Ermessensspielraum bei Sonderbauverordnungen

Benutzer_197

Hallo Kollegen,

ich mache in jüngster Zeit die Erfahrung, das einzelne Bauaufsichtsbehörden der Ansicht sind, für Sonderbauten, für welche es Sonderbauvorschriften gibt (z. B. Verkaufsstätten), über die Sonderbauverordnungen hinaus weitere Anforderungen stellen zu können (§58(1) LBO-SH). Bisher ging ich davon aus, das durch die Sonderbauverordnungen der Rahmen nach oben abgegrenzt war, jetzt werden diese aber teilweise um 5-6 stellige Eurosummen nach oben aufgesattelt. Ich halte dieses für mehr als zweifelhaft, da damit natürlich Brandschutzkonzepte im Genehmigungsverfahren "Schall und Rauch" sind und die Bauherren dem "Wohlgefallen" oder dem mehr oder weniger vorhandenen Sachverstand der Bearbeiter ausgeliefert sind, wenn man nicht jedesmal in Widerspruch oder ggf. vors Verw.-Gericht gehen will. Dieses insbesondere, da es in S-H bisher keine anerkannten Brandschutzsachverständigen gibt.

Vielleicht hat hier jemand ja entsprechende Urteile zur Hand und kann mir (und auch anderen Betroffenen) diese zur Verfügung stellen.

Mit freundlichen Grüßen,

F. Fleischhauer

Benutzer_204

Sehr geehrter Herr Fleischhauer,

wollen die Behörden `draufsatteln` müssen diese zusätzliche Anforderungen begründen. Einfach nur fordern genügt nicht.

Allerdings spricht man doch im Regelfall vorher mit den zuständigen Stellen (Genehmigungsbehörde, Feuerwehr, Versicherer usw.) und arbeitet diese Anregungen in den Brandschutznachweis mit ein. Es ist mir ein Rätsel, wie es dann noch zu einem Draufsatteln kommen kann.

Mfg

M. Huber

www.FeuerUndBlitz.de

Benutzer_199

Hallo Herr Fleichhauer,

Schließe mich der Meinung von H. Huber an. Die Behörde muß natürlich begründen, warum sie Anforderungen über eine SonderbauVO hinaus stellt, z. B. Anlehnung an eine MusterbauVO. Bei einem Widerspruch Ihrerseits zu den Mehrforderungen können die strittigen Punkte dann mit der Fachberatungsstelle bei der Regierung behandelt werden. Sie können ja ganz offiziel Widerspruch zur Baugenehmigung einlegen, die sie im Detail begründen und die dann die zuständige Stelle entsprechend behandelt. Bei uns in Bayern ist dies fast noch überall die Regierung (nicht mehr in Mittelfranken). Ich habe sehr gute Erfahrungen mit den Fachstellen bei der Regierung. Sehr versiert und praxisorientiert. Welche Stellen es in S-H hier gibt, ist mir nicht bekannt, aber es muß ja wohl auch noch eine Fachstelle geben.

ein schönes Wochenende

Birgit Weldishofer

Benutzer_99

Sehr geehrter Herr Fleischhauer,

in Art. 60 Abs. 3 Satz 1 BayBO steht: "... können die Bauaufsichtsbehörden im Einzelfall weitergehende Anforderungen stellen, um erhebliche Gefahren abzuwehren, bei Sonderbauten auch zur Abwehr von Nachteilen; dies gilt nicht für Sonderbauten, soweit für sie eine Verordnung nach Art. 90 Abs. 1 Nr. 3 erlassen worden ist."

M.fr.Gr.

Gast

Benutzer_215

Hallo Hr. Fleischhauer,

um Ihre Frage mal formal-juristisch zu beantworten :

Es kommt darauf an, ob die SBVO eine abschließende Regelung darstellt. D.h., steht am Ende der VO (wie dies früher oft der Fall war) ein Satz wie "im Einzelfall können weitere Forderungen gestellt werden" so ist es keine abschließende Regelung. Wenn eine SBVO jedoch eine abschließende Regelung darstellt, und ihr Gebäude in den Geltungsbereich der Vorschrift passt, gibt es keine Rechtgrundlage für weitergehende Forderungen. Weichen Sie nicht von den Forderungen der SBVO ab, gibt es keinen Grund etwas abzustimmen. Es sollte jedoch im Rahmen eines Brandschutz-Nachweises dargestellt werden, welche Vorschriftne anzuwenden sind und daß Sie die anzuwendenden Vorschriften einhalten.

Gruß aus RLP Stefan Bär

Benutzer_197

Hallo Kollegen,

vielen Dank für die Hinweise. Ich bin inzwischen auch in der VVBauONRW (§54) fündig geworden. Was die Vorabstimmung angeht, so hilft diese leider auch nicht immer weiter, da bereits in den Vorgesprächen teilweise auf Zusatzforderungen bestanden und von diesen keinen cm abgewichen wird. In den mir im Moment vorliegenden Fällen ist im übrigen bereits eine Baugenehmigung erteilt und rechtskräftig geworden, bevor Bauherr/Architekt zu mir gekommen sind, als sie merkten was ihnen aufgeladen wurde. Und dann ist es natürlich noch schwieriger, dieses im Rahmen eines Nachtrages zur Baugenehmigung wieder zu ändern.

Mit ferundlichen Grüßen,

F. Fleischhauer

Benutzer_149

Hallo Herr Fleischhauer,

konfrontieren Sie doch einmal die Oberste Baubehörde SH mit dem Problem. Sie könnten bei der Gelegenheit auch einmal fragen, warum diese überhaupt Sonderbauvorschriften bauaufsichtlich einführen, wenn die Genehmigungsbehörden sich nicht daran gebunden fühlen. Leider habe ich in der Bauordnung SH kein Pendant zu anderen Landesbauordnungen gefunden, wo ausdrücklich bei Sonderbauten im Geltungsbereich von Sonderbauvorschriften "weitergehende Anforderungen" durch die unteren Bauaufsichtsbehörden ausgeschlossen sind (Ausnahme natürlich im Rahmen erheblicher Gefahr für Leib und Leben) -siehe auch Beitrag oben.

Grüße Lutz Battran