht, halte ich Sie für nicht rechtskonform.

Die Lösungen haben Sie schon erwähnt: auf dem Rahmen bzw. in der Scheibe montierte Systeme, Notraffungen für Aussenjalousien oder verdunkelbare Scheiben (Dunkelungsgrad kann eingestellt werden).

Kritisch sind me. E. auch auf der Innenseite angebrachte Verdunklungssysteme, die den ganzen Notausgang "verschwinden" lassen. ("Interessenten" können dies gerne bei bekannten (Brandschutz-)Fachtungen in einer Großtstadt am Rhein "bewundern" ;-)) ).

Gruß

C. Lammer

Benutzer_1645

Sehr geehrter HEbert,

bei unseren Sonderbaukontrollen stoßen wir nicht selten auf dieses Problem. Leider sind diese Probleme im Vorfeld schwer auszuräumen, da Ausführungszeichnungen und Ausschreibung im späteren Stadium entwickelt werden. Bisherige pragmatische Lösung war, sog. "Stopper" einzubauen, die Jalousie also am Versperren des Rettungswegs zu hindern. Dies ist insofern wenig elegant, da danebenliegende Fenster ebenfalls offengehalten werden. Dies führt zu zusätzlichem Aufheizen der Räume, etc.

Daher versuchen wir in der Brandschutzberatung die Planer darauf hinzuweisen und Vorkehrungen zu treffen.

Gruß H. Miller

brandsicher

Wenn Versammlungsräume und sonstige Aufenthaltsräume mit mehr als 100 m? Grundfläche jeweils mindestens zwei möglichst weit auseinander und entgegengesetzt liegende Ausgänge ins Freie oder zu Rettungswegen haben müssen, reicht bei weniger als 100 m? ein Ausgang. Wenn auch noch von jeder Stelle des Aufenthaltsraums das Freie in höchstens 35 m Entfernung erreichbar ist, ist ein zweiter Rettungsweg gar nicht notwendig. Und wenn ein zweiter Ausgang erforderlich wäre, dürfte diese auch in den gleichen Flur (Rettungsweg) führen.

m.f.G.

U. Drechsler

Mattes

Hallo HEbert,

wir konzentrieren uns zur Zeit auf Sonnenschutz im Kindergarten.

In den Bauantragsunterlagen ist Sonnenschutz nicht dargestellt und beantragt und kann daher nicht geprüft werden.

Vor Ort finden sich dann z.T. massive Sonnenschutzanlagen, die ganze Fenster- und Türfronten quasi in einem Stück beschatten.

Bei Stromausfall geht i.d.R. nix mehr. Es sind dann mindestens mechanische Vorrichtungen zum Öffnen des Sonnenschutzes nachzurüsten, (besser noch Notstromversorgung). Das ist aber auch nur im Einzelfall sinnvoll. Die mechanische Öffnung muss dann schon zügig und ohne wesentlichen Kraftaufwand erfolgen können.

Und schließlich und endlich müssen Türen in Rettungswegen mit einem Griff zu öffnen sein; die Rettungswegsituation ist daher in jedem Fall problematisch, wenn man im Einzelfall eine solche Lösung akzeptiert.

Meist müssen die Anlagen soweit zurückgebaut oder geändert werden, dass Türen und Fenster als 2.RW funktionieren.

Hat übrigens noch jemand die Fotos de Brandes in Titisee vor Augen, wo versucht wurde, den Sonnenschutz kaputtzukriegen oder zu öffnen?

Das ging gar nicht, ist aber in vielen Einrichtungen so gebaut, auch in Rettungswegen...

Gruß

Matthias Bußmann

Benutzer_2966

Wenn der zweite Rettungsweg ein baulicher Rettungsweg sein muss, dann darf er durch Vorbauten etc. nicht versperrt werden. (Schutzziel Selbstrettung)

Ein anderes Ding ist es, wenn der zweite Rettungsweg mit den Mitteln der Feuerwehr hergestellt wird (Dann Schutzziel Fremdrettung) - Die Feuerwehr sollte die technischen Mittel haben, geschlossene Rollläden etc. zu überwinden.

Benutzer_594

Art. 35 (4) BayBO legt fest, daß Fesnter die RW sind von innen zu öffnen sein müssen.

Nach dem Sinn der Vorschrift wäre zu argumentieren, das sie im Brandfall geöffent werden können. Und da ein Brand oft mit einem Stromausfall (z. B. Kurzschluss) einhergeht, sollte das Fenster auch in diesem Fall zu öffnen sein.

Ein raumseitiger Vorhang oder eine leichte Jalusette sehe ich unkritisch, da diese der Flüchtende öffnen (ggf auch zerstörend, wenn nicht zu massiv) kann. Außenliegende Rollos (ggf sogar noch einbruchhemmend) die (bei Stromausfall) nicht von innen geöffnet werden können, sehe ich hier nicht regelungskonform an.

Ich glaube nicht, daß die Feuerwehr im Brandfall zu allererst alle Rollos eines Gebäudes aufschneidet. Und selbst wenn, dauert es u.U. recht lange (ggf sogar zu lange) bis sie genau das richtige Rollo gefunden haben um dann den Wartenden (inzwischen mit Rauchvergiftung) zu finden. Daher würde ich mich in dieser Weise nicht auf die technischem Mittel der Feuerwehr verlassen erst Recht nicht, wenn hinter dem Rollo 60 Leute warten.

