Erforderliche Inhalte und Prüfungsumfang von BS- Konzepten
Ich muss dauernd feststellen, dass die Brandschutzplaner nur ?Baurecht? im BS- Nachweis berücksichtigen. Gleiches gilt sinngemäß bei den Prüfungen durch Prüfsachverständige oder auch durch Behörden.
Deshalb nachfolgend einige Fragen bzw. Klarstellungen meinerseits. Ich bitte um Mitteilung von Argumenten für oder auch gegen meine Auffassung.
Was soll mit dem BS- Konzept nachgewiesen werden?
Die Abstellung der Brandgefahr entsprechend dem vertretbaren Risiko unter Berücksichtigung der vorgegebenen Brandschutzkonzepte (ggf. mit eigenem BS- Konzept wenn keine eingeführten BS- Konzepte vorhanden sind) oder nur die Umsetzung von Rechtsvorschriften?
Die Arbeitsschritte bei einer Konzepterstellung sind (mit Ausnahme man kann auf ein vorgegebenes BS- Konzept zurückgreifen)
? Abgrenzung des Geltungsbereiches
? Ermittlung der Brand- und vergleichbaren Gefahren unter Berücksichtuigung der Nutzung
? Bewertung der Brandgefahren (Risikobeurteilung)
? Schutzzielbetrachtung (welche Schutzziele sollen erreicht werden (mind. Baurechtliche)
? Maßnahmen festlegen
? Dokumentation
? Wirksamkeit prüfen
? Fortschreiben der BS- Konzeptes
Diese Arbeitsschritte sind identisch mit den Vorgaben für die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung. Die vorgegebenen BS- Konzepte (z. B. Bauordnungen) werden ebenfalls nach diesem Algorithmus erstellt und fortgeschrieben.
Wie kann nun die Brandgefahr abgestellt werden?
Durch Maßnahmen des baulichen-, anlagentechnischen-, betrieblichen- und abwehrenden Brandschutz
Sind diese Maßnahmen abhängig von Rechtsvorschriften?
Nein, sondern von der Schutzzielerreichung.
Hält sich die Brandgefahr an Rechtsvorschriften?
Die Brandgefahr kann als Kreis oder als runde Torte dargestellt werden. Um diese Torte (Kreis) sind weitere sich gegenseitig überlappende Kreise gelegt (analog der olympischen Ringe). Die Brandgefahr liegt in der Mitte dieser Kreise und überlappt diese auch teilweise. Das soll heißen die Brandgefahr greift in mehrere Rechtsgebiete ein (einmal mehr und einmal weniger).
Die Rechtsgebiete sind z. B. Baurecht, Arbeitsschutzrecht, Gefahrstoffrecht, Umweltschutzrecht einschließlich Störfallrecht.
Ist im BS- Konzept nur Baurecht zu betrachten?
Maßnahmen Anforderungen sollten sich an den vorgegebenen BS- Konzepte orientieren (wegen der Rechtssicherheit). Zusätzliche Anforderungen durch die Prüfer sind zu begründen und rechtlich zu hinterlegen.
Da sich allerdings die Rechtsgebiete in Bezug auf die Anforderungen zur Abstellung der Brandgefahr überlappen und die Brandgefahr grundsätzlich in mehrere Rechtsgebiete gleichzeitig eingreift, kann nicht nur der Teil der baurechtlichen Brandgefahr betrachtet werden. Das währe so, als würde man einen Teil der Torte (BG) abschneiden (betrachten) und der Rest der Torte bleibt unberücksichtigt.
Das BS- Konzept ist kein Baurechtskonzept!
Was macht die Bauaufsichtsbehörde mit den im Baurecht nicht zu berücksichtigenden Brandgefahren oder Folgegefahren ?
Wenn diese im BS- Konzept betrachtet und so dokumentiert sind, schaltet sie die anderen zuständigen Behörden ein.
Kann die Brandgefahr im BS- Konzept unterteilt werden in:
? BG für Bauaufsicht
? BG für das GAA
? BG für die Umweltschutzbehörde
? BG für andere Behörden
Nein! Der Brandgefahr ist es egal, nach welcher Vorschrift sie betrachtet wird. Hauptsache sie wird im BS- Konzept betrachtet und durch entsprechende Maßnahmen abgestellt.
Kann nur der baurechtliche Teil der Brandgefahren in einem BS- geprüft werden?
