2. Rettungsweg aus Kinderwohngruppe

Benutzer_2495

Ich erstelle gerade ein Brandschutzkonzept für ein Bestandsgebäude der GK 4, Sonderbau. Das Gebäude wird als Kinderheim und Mutter-Kind-Heim genutzt. Das komplette Gebäude wird mit einer Brandmeldeanlage K1 ausgestattet. In dem Bereich Kinderheim wohnen ca. 8-9 Kinder in einer Wohngruppe (Nutzungseinheit) zusammen. Es gibt 4 Wohngruppen. Nachts gibt es für die 4 Wohngruppen nur 2 Betreuer. Die Wohngruppe erstreckt sich über drei versetzt angeordnetet Ebenen. In der Mitte der Wohngruppe befindet sich der notwendige Treppenraum. Es gibt keinen Flur. Die Zimmer, in der Wohngruppe grenzen direkt an den notwendigen Treppenraum. Der erste RW führt über den notwendigen Treppenraum ins Freie. Der zweite Rettungsweg führt über die Fenster auf einen neuen Rettungsbalkon und von dort über eine Außentreppe auf EG-Niveau.

Die Kinder in der Wohngruppe sind zwischen 3 und 18 Jahre alt.

Wie stelle ich sicher, das auch die kleinen Kinder in der Lage sind die Fenster zu öffnen und entsprechend zu flüchten. Kann man von Dienstpersonal verlangen, dass sie die Kinder aus den Zimmern holen?

Ich kann mir nur schwer vorstellen dass ein vieleicht 4 Jahre altes Kind weiß was es zu tun hat, wenn es Nachts durch die BMA aus dem Schlaf gerissen wird.

Mattes

Hier ist die Frage, ob in einer Heimnutzung nicht grundsätzlich der 2. bauliche Rettungsweg kommen muss, d.h. in Ihrem Fall eine Tür einzubauen ist.

Wie auch hier die Entscheidung ausfällt: für eine solche Nutzung mit auch kleinen Kindern muss ein Evakuierungskonzept her. Und ja, das Personal muss den Kindern im Brandfall helfen, alleine werden die kleineren Kinder das nicht hinkriegen.

Das klappt ja schon in Beherbergungsstätten nicht, die ausser einer Tröte keine weiteren Anweisungen oder Hilfen geben- da weiß dann kaum jemand, was zu tun ist...

Bei Kindern ist die Wahrnehmung der Bevölkerung -und auch meine- deutlich sensibler als z.B. im Pflegeheim. Kommt ein Kind zu Schaden, weil sich der Betreuer nicht selbst gefährden wollte, ist das ggf. rechtlich i.O., moralisch wird das aber nicht akzeptiert werden.

Das macht aus meiner Sicht auch d e n deutlichen Unterschied der reinen Wohnnutzung in einer Familie und einer Betreuung Schutzbefohlener aus. Eltern werden im Normalfall immer an ihre Grenzen gehen, um ihre Kinder zu retten, Betreuer werden das eher nicht tun.

Eine straffe Evakuierungsplanung mit entsprechenden Übungen ist daher aus meiner Sicht unerlässlich...

Gruß

Matthias Bußmann

Benutzer_735

ist die GK4 hier wirklich richtig?

"je Nutzungseinheit max. 400 m2"

Wohngruppen aus/mit (Klein-)Kindern, die nicht autark funktionieren (z.B. weil für 4 Wohngruppen nur 2 Betreuer da sind) sind für mich keine eigenständigen Nutzungseinheiten sondern lassen eher vermuten, dass das ganze Heim 1 NE ist.

Stefan Blümel

clammer

Ich sehe das wie Herr Blümel, bei zwei Betreuern kann es keine 4 Nutzungseinheiten geben.

Was ich nicht richtig verstanden habe, ist die Anbindung an den Treppenraum: Grenzt pro Geschoss nur ein Raum an den Treppenraum?

