Hallo Diskutanten,
Kindergärten sind seit einiger Zeit in meinem Verantwortungsbereich ein großes Thema- insbesondere betrachten wir die U3-Kitas (4 Monate bis 3 Jahre)äußerst kritisch.
Bei einem Brand in Mexiko 2009 sind bei einem Brand in einer Kita mit 142 Kindern zum Zeitpunkt der Meldung 41 tot und 11 in Lebensgefahr gewesen. Die toten Kinder waren ausschließlich unter 2 Jahre alt.
Klar, die Scherheitsstandards dort sind nicht mit unseren zu vergleichen.
Aber auch bei uns sind ähnliche Szenarien nicht auszuschließen. Z.B. Wohnungsbrand in Hamm im Dezember 2009: EG-Wohnung, mit Rauchmeldern ausgestattet, Mutter mit 3 Kindern-1,2, und 4 Jahre alt. Beim Brand musste sie das jüngste zurücklassen und konnte nicht in die Wohnung zurück.
Dabei muss man sich vergegenwärtigen, dass nach Versuchen (ich glaube vom DIBT durchgeführt?) nachgewiesen wurde, das in einem üblich ausgestatteten Kinderzimmer ein Vollbrand nach 3-4 Minuten erwartet werden kann.
Die Mängel in Kitas sind nach unseren Erfahrungen z.T. haarsträubend: die Brandschutzordnung existiert nur auf dem Papier, Rettungswege sind verschlossen, Kinder werden ohne Aufsicht eingesperrt (was in Vorgesprächen natürlich immer heftigst dementiert wird), die Nutzung der verschiedenen Räume in der Kita ändert sich in rasantem Tempo, Evakuierungsplanungen existieren weder auf dem Papier noch in den Köpfen, es wird in unverantwortlicher Weise mit offenem Feuer umgegangen usw. usw....
Das hat uns veranlasst, in den Genehmigungen (meist Anbau eines Schlafraums) den baulichen Brandschutz ab 3 Gruppen ganz hoch aufzuhängen.
Z.B. direkte Ausgänge aus allen Gruppen+Nebenräumen+Räumen, in denen sich Kinder regelmäßig aufhalten können, interne flächendeckende BMA nach DIN 14675 bzw. VDE 0833 (schlechte Erfahrungen mit der 14676), Evakuierungsplanung ist vorzulegen, hinterleuchtete Ausgangskennzeichnung (es finden häufig Nachtevents statt).
Der Betreiber bzw. SV darf im BS-Konzept ein Evakuierungskonzept darstellen. Wenn dies schlüssig ergibt, dass die Kita in kürzester Zeit geräumt ist, kann auf einzelne der eben genannten Maßnahmen verzichtet werden. Hierzu ist zu sagen, dass es in den meisten Brandschutzkonzepten bereits an einer eingehenden Risikoanalyse für eine Kita/Kiga fehlt.
Wir haben in einem Fall den Nachweis gefordert, dass für einen 4-gruppigen, erdgeschossigen Kindergarten die Evakuierung nach 10 Minuten abgeschlossen sein muss (in Anlehnung an die Hilfsfrist). Die Forderung führte zum Aufstand des Bauherren, da er aufgrund des Personalschlüssels nicht sicherstellen konnte, dass nach dieser Zeit der Kindergarten geräumt sein würde. Ja Leute, dann muss das Schutzziel eben baulich erreicht werden.
Hinweis: Gemäß der neuen Betreuungsrichtlinie für Pflegeheime NRW ist v o r Genehmigung ein Evakuierungskonzept vorzulegen. Das übertragen wir auch auf ähnliche Einrichtungen, z.B. Kindergärten. Erste Erfahrungen bezüglich der Umsetzung liegen dazu bislang noch nicht vor.
Das Thema ist allerdings zu komplex, um es an dieser Stelle in Gänze darstellen zu können. Unsere Handhabung ergibt sich aus einem mehrere Monate dauernden Findungprozess, der sich u.a. aus den Erfahrungen vor Ort entwickelt hat.
Gruß
Matthias Bußmann