abgehängte Hygiene-Decken in - Fleischerei

Benutzer_1086

Sehr geehrte Fachplaner,

ich habe den Fall der Erweiterung einer Fleischerei. An einen bestehenden Produktionsbetrieb wird eine 250 m? Produktionshalle angebaut. Trennung mit Brandwand. Die europäischen Hygienevorschriften schreiben bestimmte Decken und Wände vor. Hier wurde eine abgehängte, begehbare "Isolierdecke" (Styropor mit beidseitigem Alublech von der Baufirma geplant. Die Baufirma wusste jedoch nicht, dass der Architekt den Anbau als Industriebau nachgewiesen hat. (Der Bestand entspricht nicht im geringsten der IndBauRL - der wurde nach LBO erstellt und immer wieder erweitert). Die Decke ist also nicht zulässig, da brennbar.

Die Baufirma solls jetzt richten. Wie kann man hier vorgehen? (eine teure V2A-Blechdecke mit A1 Wolle ist nicht im Budget).

Wie sieht es in anderen Fleischereien aus, die europäischen Standard nachweisen müssen? Laut Hersteller wird die Decke überall eingebaut.

Muss ich die 250 m? als Industriebau deklarieren? Kann man eine solche Baugenehmigung zurückziehen und nach LBO ändern?

Welche Lösungen haben Sie?

Danke für die Antworten.

Benutzer_1795

Sie MÜSSEN die Industriebaurichtlinie NIE anwenden. Sie erlaubt im Allgemeinen Vereinfachungen von der jeweiligen LBO. Also können Sie Ihre Fleichscherei auch nach der LBO bewerten.

Eine Baugenehmigung können SIE nicht zurückziehen. Wenn Sie bereits eine Baugenehmigung haben, müssen Sie einen neuen Bauantrag einreichen, in dem dann das Gebäude nach der LBO bewertet werden kann. Sollten Sie noch keine Baugenehmigung haben, reichen Sie eine Änderung zum Bauantrag ein.

Mattes

Hallo dasbe,

ergänzend zu MarKe: wenn Sie den Bestand mit Brandwand nach DIN 4102 vom Anbau trennen, dürfen Sie den Neubau nach Abschnitt 6 IndBauRl bauen. Ich würde aufgrund der geringen Größe (250m? anstatt zulässige 1800m?) eine Abweichung von diesem Punkt der IndBauRl beantragen.

Sofern irgendwann der Neubau seinerseits erweitert wird, holt einen diese Abweichung aber u.U. wieder ein...

Gruß

Matthias Bußmann

Benutzer_1086

Danke für die Antworten. Die Baugenehmigung ist leider schon erteilt. Ich werde es für den Bauherrn mit einem nachträglichen Abweichungsantrag versuchen.

Benutzer_1083

Hallo, leider geht nicht genau hervor, welche Grundfläche der Bestand hat.

Ich denke jedoch, dass kein Bauherr (es sei denn der Sachversicherer regt dies an) eine Brand- oder Trennwand haben möchte, wen er dies nicht muss.

In der Regel sind Fleischverarbeitungen sehr kleinteilig. Da ist die IndBauRl sowieso nicht gut anzuwenden. Ich empfehle bis 10 % BA-Überschreitung eine Abweichung von der LBO zu beantragen. Die Brandlast in einer Fleischverarbeitung liegt bei 28 kwhm-2. Das ist eine Abweichung "wert". Was die Unterdecke anbetrifft, so ist diese in der Tat usus. Die Decke ist zunächst A1. Die Dämmung ist brennbar. Wenn die Rettungsweglängen 35 m nicht übersteigen und 2-seitig ausgeführt vorhanden sind, sehe ich keine Unzulässigkeit.

Ein Problem besteht meist in den Pendeltüren im Rettungsweg. Diese dürfen nicht "durchpendeln" und müssen ein Sichtfenster besitzen.

mit freundlichen Grüßen - Brand

frank_borgert

Hallo Herr Bußmann,

Abweichung von der IndBauR beantragen??? Wie genau meinen Sie das? Doch nicht nach §73 BauO NRW?

Viele Grüße,

Frank Borgert

Mattes

Hallo Herr Borgert,

ich weiß schon, worauf Sie hinaus wollen:-)

Abweichung ist nicht gleich Abweichung.

Wenn Sie nicht nach LBO bauen wollen und die Erleichterungen der IndBauRl in Anspruch nehmen wollen, muss das in vollem Umfang geschehen.

Wenn die IndBauRl nicht in allen Punkten eingehalten werden soll/kann, ist das im BS-Konzept entsprechend zu dokumentieren und eine gleichwertige Lösung bzw. entsprechende Begründung darzulegen.

Wir nennen das ebenfalls Abweichung, wenn auch nicht nach §73 BauO NRW und auch nicht gebührenpflichtig.

Ich gebe zu, es kann zur Verwirrung beitragen, die verschiedenen Abweichungstatbestände von baurechtlichen Anforderungen mit dem gleichen Begriff zu belegen. Wie würden Sie es nennen oder formulieren? Ich denke, wir meinen schon dasselbe?

@elcol:"Ich empfehle bis 10 % BA-Überschreitung eine Abweichung von der LBO zu beantragen"

Sie haben Recht: eine Gesamtbetrachtung wäre im Vorfeld angeraten gewesen. Aber wie kommen Sie auf 10%-Überschreitung? Warum nicht 2% oder 20%? Wo nehmen Sie den Wert her?

Gruß

Matthias Bußmann

frank_borgert

Hallo Her Bußmann,

da bin ich ja beruhigt :-) Ich hatte es mir aber auch schon so gedacht...

Wir meinen das selbe, aber eine klare Bezeichnung habe ich dafür auch nicht. Ich beschreibe in den einleitenden Worten immer, wie es sich mit diesen "Abweichungen" verhält. Es gibt allerdings immer noch UBAs, die hierfür Abweiungstatbestände beantragt haben wollen oder aber auch ohne dass ein Antrag gestellt wurde diese Tatbestände als Abweichung nach §73 genehmigen :-(

Viele Grüße ins Sauerland,

Frank Borgert

Benutzer_1083

Hallo Herr Bußmann,Sie haben mich richtig zitiert. Ich "empfehle" eine Abweichung (wenn kein Sonderbau, dann auch mit Gebühr) von 10% als "geringfügige Überschreitung" zu beantragen.

Die Empfehlung gebe ich deshalb (auch unabhängig von der "ganzheitlichen brandschutztechnischen Lösung") weil, wie ich ebenfalls ausführte, die BL sehr moderat ist. Die brennbare Dämmung muss allerdings, wie im IndBau, allseitig durch das Blech verschlossen sein. So sind 10% Brandabschnittsüberschreitung, bei einem kompensierten Sicherheitsrisiko durchaus gängige Fachplaner-Praxis.

mit freundlichen Grüßen - Brand