Die Brandgefahr (die Torte) kann nicht durch Brandwände geteilt und unterschiedlich, je nach Rechtsgebiet betrachtet werden.
Sind unterschiedliche BS- Konzepte für unterschiedliche Genehmigungsverfahren anzufertigen?
Die jeweils erforderlichen Genehmigungsvorlagen unterscheiden sich. Der BS- Nachweis ist unabhängig von der zuständigen Behörde sondern nur abhängig von der Brandgefahr, welche sich grundsätzlich unterscheiden kann.
Für jeses Genehmigungsverfahren ist immer das gleiche BS- Konzept abzugeben.
Sind alle Brandgefahren abzustellen?
Hundertprozentigen Schutz gibt es nicht. Es bleibt immer ein Restrisiko, welches heute vom Gesetzgeber definiert wird (Einhaltung der vorgegebenen BS- Konzepte einschließlich der vorgesehenen Randbedingungen).
Im Bestandsbau wird sich das vertretbare Restrisiko mit dem Grundrecht auf Eigentum, unter Berücksichtigung des Grundrechtes auf Leben und Gesundheit messen lassen müssen (konkrete Gefahr, erhebliche Gefahr).
Sind alle Anforderungen im BS- Konzept bzw. bei der Prüfung rechtlich zu begründen?
Grundsätzlich ja. Die Schutzzielerreichung ist das Maß, da die Schutzzielereichung in allen vorgenannten Rechtsvorschriften als 1., vor jeder materiellen Anforderung, festgehalten ist. Die Umsetzung von materiellen Anforderungen ist zweitrangig. Für diese können Abweichungsanträge gestellt werden, für die Schutzzielerreichung ist das nicht möglich.
Was wird mit den Brandgefahren ohne Berücksichtigung in Rechtsvorschriften?
Alle Gefahren sind in Rechtsvorschriften mit der Schutzzielvorgabe berücksichtigt, welche unter Berücksichtigung des vertretbaren Risikos umzusetzen ist.
Für Sonderbauten können sich grundsätzlich zusätzliche Maßnahmen nach Art. 54 Abs. 3 BayBO ergeben. Die Nutzung bzw. die sich daraus ergebenen Gefahren können nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 17 und 18 BayBO den Sonderbautatbestand auslösen. Diese zusätzlichen Maßnahmen sind Inhalt des BS- Konzeptes und der jeweiligen bauaufsichtlichen Prüfung (oder der Prüfung nach PrüfVBau).
Nach der Darstellung meiner Auffassung eine Aufzählung von entsprechenden Anforderungen des Gesetzgebers (außerhalb von Bayern gibt es entsprechende Anforderungen des Baurechtes, andere Rechtsvorschriften außer Baurecht gelten im gesamten Bundesgbiet):
Grundsätzlich ist zuerst zu prüfen, ob Bauvorhaben an geplanten Standorten überhaupt genehmigungsfähig sind. Nutzungen mit viel Brandlast können bestehende Störfallanlagen oder andere gefährliche Anlagen oder Betriebe gefährden. Wohngebäude, vor allem Sonderbauten wie Schulen, Kindereinrichtungen, Versammlungsstätten, Krankenhauser, Altenheime oder ähnliche Nutzungen werden von Störfallanlagen gefährdet. Aus diesen Gründen sind die zuständigen Bauaufsichtsbehörden nach § 50 BImSchG /22/ aufgefordert schon bei der Bauleitplanung für entsprechende Entfernungen zwischen Bauvorhaben und gefährlichen Anlagen zu sorgen.
Weitere gesetzliche Grundlagen in denen die Berücksichtigung der Instrumente BS- Nachweis/K Konzept und Gefährdungsbeurteilung bei der Planung und auch Nutzung zwingend erforderlich ist.
? Erstellung einer Brandschutzplanung (BS-Nachweis/Konzept) im Genehmigungszeitraum (§ 11 Abs. 1 und 2 BauVorlV /11/)
? Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung im Nutzungszeitraum (§ 5 ArbSchG /5/, § 3 BetrSichV /12/ außerdem in ArbStättV /10/, GefStoffV /14/, BioStoffV /20/, BGV A 1 /78/)
? Die Nutzung und vor allem die besonderen Gefahren sind in der Baubeschreibung zu erläutern (§ 9 BauVorlV /11/).
