Wieviel Löschwasser

Benutzer_203

Hallo,

möchte das Thema Löschwasser mit einem dritten Diskussionsbeitrag abrunden.

In der IndBauR-NRW wird der Löschwasserbedarf für Industriebauten erst einmal Grundsätzlich geregelt.

In der Bauordnung NRW und in der Sonderbauverordnung NRW findet man aber keine derartigen Vorgaben.

Welche Anhaltspunkte gibt es denn jetzt für den Sachverständigen, seinen Löschwasserbedarf für ein bestimmtes Objekt zu ermitteln.

Ich nehme mal wieder mein Beispiel des Verkaufsmarktes mit 1500 m? VK-Fläche, packe noch 300 m? Nebenflächen hinzu, das ganze eingeschossig und freistehend als ein Brandabschnitt.

Wie viel Löschwasser ist für diesen Markt erforderlich.

800 l/min; 1200 l/min; 1600 l/min oder ....

Worauf stützt sich die jeweilige Festlegung

Die W 405 als solches kann es nicht sein, denn dann würde er wohl in den meisten Fällen in die erste Spalte fallen und mit 800 l/min auskommen müssen. In den meisten Konzepten wird aber fast pauschal immer 1600 l/min vorausgesetzt.

Aus meiner Sicht als Brandschützer könnten doch auch 800 l/min ausreichen, oder?

4-8 c-Rohre aus verschiedenen Richtungen Wasser drauf bis der Brandabschnitt ausgebrannt ist und darauf achten, dass durch Flugfeuer in der Umgebung nichts passiert.

Warum also immer wieder die 1600 l/min.

Gleiches wäre ja auch bei anderen Objekten, z. B. die Mehrzweckhalle freistehend mit 1000 m?, möglich.

Mir erschließt sich nicht immer, wie man auf die jeweilige Löschwassermenge kommt. Es würde mich aber mal interessieren.

WernerMueller

Hallo Herr Cordier,

neben den ganzen Scharmützeln in der benachbarten Diskussion zu dem Thema war die allerrichtigste Frage von Ihnen:

"Wo finde ich denn eigentlich Vorgaben, Richtwerte o.ä. zu den erforderlichen Löschwassermengen bezogen auf einen bestimmten Objekttyp.

Wo steht das für einen Markt mit 1500 m? 1600 l/min erforderlich sind?"

Die Antwort lautet schlicht und ergreifend: Nirgendwo.

Fast nirgenwo. Denn für Bayern gab es (oder gibt es noch immer) das sog. "Ermittlung- und Richtwertverfahren", das abhängig von einer ganzen Anzahl von Parametern tatsächlich eine Zahl - den Löschwasserbedarf- auswirft. Infos hierzu zum Bestellen hier: www.sfs-w.de.

Gruß

Werner Müller

Benutzer_822

Branddirektor Schubert aus Berlin hat einmal eine interessante Veröffentlichung zum Löschwasserbedarf herausgegeben, die ganz einleuchtend war.

Zum einen brauche ich Wasser und mache mein Feuer aus, ziemlich kleiner Bedarf, es will ja keiner Bootchen fahren.

Zum anderen: ich kann das Objekt n i c h t ausmachen und lasse es kontrolliert abbrennen, dann brauche ich zum Naßhalten ("kontrolliert"...) etwas Wasser und zum Schutz der Umgebung eine ganze Menge, sozusagen "Ziegelwäsche und Baumbenetzung". Das zusammen ist mein Bedarf.

Wenn ich eine Einheit von 400 m? habe, muß jede Feuerwehr Grundeinheit das ausmachen können (LF 8 mit 9 Mann). (daraus die GKl 1 und 2 und die NE < 400 bei GKl 4).

Habe ich 800 m? "am Stück" ist das mit einer Truppe nur noch bedingt gesichert.

Die erste Truppe braucht Verstärkung, die sollen danach auch löschen können. Und daraus errechnen sich "so ganz grob" 2 LF 8 (je 800 l Pumpenleistung für vollen Angriff) = 1.600 l/min für einen zweiteiligen Angriff von außen und /oder zum Schutz der Umgebung.

Und so kommt man bei 1.600 m? bei 1.600 l/min ganz gut an.

Das deckt sich mit den 3.200 l/min bei mehr als 4.000 m? Hallengröße der Indbau RL, die 1.600 l/min für Hallen bis 2.500 m? sind ausgesprochen sparsam gedacht ...

Ob man im Einzelfall so viel Wasser braucht, ist eine schwierige Frage: im Bereich der Berufsfeuerwehren werden 51 % aller Brände mit weniger als 10 l Wasser gelöscht. Etwa 90 % aller Brände werden mit weniger als 500 l Wasser gelöscht, deshalb haben das KLF-W und das LF 8- W (jetzt LF 10-W) min 500 l dabei. Meist kommt man mit 2 - 3 C Leitungen gut aus. Aber wenn mal nicht ? Soll man dann die Umgebung nicht schützen ?

Von Zeit zu Zeit erheben die Stadtwerke den Wasserbedarf der Feuerwehren, um ihn mit den Leckagewerten abzugleichen. Leider wird das selten veröffentlicht.

