Sonderbau- oder Verkaufsstättenverordnung??

Benutzer_2453

Hallo Fachleute,

ich bin absoluter Anfänger auf dem Gebiet Brandschutz und nehme gerade an einem Seminar zum Brandschutzfachplaner teil. Um Grundlegendes zu klären, was mir einfach nicht einleuchten will, lautet meine Frage wie folgt:

Ab wann greift die Sonder- bzw die Verkaufsstättenverordnung NRW?

Klar ist:

Bei einer Verkaufsfläche < 700m? greift die BauO

Bei einer Verkaufsfläche > 2000m? greift die Sonderbauverordnung

Was ist mit der Fläche zwischen 700 und 2000 m??

Und was ist mit den Anforderung bzw den Unterschieden?

Ist es billiger nach BauO zu bauen?

Was ist mit den Rettungswegen nach SonderBauO? Gibt es Unterschiede in den einzelnen Verkaufsstättenverordnungen der Länder zu NRWß Hab außer in Berlin nichts gefunden

Was sagen eig. der Arbeitsschutz und die Arbeitsstätten zu den Anforderungen im Bezug auf die Rettungswege?

Über Ausführliche Antworten würde ich mich sehr freuen?

gruß simon

Benutzer_822

Hallo Simon,

die Bauordnung regelt "Begriffe" und grenzt Sonderbauten von Regelbauten nach bestimmten Kriterien ab. "Regelbauten" sind in der Bauordnung vollständig und umfassend geregelt, wenn man unterstellt, daß alles auch richtig geregelt ist, kann man danach bauen. Feinheiten später im Berufsleben.

Sonderbau Muster Verordnungen und Muster Richtlinien gibt es als Gemeinschaftsbeschlüsse der ARGEBAU, der Arbetsgemeinschaft der Bauminister. Diese werden als Muster in www.IS-ARGEBAU.de veröffentlicht ("Musterrichtlinien" und "Baurecht" anklicken). Die Länder sind darin frei, diese Muster zu übernehmen, umzugestalten, zu begrenzen oder zu erweitern. NRW hat alle einzuführenden Muster als eine Gesamtverordnung "SonderbauVO" zusammengefaßt.

Grundsätzlich regelt die Bauordnung alles. Bei Bauten besonderer Größe oder personenzahl oder gefährlichkeit kann die Bauaufsicht zusätzliche Anforderungen stellen (Gefahrstofflager: zusätzliche Unterteilung, Löschanlage usw.). Bei geringer Gefahr (seitlich offener Schuppen statt Hütte) können Erleichterungen gestattet werden, z.B. Garagenbauten nach GaVO.

Zwischen der landesspezifischen Grenze Regelbau/Sonderbau und den Mindestmaßen der Sonderbauvorschrift gilt uneingeschränkt die BauO aber mit dem Zusatz "Anforderungen können gestellt werden". Diese dürfen nicht höher sein als nach der Muster VO gefordert aber sonst sind die Behörden ziemlich frei. Und unterliegen der rechtskontrolle durch die Verwaltungsgerichts-barkeit. "Eigentlich" brauchen wir nicht so viele Muster VO - aber es ist praktisch, sie zu haben, weil man schon im voraus weiß, was zu genehmigen ist (Rechtsstaatsprinzip, Gleichheit vor dem Gesetz). mfg Schächer

Feuer-Hewi

Hallo Simon,

viele Fragen und keine einfachen Antworten;

zum Sonderbau:

Du hast hier einen Sonderbau, der aber noch nicht durch eine Sonderbauverordnung geregelt ist; demnach ist das ein nicht geregelter Sonderbau und für den brauchen wir Dich und uns - den Fachplaner;

wir müssen hier die Gegebenheiten auf die Besonderheiten des Gebäudes und der Nutzung untersuchen und Schlüsse ziehen, um das Schutzziel der Bauordnung zu erreichen; unter Abwägung der Risiken und besonderen Szenarien, müssen wir Maßnahmen festlegen und den Sonderbau individuell regeln; orientierend ist da die VkV geff. heranzuziehen, andererseits sind deren Forderungen oftmals zu hoch angesetzt;

Es gibt dazu einige orientierende Hinweise und Musteranforderungen im Netz der Kollegen. Ggf. hilft die Behörde auch mal weiter und sagt, was sie fordert und wie sie diesen Einzelfall bewertet.

ob´s so oder anders billiger wird, muss der Einzelfall bringen;

wo´s Sonderbauverordnungen zu den einzelnen Themen gibt? - entweder komprimiert z.B. bei gebührenpflichtigen (aber sehr günstigen) Dienst www.umwelt-online.de oder kostenlos bei www.is-argebau.de und dort über die Verlinkung zu den einzelen für den Bau zuständigen Ministerien der Länder und dort rumsuchen;

ArbeitsstättenVerordnung und Arbeitsstättenrichtlinien gelten natürlich dort mit, da ja Mitarbeiter beschäftigt sind (die findest Du auch bei umwelt-online.de und noch viiiiieles mehr);

benötigst Du die Infos konkret oder allgemein im Rahmen Deiner Ausbildung

mfg

der Feuerteufel

Benutzer_2453

Hallo,

vielen Dank für die Antworten. Damit ich das richtig verstanden habe:

In dem nicht definierten Bereich (zwischen 700 und 2000 m?) liegt es also an mir, dem Fachplaner, eine entsprechende Lösung für den SONDERBAU (wird das Gebäude dann auch so genannt?) zu finden? Ich kann bzw. muss also mit beiden Verordnungen arbeiten, der BauO und der SBauO und eine ensprechende Lösung finden?