? Berücksichtigung ?gefährlicher Nachbarschaft? vom Planer als Grundlage der Brandschutzplanungen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Punkt 1 BauVorlV /11/).
? Risikobeurteilungen/Gefährdungsbeurteilungen sind Grundlage von Brandschutzplanungen für bestimmte gefährliche Nutzungen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Punkt 1 BauVorlV /11/).
? Für Sonderbauten sind ggf. zusätzliche Maßnahmen bzw. Anforderungen zu berücksichtigen oder können gefordert werden (Art. 54 Abs. 3 BayBO /6/). Die Nutzung kann die Einstufung als Sonderbau auslösen (Art. 2 Abs. 4 Nr. 17 und 18 BayBO /6/). Diese zusätzlichen Maßnahmen sind Inhalt des BS- Nachweises und der Prüfung
? Entwurfsverfasser müssen bei fehlender Fachkenntnis geeignete Fachplaner heranzuziehen (Art. 51 Abs. 2 BayBO /6/).
? BS- Nachweise für nicht geregelte Sonderbauten bzw. wenn auch keine andere Sonderbauvorschriften angewendet werden können, sind immer auf der Grundlage von Gefährdungsbeurteilungen zu erstellen (§ 11 Abs. 2, Satz 3 BauVorlV /11/)
? Bauvorlagen von Arbeitsstätten sind ggf. von der Bauaufsichtsbehörde (bei entsprechenden Gefährdungspotentialen), der zuständigen Arbeitsschutzbehörde zur Beurteilung zuzuleiten (§ 2 Satz 3 BauVorlV /11/)
? Die Bauaufsichtsbehörde kann bei Verstoß gegen öffentlich rechtliche Vorschriften (auch außerhalb des Baurechtes)die Genehmigung versagen (BayBO Stand 8/2009 /6/).
? Die Zusammenarbeit zwischen Brandschutzplaner und den betrieblichen Arbeits- und Brandschutzfunktionsstellen ist verpflichtend (ASichG /8-1/)
? In der Industriebaurichtlinie wird auf weitergehende Anforderungen für nicht betrachtete Gefahren hingewiesen, welche bei der Brandschutzplanung zusätzlich zu berücksichtigen sind (Ziffer 2 IndBauRL /29/).
? Die Schutzziele des Baurechtes sind während der gesamten Nutzungszeit umzusetzen. Das bedeutet, dass im Baugenehmigungsverfahren festgelegte Brandschutzniveau ist dauerhaft zu sichern (Art. 3 und 12 BayBO /6/).
? Die regelmäßige Überprüfung der baulichen, der anlagentechnischen, der betrieblichen und der abwehrenden Brandschutzvorkehrungen (genehmigte Brandschutzmaßnahmen), ergibt sich auch aus der Arbeitgeberverpflichtung, alle erforderlichen Maßnahmen einzusetzen, um den Schutz der Beschäftigten sicherzustellen (§ 4 ArbSchG /5/). Daraus ist ein Anpassungsverlangen abzuleiten, wenn die arbeitsschutzrechtlichen Schutzziele nicht oder nicht mehr erreicht werden.
Festzuhalten ist, dass die erforderliche Vernetzung der vorgegebenen Instrumente (BS- Nachweis/Konzept und Gefährdungsbeurteilung) nicht gesetzlich festgelegt und deshalb die Ausnahme ist.
Die Schutzziele sind nicht nur im Zeitraum der Planung und Umsetzung der Baumaßnahmen, sondern im gesamten Zeitraum der Nutzung umzusetzen. Schon daraus kann abgeleitet werden, dass die baurechtlichen Schutzziele nicht von den den Schutzzielen der anderen Rechtsgebieten getrennt werden können.
Das größte Hindernis für die Erreichung der Schutzziele liegt nach Auffassung des Verfassers darin, dass die vorgenannten gesetzlichen Forderungen und die genannten Instrumente den am Bau Beteiligten kaum bekannt sind und dadurch die erforderliche Verzahnung nicht verstanden werden kann.
Wie oben bereits erläutert stoße ich mit meiner dargestellten Auffassung, welche ich auch rechtlich hinterlegt habe, von allen Seiten auf Wiederstand.
Nach jeder Konfrontation haben mich die Argumente der anderen mehr in meiner Auffassung bestärkt, bzw. habe ich zusätzliche Argumente sammeln können. Schon aus diesem Grunde bitte ich um viel Gegenwind.
Gruß Norbert Bärschmann