Benutzer_822

ich halte es in KiTas für einen vernünftigen Kompromiß, wenn der Sonneschutz nur bis zur Fensterbrüstung runtergeht und die Ausgangstüren zumindest unten ein "Schlupfloch" freilassen. Die Betreuung muß sich kräftig bücken (oder auf dem bauch rausrutschen), die Kinder machen das ganz flott, wenn man es einmal geübt hat. Das ermöglichst den Verzicht auf großartige Anlagentechnik. Daß Notausgänge, Notgenster usw. n i c h t benutzbart sind, ist nicht akzeptabel. Bei Wohnungen muß man für Bewußtsein werben, kann aber nichts erzwingen (fehlt ein Gesetz). mfg Schächer

Mattes

Hallo Herr Schächer,

ich kann Ihnen nicht zustimmen, was die Rolloöffnung in KiTas nur auf Brüstungsniveau angeht.

Heute haben wir regelmäßig U3-Kinder (also auch Babys) in den Einrichtungen, die aus dem Gebäude getragen werden müssen.

Da klingt das "Drunterherkriechen" nicht sehr praktikabel, besonders wenn man mehrmals hin und her muss.

Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass der GUV da mitspielt.

In NRW müssen zudem Rettungswegtüren nach außen öffnen (keine Brandschutzforderung, sondern vom Sozialministerium so erlassen).

Da stört der Sonnenschutz dann nicht nur, sondern verhindert das Öffnen der Tür.

Gruß

Matthias Bußmann

Benutzer_2140

Hallo,

ich möchte diese Diskussion aus aktuellem Anlass wiederbeleben:

Konkreter Fall: Schulgebäude, naturwissenschaftliche Fachräume im EG, 1. RW über (brandlastarme) Halle, 2. RW über Ausgangstüren ins Freie. Die Räume haben ein innenliegendes Verdunkelungssystem bekommen. Für die Notausgangstür ist ein Akkugepufferter Öffnungsmechanismus hergestellt worden, das Öffnen dauert nach grober Schätzung rund 20 Sekunden. Der TÜV-SV fordert nachträglich die Auslösung über die (vorhandene) BMA.

Unabhängig davon, wer da fordert - ist die Lösung mit/ohne BMA-Ansteuerung statthaft? 20s sind vielleicht doch eine (zu) lange Zeit.

Feuer-Hewi

@plan+

also nach meinem Dafürhalten, sind 20 sec. vertretbar;

Begründung: entweder brennt es im Raum, dann renne ich die Tür raus;

oder es brennt vor der Tür, dann lasse ich die Tür zu, warte bis der Rollo oben ist und flüchte übers Fenster;

warum die über BMA gestuert werden "müssen", ist mir nicht klar; schaden kanns sicher nix, aber muss es sein?

ein Argument wäre vielleicht, dass die Raumbeleuchtung ausfallen könnte und deshab die Rols automatisch aufgehen sollen, doch das sind 2 Baustellen, die man nicht unbedingt so verknüpfen muss; eine Si-Beleuchtung tuts auch;

mfg

der Feuerteufel

clammer

Eigentlich sollte der abnehmende SV die Anlage auf Übereinstimmung mit der Baugenehmigung prüfen und nicht selbst als "Genehmigungsbehörde" auftreten ...

Gruß

C. Lammer

Benutzer_3111

Ich hatte kürzlich eine Anfage an Herrn van Hazebrouck von der OBB gestellt, bei der es genau um die Problematik Sonnenschutz im 2. Rettungsweg ging.

Er hat mir einige Emails von Anfragen und deren Antwort der OBB weitergeleitet.

Aus dem Schriftverkehr geht hervor, dass die OBB Sonnenschutzsysteme im Verlauf von Rettungswegen kritisch sieht und dass jeder Mechanismus, zum Hochfahren von Jalousien oder Raffstores als Hindernis angesehen werden muss.

Unkritisch sind hingegen Systeme, die direkt auf das zu öffnende Element aufgebracht werden und somit bei Öffnung kein Hindernis darstellen.

Herr Bell ebenfalls von der OBB weist darauf hin, dass es für Sonnenschutzeinrichtungen oder Raffstores in bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Rettungswegen keine Verwendbarkeitsnachweise gibt.

Beste Grüße

MLindert

Benutzer_607

Hallo MLindert,

Entschuldigung, aber ich habe mir, nachdem ich das Problem mit dem Sonnenschutz schon wieder habe, jetzt an Ihre Antwort erinnert.

Besteht die Möglichkeit, dass Sie mir die Schreiben der OBB zukommen lassen können?

Mit freundlichem Gruß

HEbert

Benutzer_3111

Hallo HEbert,

Es tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe um zu antworten. Habe mir diesen Beitrag schon länger nicht mehr angesehen.

Leider kann ich Ihnen den Schriftverkehr nicht weiterleiten, da es sich um personenbezogene Emails handelt und nicht um ein offzielles Schreiben der OBB.

Ich würde Ihnen empfehlen, sich mit dem Sachverhalt direkt an die OBB zu wenden. Vielleicht reagiert die OBB aufgrund der häufigen Anfragen zu diesem Punkt doch einmal mit einem offiziellen Schreiben.

Beste Grüße

MLindert