Sehr geehrte Herren Kinkel und Koeppen,
nach Baurecht gibt es, wie Herr Koeppen une ich bereits erwähnten, keine zwingende Forderung die Ausgangstüren als Fluchttüren nach außen öffnend auzuführen. Doch die Arbeitsstättenrichtlinie ASR A2-3 verlangt unter Punkt:
6 Ausführung
(1) Manuell betätigte Türen in Notausgängen müssen in Fluchtrichtung aufschlagen.
Die Aufschlagrichtung von sonstigen Türen im Verlauf von Fluchtwegen hängt von dem
Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ab, die im Einzelfall unter Berücksichtigung der
örtlichen und betrieblichen Verhältnisse, insbesondere der möglichen Gefahrenlage, der
Anzahl der Personen, die gleichzeitig einen Fluchtweg benützen müssen sowie des
Personenkreises, der auf die Benutzbarkeit der Türen angewiesen ist, durchzuführen ist.
Wenn Sie nun abweichend die Türen nach innen öffnend haben (maßgebend der 1. RW = Ladeneingangstür), sollten Sie bei der Beantragung der Nutzungsänderung und Betriebsbeschreibung darauf hinweisen. Dies geht aus den Leitlinien des "LASI" (Landesauschutz Arbeitssicherheit) hervor:
Auszug aus den
Leitlinien des LASI zur Arbeitsstättenverordnung Stand: 21. März 2005
Seite 10
D - Einrichten und Betreiben ? Paragraphenteil
D1 - § 3 Abs. 1 Satz 4 ?Abweichung von den Regeln?
Frage:
Welche Pflichten obliegen dem Arbeitgeber für den Fall, dass er trotz vorhandener Regeln für Arbeitsstätten von diesen abweichen möchte?
Antwort:
Der Arbeitgeber hat nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes für jede Arbeitsstätte durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Als mögliche Gefährdung wird in § 5 Abs. 3 Nr. 1 explizit die ?Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeits-platzes? benannt. Beschäftigt der Arbeitgeber mehr als zehn Beschäftigte, muss er zudem über die erforderlichen Unterlagen verfügen, aus denen das Ergebnis der Gefährdungsbeur-teilung, die festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes und das Ergebnis einer Wirksam-keitsüberprüfung ersichtlich sind.
Hält der Arbeitgeber beim Einrichten und Betreiben einer Arbeitsstätte die Regeln für Arbeits-stätten ein, so tritt die sogenannte ?Vermutungswirkung? ein, d.h. die Aufsichtsbehörde und andere Beteiligte gehen davon aus, dass die diesbezüglich in der Verordnung gestellten Anforderungen eingehalten werden. Das Regelwerk des Ausschusses für Arbeitsstätten hat insoweit die Wirkung eines ?antizipierten Sachverständigengutachtens?, d.h. bei der Einhal-tung der Regeln bedarf es keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung durch die Behörde.
Der Arbeitgeber kann trotz des Vorhandenseins einer Regel für Arbeitstätten von dieser abweichen, muss dann aber gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 ArbStättV 2004 durch andere Maß-nahmen die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz der Beschäftigten erreichen. Kommt die zuständige Behörde in diesem Fall zu der Auffassung, dass durch die getroffenen anderen Maßnahmen nicht die gleiche Sicherheit und der gleiche Gesund-heitsschutz der Beschäftigten erreicht werden, trifft den Arbeitgeber insoweit eine Mitwir-kungspflicht. Dieser muss dann gegenüber der Behörde begründen, warum er seine Maß-nahmen für gleichermaßen geeignet hält. Ein entsprechender Nachweis muss aus den Unterlagen zur Gefährdungsbeurteilung hervorgehen oder vom Arbeitgeber im Sinne einer Begründungspflicht erbracht werden.
Nach dem Amtsermittlungsgrundsatz (§ 24 VwVfG) obliegt es der zuständigen Behörde, alle eine Gleichwertigkeit der Maßnahmen begründenden Umstände zu ermitteln.
Bei Zweifeln an der Zielerreichung kann die Behörde die Herstellung eines Sollzustandes mittels Anordnung nach § 22 Abs. 3 bewirken.
akzeptiert vom LASI im März 2005
Diese Abweichung wird dann durch die Gewerbeaufsicht genehmigt. Bei der geringen Ladengröße stellt dies auch keine Gefahr dar. Es ist nur mit einer begrenzten Kundenund Personalzahl zu rechnen, die sich auch bei nach innen öffnender Fluchttür rechtzeitig in Sicherheit bringen kann. Baurechtlich (Baugenehmingung/Nutzungsänderung) brauchen Sie keinen Abweichungsantrag zu stellen. (Hierüber hatte ich auch einen Artikel in "tür - tor - fenster - report 2/2007 geschrieben.)
Zum Schluss noch die Begriffe:
Baurecht kennt nur Rettung (selbst- und Fremdrettung), Rettungswege und Ausgänge; - Basis: Eigenrettung, Fremdrettung und Angriff der Feuerwehr;
Arbeitsschutz kennt die Flucht, Fluchtwege und Notausgänge; Basis: sich selbst in Sicherheit bringen können ohne fremde Hilfe;
Kennzeichung: primär der 1. RW = Ladenausgang
mfg
der Feuerteufel