Ist das ein "kleiner Sonderbau" (NRW) ?

Benutzer_1251

Hallo,

ich beschreibe jetzt ein Gebäude, bei dem ich wissen müßte, ob man es klar als "kleinen Sonderbau" bezeichnen könnte:

Neubau

Geb. geringer Höhe

2-geschossig

Betriebswohnung (mit interner Treppe) schließt an Werkstatt (auch über 2 Geschosse mit interner Treppe) direkt an

Trennung durch Trennwand F30

Anteil: 1/4 der Fläche Betriebswohnung 3/4 der Fläche Werkstatt/Büro

Werkstatt+Bürofläche < 400qm , Gesamtfläche gesamtes Gebäude < 1600qm und nicht länger als 40m

Knackpunkt: Interne Treppe im Werkstattbereich möglich (keine Anforderung) nach LBO-NRW möglich, da sie dieselbe Nutzungseinheit verbindet.

Problem: Erfolgt eine Einteilung als "kleiner Sonderbau" könnte die interne Werkstattverbindung, die in keinem geschützten Treppenraum liegt, untersagt werden und stattdessen ein F90 Treppenraum gefordert werden.

Frage: Ist das oben beschreiben Gebäude schon als "kleiner Sonderbau" zu sehen? Welche gemischt genutzten Gebäude sind denn dann kein "kleiner Sondebau" ? Was ist mit dem 4-stöckigen Wohnhaus und dem Buchladen im EG?

Vielen Dank für eure Denkansätze

Marco

frank_borgert

Hallo Marco,

ja, das Gebäude mit einer Werkstatt ist eine bauliche Anlage besonderer Art und Nutzung gem. §54 Abs. 1 BauO NRW.

Das mit der internen Verbindung würde ich nicht unbedingt so kritisch sehen, je nach Situation dürfte es i.d.R. unproblematisch sein, dass als Erleichterung durchzubekommen...

Und ja, auch ein Wohnhaus mit einem Buchladen im EG ist ein Sonderbau gem. §54 BauO NRW, darum darf es hier auch z.B. nicht das sog. "Sachverständigen-Verfahren" geben...

Viele Grüße,

FRank Borgert

Mattes

Hallo Marco,

das beschriebene Gebäude ist als kleiner Sonderbau einzustufen.

Vorsicht bei der internen Verbindung: ggf. kann bei entsprechender (kleiner) Größe der Nutzungseinheit auf den notwendigen Treppenraum verzichtet werden, das entbindet aber nicht von der Einhaltung von §34 Abs.5 BauO NRW, wonach der Deckendurchbruch mit selbstschließenden Abschlüssen in der Feuerwiderstandsklasse der Decke zu versehen ist und wenn die Nutzung des Gebäudes es erfordert - unabhängig davon, ob Sonderbau oder nicht-.

Gruß

Matthias Bußmann

Benutzer_465

Werte Kollegen,

1) obwohl ich mit der Bauordnung NRW nicht sooo vertraut bin, und sie mir erst jetzt mal angeschaut habe, verstehe ich doch den Automatismus nicht, mit welchem das Gebäude aufgrund einer Werkstatt "Sonderbau" sein muss.

Liegt denn hier automatisch eine erhöhte Brand- oder Explosionsgefahr vor, so daß ein Sonderbau nach Pkt.15 §68 BO NRW, also nach einem Auffang- oder "Gummi"-Tatbestand vorliegt?

In der Liste der Sonderbauten ist ´Werkstatt´ jedenfalls ja erstmal nicht enthalten.

Ist dort wirklich eine höhere Brandgefahr gegeben als z.B. in einer Wohnung, wo im Kinderzimmer die Kinder kokeln, oder in einem Wohnhaus mit Betreutem Wohnen (nicht Pflegeheim), wo der 80-jährige mit der Zigarette im Bett einschläft?

2) würde ich doch Werkstatt und Wohnung klar als zwei Nutzungseinheiten sehen, wodurch ein Treppenraum erforderlich ist.

Bin auf die Diskussion gespannt.

Michael Koeppen

Mattes

Hallo Herr Koeppen,

NRW hat da tatsächlich eine etwas merkwürdige Aufteilung in der BauO, die allen Beteiligten immer wieder Schwierigkeiten macht, weil expressis verbis im Gesetzestext nicht dargestellt:

Also entweder habe ich einen großen Sonderbau, der in §68 BauO NRW ähnlich wie in den anderen LBOs aufgelistet ist-

Oder ich bewege mich im Rahmen der Bauordnung: diese wiederum gilt für Wohnungsbau.

Alles was dazwischen liegt, gilt formell erstmal als kleiner Sonderbau, also auch die kleine Werkstatt.

Kleine Sonderbauten müssen nicht die Vorgaben von Sonderbauverordnungen erfüllen, an sie können (müssen nicht) aber weitergehende Anforderungen gestellt werden und es können Brandschutzkonzepte gefordert werden (ist bei Wohnungsbau i.d.R. nicht so). Rechtsgrundlage ist §54 BauO NRW. Auch genehmigungstechnisch fällt der kleine Sonderbau ins vereinfachte Verfahren mit Prüfung des Brandschutzes, das ist im Wohnungsbau anders.

Die Tiefen dieser in NRW allgemein anerkannten und gängigen Praxis lassen sich allerdings nur nach Studium des Kommentars Temme erfassen, dem Gesetzestext ist die Unterscheidung zwischen kleinen und großen Sonderbauten so nicht eindeutig zu entnehmen.

Gruß

Matthias Bußmann

Benutzer_203

Hallo Kollegen,

nach langer Zeit mal wieder hier im Forum.

Die Frage nach kleiner / großer Sonderbau wurde von meinen Vorgängern glaube ich ausreichend beantwortet. Ich möchte daher nur noch einen kleinen Hinweis anbringen bezüglich der Treppe ohne Treppenraum.

Vorab aus meiner Sicht (ohne nähere Prüfung) kein Problem.

Rechtliche Wertung aus meiner Sicht:

Nach § 37 BauO muss eine "notwendige" Treppe in einem eigenen Treppenraum liegen. Sollte es sich also um eine zusätzliche Treppe handeln ist es evtl. keine notwedige Treppe und somit nicht zwingend ein Treppenraum vorzusehen.

Wie die Kollegen schon ausgeführt haben gelten die Anforderungen der Bauordnung NRW (nun zitiere ich ein Schreiben des Ministeriums) für die von der Bauordnung materiell erfassten Gebäude. Darunter sind Wohngebäude und Nutzungseinheiten vergleichbarer Größe (in der Regel ca. 200m?) erfasst.

In einer Konkreten Anfrage an das Bauministerium NRW zur Anwendung der Ausnahme nach § 37 (1) Satz 2, wonach Verbindungen von Geschossen innerhalb einer Nuztungseinheit ohne Treppernaum zulässig sind antwortete dieses (habe den genauen Wortlaut gerade nicht zur Hand daher nur sinngemäß):

Diese Ausnahme gilt nur für die von der Bauordnung materiell erfassten Gebäude (s.o.). Bei anderen Gebäuden, z.B. kleine Sonderbauten, muss die der Verzicht auf einen Treppenraum im Rahmen der brandschutztechnischen Beurteilung geprüft werden.

Somit kann man sich bei Sonderbauten nicht eingfachn nur auf § 37 (1) Satz 2 berufen sondern muss gegenüber der Bauaufsicht begründen, warum auf den notwendigen Treppenraum verzichtet werden kann.

Mit den besten Grüße

Wolfgang Cordier