Wendeltreppen als erster Fluchtweg

Benutzer_1300

Ich bin Fasi für ein Bürogebäude mit ebenerdigem EG und 3 Etagen. Die Etagen sind umlaufend und verfügen über 5 Türme mit Wendeltreppen als erstem Fluchtweg. Der zweite Fluchtwege wären nur über die Fenster mit der Drehleiter der Feuerwehr. Das Gebäude ist vor 1996 erbaut. Die oberen Etagen sind eingeschränkt mit Besuchsverkehr behaftet.

Die Wendeltreppen sind ja eigentlich verboten. Gibt es Ausnahmen z. B. Bestandsschutz nach Anhang II der Richtlinie EG89/654/EWG womit man weiterhin diese Treppen als ersten Fluchtweg nutzen kann? Hat jemand zu diesem Problem schon mal eine Gefährdungsanalyse erstellt?

Danke schon mal im vorraus

Mattes

Hallo Fasiki,

ich gehe doch davon aus, dass für Ihr Gebäude eine gültige Baugenehmigung existiert. Darin sind Ihre Wendeltreppen genehmigt worden.

Zudem ist mir nicht bekannt, dass Wendeltreppen generell unzulässig wären. Die Abweichung liegt vermutlich erst mal darin, dass die Treppen nicht in einem notwendigen Treppenraum liegen. Es handelt sich auch nicht um einen Sonderbau, für den bezüglich der Treppen auch höhere Anforderungen -z.B. hinsichtlich Breite und Geradläufigkeit- gestellt werden können.

Natürlich ist nicht jede Wendeltreppe als Rettungsweg bzw. Angriffsweg für die Feuerwehr geeignet. Man sollte z.B. eine Trage über die Treppe tragen können: d.h. Erfordernis von Zwischenpodesten und Anforderungen an Mindestbreiten und Tritttiefen der Stufen.

Für Ihren konkreten Fall ist eine Aussage hinsichtlich der Zulässigkeit nach heutigem Recht spekulativ, weil der Einzelfall mit allen Randbedingungen zu betrachten ist.

Also nochmal: eine generelle Unzulässigkeit von Wendeltreppen ist mir nicht bekannt. Manchmal sind die die einzige Lösung z.B. im Bestand.

Hinweis: Mindestanforderungen an Treppen in DIN 18065 geregelt

Gruß

Matthias Bußmann

frank_borgert

Hallo Herr Bußmann,

Ziffer 4 Abs. 6 der ASR 2.3: "Fahrsteige, Fahrtreppen, Wendel- und Spindeltreppen sowie Steigleitern und Steigeisengänge sind im Verlauf eines ersten Fluchtweges nicht zulässig. Im Verlauf eines zweiten Fluchtweges sind sie nur dann zulässig, wenn die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung deren sichere Benutzung im Gefahrenfall erwarten lassen. Dabei sollten Fahrsteige gegenüber Fahrtreppen, Wendeltreppen gegenüber Spindeltreppen, Spindeltreppen gegenüber Steigleitern und Steigleitern gegenüber Steigeisengängen bevorzugt werden."

Aber Sie haben natürlich recht, dass es bei einem genehmigten Gebäude i.d.R. keine Probleme mit dem bestandsschutz geben sollte.

Vielel Grüße,

Frank Borgert

HZeitter

Guten Tag liebe Kollegen,

hier lohnt eine genaue Unterscheidung zwischen Bauordnungsrecht und Privatrecht. Für den öffentlich-rechtlichen Anspruch nach LBO kann ggf. Bestandsschutz in Anspruch genommen werden. Aber auch das würde ich genau prüfen. Je nachdem wie eng die Wendeltreppe ist, kann die damalige Baugenehmigung ja auch rechtswidrig sein.

Davon unabhängig gelten die von Frank Borgert angesprochenen ASR. Und diese münden in privatrechtlichen Versicherungsfragen, die mindestens genauso unangenehme Folgen haben können wie die öffentlich-rechtlichen Belange der Landesbauordnung.

Im Falle eines Unfalls (auch ganz ohne Feuer) wird sicherlich nach deutscher Sitte immer nach einem Schuldigen gesucht. Und (enge) Wendel- und erst recht Spindeltreppen gelten als Abweichung von den a.a.R.d.T. für den ersten Rettungsweg. Also müssen alle Details wie Auftrittsbreite innen, außen und in der Lauflinie, Radius, Zwischenpodeste etc. geprüft werden.

Also wieder mal viel Recherche und Abstimmungsaufwand.

Beste Grüße

Helmut Zeitter

Benutzer_822

Liebe Kollegen,

eine schlechte Treppe ist grundsätzlich nicht in Ordnung, da muß der Verantwortliche nachbessern. Eine im Sinne der DIN 18065 "gute" Treppe, auch dann, wenn sie gewendelt ist, ist k e i n Verstoß gegen allgemeine Regeln der Technik weil diese Norm als R.d.T. anerkannt, auch bauaufsichtlich eingeführt ist.

Arbeitsrecht ist dem Wandel unterworfen und auch Arbeitsrecht als öffent- liches Recht ("Arbeitsschutzrecht" / Bundesrecht) unterliegt dem Bestandsschutz nach Art. 14 GG. Versicherungsrecht bedarf der Vereinbarung. BG Recht wiederum ist ebenso öffentliches Recht und dei Versicherung des Arbeitnehmers kraft SGB zwingend gegeben. Nur dann, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig einen Mitarbeiter gefährdet, kann es Rückgriff geben, was eine BG als Versicherung der Arbeitgeber nicht so leicht tut.

Ih finde es ein bißchen schade, daß wir gut begehbare gewendelte Treppen jetzt kaputt reden und dann auf abenteuerliche Leiterlösungen kommen.

Denn wenn eine gerade Treppe nicht hingeht ... kommt die Leiter, wenn ich die runde Treppe verteufele.

D a s s die gewendelten Treppen mehr Unfälle produzieren als gerade Treppen, liegt in der Eigenheit unterschiedlicher Stufenbreiten begründet. Ist aber auch kein Naturgesetz, gute gewendelte Treppen kann man schon auch gut und sicher gehen. mfg Franz Schächer