Einen Rat habe ich in Ergänzung zum Evakuierungskonzept: Es sollte auch darüber nachgedacht werden, den zweiten Fluchtweg als einfach zu benutzenden Rettungsweg zu gestalten; so dass die Betreuer bzw. die Feuewehr ohne großen Zeitverlust eine Rettung durchführen können.

Gruß

C. Lammer

Benutzer_2495

Danke für die Rückmeldungen.

Von 6:00 - 22:00 Uhr hat jede Wohngruppe 2 Betreuer. Von 22:00 - 6:00 Uhr sind für die 4 Wohngruppen nur 2 Betreuer als Nachtwache vorhanden.

Es grenzen pro Geschoss alle Räume direkt an den in der Mitte der Nutzungseinheit liegenden Treppenraum. Alle Räume sind um den Treppenraum angeordnet. Baujahr 1972.

Benutzer_465

Hallo,

das scheint mir hier so ein Zwischending zu sein, bezüglich "Nutzungseinheiten" usw.

wenn man die NE als brandschutztechnisch abgegrenzte Einheit mit 9 Kindern 4-18 Jahre sieht, ist das ja wie eine Wohnung, mit 2.RW über Fenster. In der Wohnung sind ja auch Kleinkinder. Die Größeren sollten den Kleinen doch helfen, oder? (wenn die Betreuerin zu langsam sein sollte, aber dank BMA sollte sie doch schnell genug sein, sie ist dann quasi die "Mutter" in dieser Wohnung.......)

Ist es denn eigentlich ein Sonderbau? eine Tageseinrichtung für Kinder ist es ja nicht, es sind ja doch 4 Wohnungen...

M. Koeppen

clammer

Hallo Herr Koeppen,

da es sich um ein Kinder- bzw. Mutter-Kind-Heim handelt, sehe ich das schon als Sonderbau an. Dafür spricht ja auch die wohnungsübergeifende Organísation. Die Frage ist daher vielmehr, ob es sich tatsächlich um Wohnungen handelt - meines Erachtens hat das Gebäude eher als Krankenhaus zu sehen.

Als "Ferndiagnose" würde ich mich mehr an den Beherbergungsstätten orientieren als an Nutzungseinheiten, Wohnungen etc..

Gruß

C. Lammer

Benutzer_822

Ich habe es mehrfach gelesen und immer noch Zweifel:

sind es (1) Nutzeinheiten (NE) mit mehreren Räumen und einem (internen) Flur, die über jeweils eine Ausgangstür an den Treppenraum angebunden sind ?

Oder ist (2) jedes Einzelzimmer an den Treppenraum angebunden ?

In Hessen ist es ein Sonderbau (§ 2 (8) Nr. 7), weil "sonstige Anlagen zur Unterbringung ... von Kindern ... " Sonderbauten sind.

Wenn es wie (1) 4 NE mit jeweils Zimmern und innerem Flur "quasi wie Wohnungen" sind und man aus j e d er NE einen direkten Türausgang auf den Rettungsweg hat, scheint es mir im Sinne der HE-Gruppe (die für andere gemacht wurde aber durchaus ähnlich Unterstützungsprobleme hat) machbar,

wenn die darin geforderten Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden, insbesondere auch Klarschriftanzeige für die Helfer, welcher Raum ein Problem hat.

wenn es wie (2) viele Räume einzeln am Treppenraum sind, sehe ich keine "innere Evak.Möglichkeit" und die über den Treppenraum offen verbundenen Geschosse als unzulässig an.

