Rettungswege Verkaufsstätte

Mattes

Hallo Forum,

folgende Situation:

2-geschossige Verkaufsstätte (Möbelhaus) mit 7500m? Verkaufsfläche mit Lager

gesprinklert

Lager und Verkaufsbereich nicht brandschutztechnisch voneinander getrennt (lediglich dichte Wände und Türen)

Verkaufsräume EG und OG mit knapp 4000m? mit offener Verbindung

Lagerbereich ohne interne Verbindung, also ca. 1800m? pro Geschoss

Die Rettungswege in den Verkaufsräumen wurden nach SoBauVO nachgewiesen.

Rettungswege in Lagerbereichen sind in der SoBauVO nicht geregelt. Für in SoBauVO nicht geregelte Tatbestände gilt m.E. die LBO.

Der SV weist nun die RW in den Lagerbereichen mit ca. 50m Lauflänge nach. Begründet wird die Abweichung mit der Beurteilung nach 5.5.5 IndBauRL (also 35m Radius und 1,5fache Lauflänge. Entrauchung erfolgt über Ventilatoren, 1facher Luftwechsel

Rosinenpickerei? Oder wie würdet ihr diese Situation beurteilen?

Viele Dank für Eure Meinungen

Gruß

Matthias Bußmann

WernerMueller

Hallo Mattes,

Letztendlich gilt doch eigentlich § 66 (2) Nr. 2 SBauVO mit dem Lager als "sonstiger Raum", ergo 35 m.

Die unglücksselige IndBauRL geht doch (als fast einzige Vorschrift) von der Sicherstellung einer raucharmen Schicht aus; das hast Du hier aber nicht.

Ein 1facher Luftwechsel hat mit "Entrauchung" nichts zu tun, sondern ist doch nur dafür da, "den Rauch nicht mit Taschen raustragen zu müssen".

Möglich wäre aus meiner Sicht ein Anschluss an das Rettungswegsystem der Verkaufsfläche, also eine Bewertung der Lagerfläche wie eine VK-Fläche; dürfte hier aber auch nicht wirklich weiterführen.

Man wird doch an so einer Kiste noch eine Tür und ggf. eine Außentreppe dranbekommen?

Gruß

Werner Müller

Mattes

Hallo Herr Müller,

auch im IndBau genügt bei Sprinklerung die Lüftungsanlage ohne definierten Luftwechsel...also keine raucharme Schicht...

Da beide TR fürs Lager in der Trennachse zur Verkaufsfläche liegen, hilft ein Rettungsweg über die Verkaufsfläche leider auch nicht weiter...

Gruß

Matthias Bußmann

Benutzer_465

Meiner Meinung nach kann man den Lagerbereich schon nach IndustriebauR bewerten, der Anwendungsbereich der IndBauR paßt, und es ist ortskundiges Personal.

Dann bleibt nur das Problem der Abtrennung zur Verkaufsstätte; nach Tab.1 gesprinklert darf der Brandabschnitt nach IndBauR 8500qm groß sein, wobei die Verkaufsstätte ja nicht einfach in den Industrie-Brandabschnitt hineingemischt werden kann.........

Verfahrenstechnisch sind ja für den Sonderbau Erleichterungen möglich, d.h. die Rettungswege im Lager könnten in Anlehnung an die IndbauR bewertet werden. Von der Risikoabschätzung her: macht ein Lager eines Möbelherstellers einen Unterschied zu einem Lager eines Möbelhauses?

M. Koeppen

frank_borgert

Hallo Herr Bussmann,

wie so oft, es kommt drauf an...

1.) Formal nach Baurecht nicht zulässig. Die IndBauR heran zu ziehen halte ich auch für Rosinenpickerei. Andererseits könnte man aber §66 SBauVO auch so interpretieren, dass es hierbei immer nur um die Räume geht, die den Kunden zur Verfügung stehen. Leider läßt sich auch die Begründung dazu nicht aus...

2.) Fachlich kann man das sicherlich mittragen, wenn die RW-Situation gut ist, also voneinander unabhängige RW aus dem Lager, unterschiedliche Richtungen, usw.

3.) Da das Lager ein Arbeitsraum ist, gilt die ASR A2.3, hiernach ist eine Fluchtweglänge von 35 m * 1,5 m als maximale Länge zulässig. Tja, welches Recht hat jetzt den höheren Stellenwert?

Viele Grüße aus dem Münsterland,

Frank Borgert

Benutzer_1470

Hallo Matthias

Ich möchte auf die Brandwand hinweisen, welche zwischen einem Industriebau und einer Verkaufsstätte gehört. Nur dann unterschiedliche rechtliche Grundlagen (Sonderbauverordnung, IndBauRL).

Ggf. kann ein maßgeschneidertes BS- Konzept zur Anwendung kommen, in denen unabhängig von den materiellen Vorgaben die Schutzzielerreichung nachzuweisen ist. Ohne brandschutztechnische Trennung der beiden Nutzungen gehört viel Überzeugungskraft gegenüber der Behörde (Du bist doch die Behörde).

Gruß Norbert Bärschmann

ABeuscher

Mattes,

sie schreiben doch selbst ...begründet die Abweichung...mit..

Also, Abweichung vom Regelwerk ist klar.