"Wo steht das" ist trotzdem die falsche Frage. In der Bauordnung steht auch nur drin "Gebäude müssen für sich in allen teilen und insgesamt standsicher sein" und nicht: "die Decke muß als Träger auf 2 Stützen q l?/8 gerechnet werden ...". Wir sollten mal sehen, wie wir die Werte objektivieren können. Die DVGW enthält aus Gebäudehöhe, Baudichte und Außenhaut eigentlich schon eine Menge objektiver Daten. mfg Franz Schächer

Wir werden

Benutzer_1337

Sehr geehrte Herren,

zum Thema Löschwasserverbrauch möchte ich aus meiner persönlichen "Löscherfahrung" noch einiges beifügen:

Einen Brandabschnitt mit 400m? mit einer Löschgruppe und einem LF bekämpfen zu wollen war vor 40 Jahren vielleicht denkbar. Mehr als rauchende Trümmer sind dann aber auch nicht übrig geblieben. Alleine schon die verwendeten Baustoffe sind heute völlig andere. Daraus ergeben sich auch andere Gefahren. Allerdings werden die vollflächigen Brände immer weniger. Es ist aber richtig, dass für einen Zimmerbrand bei weitem keine 800 l/min. benötigt werden.

Probleme gibt es immer bei der Verhinderung einer Brandausweitung auf andere Gebäude. Kann ein größeres Feuer entstehen reicht meist der "Sicherheitsabstand" von 5 mtr. bei weitem nicht mehr aus. Die Hitzestrahlung ist dann so groß, dass weite Abstände gewählt werden müssen. Eine große Reichweite ist nur mit einem ausreichend großen Strahlrohr möglich. Häufig ist eine ausreichende Kühl- und Löschwirkung nur mit einem B-Rohr oder Wenderohr möglich. Ein B-Rohr liefert problemlos über 1000 l/min, es muss nur der Druck etwas erhöht werden. So sieht es häufig so aus, als würde die Feuerwehr Dächer oder Fassaden waschen. 80% des Wassers sind dann meist auch nutzlos, aber die letzten 20% sind an der weit entfernten Stelle dringend erforderlich und anders dort nicht hin zu bekommen.

Mangelnde Wasserversorgung ist bei größeren Einsätzen aus meiner Erfahrung immer ein massives Problem.

Mit freundlichen Grüßen

Jörn Klaas

Benutzer_1470

Hallo Herr Schächer

"Wo steht das" ist die Falsche Frage! Das gefällt mir!

Wie bereits anderweitig erläutert, kommt es nicht auf die Einhaltung der Vorschriften, der vorgegebenen Maße oder im vorliegenden Beispiel auf die ggf. festgelegte Löschwasserversorgung an, sondern auf die Einhaltung der Schutzziele.

Ihre Argumentation und die zusätzlichen Anmerkungen von Herrn Klaas möchte ich auch unterschreiben.

Gruß Norbert Bärschmann

Benutzer_1388

Hallo Leute,

die Frage, wo steht das, finde ich durchaus berechtigt. Wo kommen wir denn hin, wenn jeder selbst die Voraussetzungen bestimmt? Ich will das Denken nicht abschaffen, ganz im Gegenteil. Aber allein mit Denken kommt man nicht recht voran, da muss auch immer eine Wissensgrundlage sein.

Man sollte auch aus Haftungsgründen wissen, ob irgendwo etwas geschrieben steht. Dann kann und soll man sich damit auseinandersetzen. Aber dazu braucht man praktische Erkenntnisse von den Feuerwehren und wissenschaftliche Erklärungen.

Herr Schächer meint sicherlich, dass man nicht für alles und jedes eine fest vorgegebene Tabelle erwarten darf.

Die Frage, wo steht das, ergänze ich so: Wo kann ich was lernen, wo kann ich was erfahren? Diese Diskussion ist dabei sehr interessant.

Benutzer_822

"Wo steht das" wird als Abwehrmechanismus genuzt, notwendige und richtige Maßnahmen nicht tun zu wollen. "Wir brauchen im 3 geschossigen Pflegeheim mit 176 Pflegebetten (gemeint sind 176 stark Hilfbedürftige !) F 90 Tragkonstruktionen und nicht nur F 30 der GKl 3 - dazu brauche ich keine Vorschrift, ich weiß, daß ich in 10 - 15 Min keine 20 Menschen aus dem Gefahrenbereich bringen kann. Also: mehr Standzeit der Konstruktion. Und das kostet auch fast nichts, denn Decken und Stützen aus Beton bringen leicht F 90 und Mauerwerk als Tragende Wand auch. Was bleibt ist eine vernünftige Diskussion, ob ich alle Leitungsdurchführugnen 30 oder 90 machen muss. Und da läßt sich viel Geld sparen, das keinen gefährdet.

"Wo kann ich etwas lernen" ist eine tolle Frage, die wir am 30.4.20 in Friedberg/Hessen hinsichtlich Kindergärten, Entrauchung, Passivhäusern und zur neuen HBO beantworten wollen und nach den Sommerferien in 10 BS Seminartagen.

Aber wir sollten als "nach Kenntnis und Erfahrung Geeignete" (so die Forderung aller LBOs) daran gehen, unsere Kenntnisse einzusetzen udn nicht nur den Mindeststandard aufzuzählen. "Mit Erfolg planen" ist ein Abwägungsprozess, Risiken zu minimieren und den Aufwand (Wirtschaftlichkeit)im Zaum zu halten. mfg Franz Schächer