Hallo Herr Gärtner, danke für den Beitrag. Sie haben vollkommen recht, auch in Tiefkühlhäusern besteht Brandgefahr. Die Brandlasten sind auch keineswegs wegzudiskutieren.
Zunächst könnte man meinen der Widerspruch besteht in folgenden zwei Punkten:
1.Die bauliche Hülle eines Tiefkühllagers ist nicht "nur" wie bei sonstigen Lagern eine "Wetterschutzhülle" sondern auch ein "Anlagenteil" im "Produktionsprozess", sie ist auch technologische Hülle, denn an Tiefkühlläger (-24°C) werden besondere bauphysikalische Anforderungen hinsichtlich des Wärmedämmwertes, der Luftdichtigkeit, der Wasserdampfdiffussionsdichtigkeit, der Wärmebrückenfreiheit und der Strahlungswärmedichtigkeit gestellt. Daraus ergeben sich spezifische Konstruktionsausführungen.
An Tiefkühllager und gekühlte Bereiche für Nahrungsgüter werden weiterhin besondere hygienische Anforderungen gestellt, welche wiederum die bauliche Lösung beeinflussen.
Relevant für die brandschutztechnische Ausbildung ist in diesem Zusammenhang die Hygieneforderung bezüglich der Verhinderung von Schimmelpilzbildung. Schimmelpilze bilden sich gern an baulichen Wärmebrücken von in Dach und Wand eingelassenen Bauelementen (Türen, Tore, RWA, [Fenster]), sodass Wärmebrücken keinesfalls nur bauphysikalische und/oder energetische Probleme darstellen.
2.Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen haben sich am Markt Bauregeln für Tiefkühlhäuser durch gesetzt, sodass die TKH mängelfrei dauerhaft! funktionieren.
Schwachpunkt des Marktes ist aber, dass es keine zugelassene RWA-Anlagen gibt, die auch die bauphysikalischen, energetische und hygienischen Anforderungen des Tiefkühlhausbaus erfüllen und/oder unter dem spezielle Tiefkühlhausklima dauerhaft funktionieren.
Dieses Problem ist lange bekannt. Der Widerspruch zwischen technisch Machbarem und dennoch Bezahlbarem wurde bisher nicht gelöst (zu kleines Marktsegment).
Aus diesem Grund nennt die VdS-Richtlinie 2032, Kühlhäuser, Empfehlungen für den Brandschutz (Mai 1981) auch keine! "RWA-Maßnahmen", damit ist sie leider noch aktuell.
Machbare Lösungen gibt es Zahlreiche!, sei es Maschineller Rauchabzug, Sprinklerung, Inertisierung, BMA u.a. die sind aber durchweg alle sehr sehr teuer.
Bei "kleineren" Tiefkühlhaus-Struktureinheiten gefährden solche Lösungen die Wirtschaftlichkeit ansich.
Meine Erfahrung sagt mir aber, dass dieser technische Widerspruch, offensichtlich nicht der eigentliche Widerspruch ist.
Bauherren haben bezüglich des Brandschutzes immer eine ganz klare Motivationslage - [ich setze voraus, dass keiner Personen oder fremdes Eigentum gefährden oder beschädigen will]:
Ist der Wert der Ware, der Produktionsmittel, des Tiefkühlhauses etc. für ihn hoch oder sehr hoch [ ungleich der Wert für die Versicherung ], dann setzt er viel oder auch sehr viel Geld für den Brandschutz ein, es ergeben sich brandschutztechnische Sicherheiten die teils deutlich über dem Niveau der gesetzlich definierten Sicherheitslage liegen.
Ist der Wert der Ware etc. für den Bauherren gering, dann setzt er alles daran nur ein Minimum für den Brandschutz aufwenden zu müssen, weil nur ein Minimum seine Wettbewerbsfähigkeit erhält bzw. teilweise erst ermöglicht.
Dieses bauherrenseitig gewünschte Minimum liegt dann möglicherweise unter dem gesetzlich geforderten Sicherheitsniveau [ aber dennoch keine Personengefährdung etc. in kaufnehmend!- z.B. bei den Rettungswegen keine Kompromisse, oder eben Feuerwehr soll nicht ins Gebäude gehen, etc. ].
Dieses Minimum wird zum Teil auch von der Versicherung "befördert", da eine Tendenz erkennbar ist, dass es z.B. für die nur aufwendigst in TK-Lagern zu installierende Sprinkleranlagen keinen! spürbaren Prämienrabatt mehr gibt.
Geduld, nun kommts.
Da aber das gesetzliche Mindestniveau erfahrungsgemäß aushandelbar ist, ja zunehmend aushandelbarer wird, insbesondere bei Sonderbauten wie Tiefkühlhäuser, wird der Bauherr gezwungen!! über geeignete!! Minimierungen nachzudenken bzw. diese auch durchzudrücken.
Da sind dann schon Stadtgrenzen deutliche Niveau- bzw. Kostengrenzen,
da spielen Landesgrenzen oder gewerbliche Ansiedlungpolitik eine erhebliche Rolle bezüglich der Brandschutzkosten.
Pauschaliert aus Bauherrensicht:
Was nützt der schönste und so schön teuere Brandschutz im Tiefkühlhaus, wenn 10 km weiter ein anderer Tiefkühlhauslogistiker die Lagerung der Palette Tiefkühlpizza zum halben Preis anbietet. Dieser Druck ist für den Bauherren ganz konkret spürbar!! Wer würde irgend wo auf der Welt 1 ? pro Pizza mehr ausgeben, nur weil diese wirbt: "gelagert in einem Tiefkühlhaus mit F90-Stahlbetonkonstruktion".
Was soll man dem Bauherren empfehlen.
Dennoch, aus meiner brandschutzplanerischen Sicht, ist die Findung einer preiswerten technischen oder anderen Lösung allemal besser als das sogenannte Totalschadenskonzept.
Die Suche nach einer preiswerten technischen Lösung hat mich zur Fragestellung im Forum veranlaßt.
Die gemachten Einwände und Hinweise sind da für mich sehr konstruktiv!
Mfg Thieme