Warum aber nicht HILFSWEISE die IndbauRL heranziehen, wenn die (siehe @Frank Borgert) RW-Situation gut ist, also voneinander unabhängige RW aus dem Lager, unterschiedliche Richtungen usw.; .. und vielleicht noch Stauvolumen für Rauch vorhanden ist.

Wenn also sichergestellt ist, dass es sich tatsächlich nicht um "Kundenläger" handelt (siehe IKEA) ist doch die Logik der Rettungsweglängen analog der IndbauRL (siehe @Koeppen)... Mobilitätswenigeingeschränkte, Ortskundige, nicht schlafende Mitarbeiter !!

beste Grüße

Andreas Beuscher

Benutzer_1470

Hallo Herr Beuscher

Einverstanden mit der IndBauRL wenn eine BW (nach Ziffer 6 IndBauRL) oder BBATW (nach ziffer 7 indBauRL) zwischen beiden Nutzungen ist.

Die IndBauRL hat eben nicht nur Vorteile sondern auch zusätzliche Anforderungen bzw. Randbedingungen.

Gruß Norbert Bärschmann

ABeuscher

Hallo Herr Bärschmann,

eben nicht !

Wenn durch BW getrennt, würde ich ggf. insgesamt nach IndbauRL bewerten ... mit den Anforderungen ...

Weil nicht qualifiziert getrennt ist = "HILFSWEISE Anwendung" und Abweichung vom angewandten Regelwerk.

Ich halte dies auch nicht für Rosinenpickerei, weil ich meine dass das Schutzziel >Personenschutz der Mitarbeiter< erfüllt wird.

Beste Grüße A. Beuscher

Benutzer_1470

Hallo Herr Beuscher

Es gibt nicht nur das Schutzziel der Rettungswegsicherung (siehe Art. 12 BayBO bzw. vergleichbar).

Gruß Norbert Bärschmann

Benutzer_411

Hallo Mattes,

ich sehe es wie H.Beuscher und würde bei passenden Parametern auch die Bewertung der RW-Länge im Lagerbereich analog der IndBau RiLi zulassen.

Rauchableitung bei Vollsprinklerschutz ist doch auch nicht das Thema, da akzeptieren wir doch überall minimalste Flächen - tatsächlich brauchen wir es doch nur ganz am Ende um die FW-Lüftung zu leisten

Gruss aus Stuttgart bzw. gerade Dubai

Ralf Schäfer

Benutzer_1470

Hallo Mattes

Nach den baurechtlichen Vorschriften können Gebäude errichtet werden (mit oder ohne Abweichungen). Für die Nutzung kommt noch die Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen dazu.

Unabhängig nach welchen Anforderungen das Lager getrennt, bzw. die Rettungswege und anderen Schutzziele umgesetzt werden, muss vor Beginn der Nutzung (nach § 5 ArbSchG) eine Gefährdungsbeurteilung erstellt werden. Alle VO aus dem Arbeitsschutzrecht fordern ebenfalls diese Gefährdungsbeurteilung Arbeitsstätten VO, Betriebssicherheitsverordnung, Gefahrstoffverordnung, Biostoffverordnung u.s.w.). In diesen Arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften sind keine eindeutigen Anforderungen mehr enthalten. Diese wurden in das Technische Regelwerk verschoben.

Grundlage der GB bei der Auslegung vorgenannter Rettungswege ist die ASR 2.3 (mit max 35 m, je nach Lagerung auch 10 m). Wenn von dieser Technischen Regel abgewichen werden soll, erfordert das eine gute Begründung.

Nach meiner Auffassung ist die Gefärdungsbeurteilung schon als Grundlage der BS- Nachweiserstellung erforderlich (ergebnisoffen, wie oben erläutert ggf. Grundlage eines objektbezogenen BS- Nachweises/Konzeptes).

Im Übrigen wird jeder ein anderes Bild vom disskutierten Objekt haben.

Gruß Norbert Bärschmann

Benutzer_1774

Hallo zusammen,

Aber in der ASR 2.3 steht doch ?Sofern es sich bei einem Fluchtweg [...] auch um einen Rettungsweg handelt und das Bauordnungsrecht der Länder für diesen Weg eine [...] abweichende längere Weglänge zulässt, können beim Einrichten und Betreiben des Fluchtweges die Maßgaben des Bauordnungsrechts angewandt werden.?

Es gilt aber auch ein Zitat aus den Erl M IndBauRL: ?Geltungsbereich: [?] Diese Richtlinie kann auch zur Begründung von Erleichterungen nach § 51 MBO für Gebäude und bauliche Anlagen verwendet werden, die nicht unmittelbar vom Geltungsbereich der Muster-Industriebaurichtlinie erfasst werden, jedoch hinsichtlich ihres Brandrisikos mit Industriebauten vergleichbar sind (z. B. gewerbliche Nutzungen im Bereich des Kfz-Handels); dies betrifft nicht die Regelungen für die Rettungswege.?

Und damit sind wir dann doch wieder bei 35m (Luftlinie, nicht durch Bauteile).

Aber zäumen wir das Pferd mal ganz verwegen von hinten auf: So mancher Möbel-Discounter (?) sieht ja eher aus, wie eine Lagerhalle (soweit zur Vergleichbarkeit); was wäre, wenn der SV das Gesamtgebäude als Industriebau (2-geschossig, gesprinklert BA

Gruß aus dem Norden