Die "äußere Evak" ganzer "Wohngruppen" funktioniert in etwa auch mit zwei Mann: die gehen zuerst in das angezeigte Brandzimmer und retten den ersten Kandidaten, dann Tür zum Brandraum zu und die Anderen in den Innentreppenraum oder auf den 2. Rw ins Freie, dann ... der Reihe nach alle. Wenn die Kelre über Tag mit 2 Betreuern in der Wohngruppe sind, geht das recht gut, besser als in der Krabbelgruppe "U 3" und im Pflegeheim ...

mfg Schächer

Benutzer_2495

Sehr geehrter Herr Schächer,

es ist die Situation 2, viele Räume an einem Treppenraum. Die Türen der Räume zum notwendigen Treppenraum werden als T30-RS Türen ausgebildet, um eine Verrauchung des notwendigen Treppenraumes so lange wie möglich zu verhindern. Die BMA (mit Aufschaltung zur Feuerwehr) gibt eine Klartextanzeige auf ein Diensthandy, wo der Rauch entstanden ist. Somit ist meiner Meinung nach noch eine Evakuierung über den notwend. Treppenraum möglich.

Der zweite Rettungsweg aus den Zimmern führt über die vorhandenen Fenster auf den Rettungsbalkon und über eine Treppe nach unten. Kann ich bei meiner weiteren Betrachtung davon ausgehen, dass die Bewohner die Fenster von innen öffnen können, oder müssen diese von außen zu öffnen sein?

Benutzer_822

Sie haben noch ein Problem: die Kinder können T 30 RS Türen nach innen zum Treppenraum nicht öffnen, wenn sie nicht kräftig genug sind, also sind sie eingesperrt. Bei allem Respekt vor der Kreativität aller Kollegen: ich sehe hier Probleme für den Betrieb und die betriebliche Brandsicherheit auf Sie zukommen !

Wenn es irgend wie möglich ist, sollten Sie Türen nach außen in allen Zimmern haben, die von den Kindern geöffnet werden können.

Aber das nächste Problem: die können dann aber auch rauslaufen oder weggelockt werden ... das paßt zu einem Kinder und Mütter Schutzhaus nicht ! Und man kann dann leicht von außen eindringen, ist auch stark kontraproduktiv !

Nehmen Sie sich einen guten, erfahrenen BS KLollegen, vielleicht einen Prüfsv BS in Ihrer Nähe, dazu U N D nutzen Sie die Beratungsstelle der Polizei, evtl. des Landeskriminalamtes, die machen so was auch und sehr gut, suchen Sie bei dem verkorksten Gebäude eine Lösung, die beiden Fragestelltungen gerecht wird: "kalt" nicht weglaufen, nicht "geklaut" werden, nicht angegriffen werden und "heiß" gut fliehen können.

Denken Sie daran, daß die Nutzer teilweise nur kurz dort sind und es nicht üben können, was im Gefahrenfall zu tun ist, also muß es "einfach und robust" klappen ! Im derzeitigen Sparszenario wird das nicht einfach zu bewerkstelligen sein ! mfg Schächer

clammer

Ich wiederhole meine Rat; orientieren Sie sich an den Beherbergungsstätten bzw. Krankenhäusern. Jedes Zimmer in F30 und rauchdicht abgetrennt.

Auch sollte man m. E. über die Aufrüstung des notwendigen Treppenraumes auf das Niveau eines Sicherheitstreppenraumes nachdenken.

Für die (Fremd-)Rettung kann man auch von außen öffenbare Fenster einsetzen, die mittels Schlüssel, Feuerwehrschließung ö. ä. zu öffnen sind.

Die "Klartextanzeige auf ein Diensthandy" ist zwar schön und nett; hat aber mit einer baurechtlichen (oder normativen) Alarmierungsanlage nichts zu tun, da grundlegende Sicherheitsanforderungen nicht erfüllt werden.

Letztendlich müssen Sie - etwas zugespitzt formuliert - mit dem Bauherrn entscheiden, was das Ziel des Brandschutzkonzeptes sein soll: Eine Baugenehmigung mit den geringsten Kosten zu bekommen oder ein funktions-/tragfähiges Brandschutzkonzept; und letztendlich, was Sie mit sich vereinbaren können.

Gruß

C. Lammer