Technische Regeln sind keine Gesetze oder Verordnungen. Von diesen kann abgewichen werden ohne Anträge zu stellen. Die Schutzziele der betreffenden Gesetze und Vereordnungen sind einzuhalten.
Beispiel ?Auswahl von Feuerlöschern?
Am Beispiel der Auswahl von Feuerlöschern soll dargestellt werden, dass die reine Übernahme oder Erfüllung von Technischen Regeln, die Schutzzielerreichung nicht in jedem Fall sicherstellen kann.
Es wird keine Gefährdungsbeurteilung ?Feuerlöscherauswahl? durchgeführt, da es immer nur eine Gefährdungsbeurteilung mit dem Ergebnis von erforderlichen Maßnahmen geben kann. Die Installierung von Feuerlöschern ist eine der Maßnahmen, welche auf Grund der Beurteilung der Brandgefahr erforderlich ist.
Auf der Grundlage der ASR 13/1.2 /37/ und der BGR 133 /88/ sind Arbeitsstätten mit Feuerlöschern entsprechend der Brandgefährdung auszustatten. Die Feuerlöscher müssen dem Stand der Technik, dass bedeutet der DIN EN 3 /76/, entsprechen.
Beim dargelegten Beispiel werden die Löscherbezeichnungen aus der DIN 14406 /70/ verwendet. Es wird darauf hingewiesen, dass die DIN EN 3 andere Bezeichnungen hat, aber die hier dargestellte Problematik sich mit den alten Bezeichnungen aus der DIN 14406 besser erklären lässt.
Am Beispiel einer eingeschossigen Kindereinrichtung, mit einer Fläche von 400 m? kommen die vorgenannten Technischen Regeln zu dem Ergebnis, dass 36 Löschmitteleinheiten erforderlich sind (mittlere Brandgefahr). Zu erwähnen ist, dass die Belegung der Einrichtung, mit zwei Gruppen von insgesamt 40 Kindern und vier Betreuern, mit anderen Einrichtungen dieser Größe vergleichbar ist.
Ein Wasserlöscher mit 6 kg Füllgewicht (W 6) hat nach DIN 14406 /70/ 2 Löschmitteleinheiten. Wasserlöscher (W 10) oder Schaumlöscher (S 10) mit je 10 kg Löschmittel haben 4 Löschmitteleinheiten.
Damit ergeben sich für die Kindereinrichtung 18 Wasserlöscher W 6, 9 Wasserlöscher (W 10), 9 Schaumlöscher (S 10) oder 3 Pulverlöscher mit 12 kg Löschmittelinhalt (PG 12). Selbst wenn man ?geringe Brandgefährdung? unterstellt, sind in der Kindereinrichtung noch 50 % der vorgenannten Löschmitteleinheiten und die entsprechende Anzahl an Feuerlöschern erforderlich.
Es ist festzuhalten, dass alle vorgenannten Möglichkeiten die besonderen Bedingungen des Einzelfalles nicht berücksichtigen. Das Vorhalten von Löschern ist deshalb immer auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung zu planen.
Grundsätzlich stellen sich bei der Auslegung von Arbeitsstätten folgende Fragen:
? Welche Löscher sind für die vorzufindenden Brandgefahren erforderlich?
? Wie viel Lösche werden benötigt?
? An welchen Stellen sollen die Löscher vorgehalten werden?
? In welcher Höhe sollen die Feuerlöscher befestigt werden?
? Wie werden die Löscher gekennzeichnet oder müssen sie gekennzeichnet werden?
? Wie schwer können die Löscher sein, damit diese von den Mitarbeitern ohne Gefahr zur Brandstelle getragen und dort auch ohne Eigengefahr benutzt werden können?
? Wer soll die Löscher bedienen oder wie viel Mitarbeiter können für das Löschen ?freigestellt? werden?
? Welche Brände sind selbst zu löschen?
? Wie lange reicht der Löschmittelinhalt?
? Wie lange sollen die Mitarbeiter löschen (bis das Feuer aus ist, bis sie keine Luft mehr oder eine Rauchvergiftung haben?)
? Was passiert, wenn ein Pulverlöscher in Räumen mit Kindern, in Verkaufsstätten, Krankenzimmern oder in einer genutzten Versammlungsstätte ausgelöst wird, oder besser was passiert, wenn mehrere zur gleichen Zeit ausgelöst werden?
? Ab wann und mit wem wird die Evakuierung begonnen, vor oder nach Beginn der Löscharbeiten bzw. was ist erfolgversprechender: Löschen oder evakuieren?