Es wäre schön wenn mir noch jemand einen Hinweis auf die Unterschiede der beiden Verordnungen bezüglich Rettungswegen und deren Sicherstellung geben könnte.

Außerdem bräuchte ich noch Infos zur Sicherstellung der Rettung von Behinderten aus Sonderbauten. In der SBauO steht nichts. WO muss ich suchen?

@ Feuer-Hewi: Ich bräuchte die Antworten schon konkret. Versuche mich momentan in das Thema einzuarbeiten und durch mein zum Studium parallel laufendes Fachplanerseminar, sind genau diese Fragen aufgetaucht.

MFG Simon

Feuer-Hewi

Hallo Simon,

schau dir die LBO an; dort findest Du klar, ab wann eine Gebäude mit Sondernutzung ein Sonderbau ist; dann such Dir die dazugehörende Sonderbauregelung und schau, ob sie schon zutrifft; dazwischen bist Du im nicht geregelten Sonderbau und entscheidest, was zu tun ist, ggf. in Anlehnung an die Sonderbauregelung; erscheint Dir die sehr hoch angesetzt, dann entscheide nach LBO; hierbei sind aber natürlich Einschränkungen zu treffen; Beispiel: 2. RW über Rettungsgeräte der FW funktionieren nur bis zu 10-15 Personen; darüber hinaus sind bauliche erforderlich;

Hinweise gibts im Netz u.a von RP: "Standsicherheit und Brandschutz bei Verkaufsstätten außerhalb des Geltungsbereichs der Verkaufsstättenverordnung (VkVO)"

oder www.feuerwehrmagazin.de Thema: Nagelbinder

oder http://www.schiele-schoen.de/schieleschoendata/files/divers/originals/technews_nagelplattenbinder.pdf

die Unterschiede zw. LBO und SO solltest Du Dir selbst erarbeiten (ist so der Sinn im Studium), damit Du die Dinge auch kennenlernst;

Thema Barrierefrei: hier entscheidest Du selbst, sofern in der SO-Regelung nichts explizit gefordert ist und orientierst dich an den entsprechenden Normen (neu - DIN 18040); für den "normalen Flachland-Diskounter" ist diesbezüglich nichts besonderes vorgeschrieben; Fehler sit eas aber keiner, wenn Du in Deinem Konzept den Punkt ansprichst und eine Lösung aufzeigst;

mfg

der Feuerteufel

Benutzer_1795

Hallo Simon,

1. Ja, das ist ein Sonderbau und heisst auch so. Anzuwenden ist lediglich die BauO NRW. Ggf. sind weitere Maßnahmen wegen der Besonderheit des Gebäudes zu ergreifen ==> Fachplaner

2. Die Anforderungen an Rettungswege aus dem Arbeitsschutz können Sie in der ASR A2.3 ablesen. Dort ist eine übersichtliche Tabelle angeordnet, wie breit Rettungswege wo sein müssen.

3. Die Sonderbauverordnung ist spezieller. Ein Vergleich der Kosten ist eigentlich nicht möglich, da die SBauVO für Verkaufsstätten ganz andere Ziele erfüllen will (z.B. große offene Geschossverbindungen). Die Kosten lassen sich nur am konkreten Objekt anhand des Grundrisses ermitteln und vergleichen.

4. Anforderungen an die Rettung Behinderter gibt es (leider, heisses Thema!) nicht. Hier wird immer von einer unterstützten Rettung durch Nutzer/Personal ausgegangen.

Benutzer_2375

Die einzelen DIN-Normen, Ausführungsvorschriften und Richtlinien welche du ggf. Benötigen wirst im Berufsleben, bzw. für eine Facharbeit findest du zumindest in Papierform oder einer Datenbank in deiner Bibliothek.

Mattes

Hallo Simon,

nochmal zum Verständnis:

NRW hat die Besonderheit, zwischen kleinen und großen Sonderbauten zu unterscheiden. Da steht so nicht im Gesetz, lässt sich aber aus dem Kommentar entsprechend entnehmen.

Demnach gilt gemäß §68 Abs.1 Nr. 4 für Verkaufsstätten:

>700m2

>2000m?: großer Sonderbau (mit zwingendem BS-Konzept und nach SoBauVO)

bei >1600m? taucht nochmal eine Schallgrenze auf, wo i.d.R. höhere Anforderungen gestellt werden als bei < 1600m?, aber die Anforderungen der SoBauVO nicht ganz umgesetzt werden. Ist wie immer auf den Einzelfall abzustimmen.

Gruß

Matthias Bußmann