? u.s.w.
Die Auslegung bzw. die Festlegung der Feuerlöscheranzahl erfolgt bei Anwendung der vorgenannten Technischen Regeln im Wesentlichen:
? auf Grundlage des Löschvermögens der Löscher (ein genormtes Brandobjekt mit einer bestimmten Löschmittelmenge zu löschen)
? in Abhängigkeit der Brandgefährdung und unter Berücksichtigung der Brandklasse (Eignung des Löschmediums für das Brandgut)
Durch Einführung der Hilfsgröße Löschmitteleinheit können die verschiedenen Feuerlöschbauarten in eine bestimmte Leistungsfähigkeit eingeordnet werden.
Bei dieser Ausstattungsregel wird das wichtigste Element, die ?Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters?, nicht berücksichtigt (ausgedrückt in Zeit, wie lange der Mitarbeiter in einem verrauchten Raum den Löscher bedienen kann, ohne Schaden zu nehmen). Diese Problematik ist nur in Freilagern oder hohen Industriehallen von untergeordneter Bedeutung.
Vorgenannte Aussagen treffen im Besonderen auf Einrichtungen zu, welche von hilfebedürftige Nutzergruppen genutzt werden oder wenn nicht entsprechend geschulte und ausgerüstete Mitarbeiter löschen müssen.
Bei dem gewählten Beispiel stellt sich die Frage:
?Können mehrere Erzieherinnen im Kindergarten im Brandfall ? für Löscharbeiten freigestellt werden?.
Für die Evakuierung ist in der Regel fast das gesamte Personal erforderlich. Gelöscht werden können nur Entstehungsbrände. Wenn nach ca. 10 Sekunden das Feuer nicht gelöscht ist (Löschzeit eines Wasserlöschers W 6), besteht für die Mitarbeiter u. U. Lebensgefahr. Diese Aussage trifft bei allen Bränden in geschlossenen Räumen zu. Wenn mit einem Löscher der Löscherfolg nicht zu erwarten ist, muss die Eigensicherheit oder die Evakuierung Vorrang haben.
In anderen Nutzungen kann sich ein völlig anderes Ergebnis bei der Feuerlöscherauswahl ergeben (Anzahl, Gewicht, Feuerlöschmittel, mögliche Löschzeit).
Beispielsweise trifft das in einer halboffenen Papierlagerhalle zu, bei dem der Rauch gut abzieht und die Löschmaßnahmen von den Mitarbeitern mit dem Wind im Rücken und von Außen durchgeführt werden können. Hier empfehlen sich Wandhydranten mit hoher Durchflussmenge. Die Löschzeit spielt dann keine Rolle. Auch in hohen Industriehallen mit ausreichend dimensionierten Rauchabzügen kann die mögliche Löschzeit länger sein als z. B. in Tiefgaragen mit niedriger Decke.
Diese Aussagen machen deutlich, dass auch für diesen Teil der Gefährdungsbeurteilung die brandschutztechnische Infrastruktur bekannt sein muss. Das bedeutet die Brandschutznachweise/Konzepte sind als Grundlage der Gefährdungsbeurteilung erforderlich.
Das betrachtete Beispiel zu Ausstattung von Arbeitsstätten mit Feuerlöschern zeigt eindeutig, dass die Löscher nicht in einer Technischen Regel, sondern im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Randbedingungen, festzulegen sind. Grundlage dieser Festlegung muss immer die Gefährdungsbeurteilung sein bzw. ist die Auslegung Teil der auf Grund der Gefährdungsbeurteilung festgelegten Maßnahmen. Letztgenannte Aussage gilt sinngemäß für alle anderen Teile der Gefährdungsbeurteilung.
Meinung anderer Verbände zur Ausstattung mit Feuerlöschern /117/
Die Ausstattung von baulichen Anlagen mit Feuerlöschern muss nach Auffassung des Deutschen Feuerwehrverbandes und der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren nicht nach ASR 13/1.2 /37/ oder BGR 133 /88/ erfolgen, da sich in der Praxis herausgestellt hat, dass diese Ansätze deutlich überzogen sind (www.agbf.de /117/).
Auch die neue ASR A 2.2 Entstehungsbrände (oder so ähnlich) ligt im gleichen Trend. Dort wird allerdings auf die Möglichkeit die Auslegung mit Hilfe einer Gefährdungsburteilung hingewiesen.
Gruß Norbert Bärschmann