Feuerwiderstand von Brüstungen bei Pflegeheimen im Geltungsbereich der KhBauVO

Benutzer_99

Bundesland: Nordrhein-Westfalen Autor: chris ä Hallo zusammen!

ich denke einige haben die Diskussion schon mal mitgemacht.

In Pflegeheimen ist es Forderung (von einschlägigen Förderrichtlinien), daß Fenster bodentief ausgeführt werden, damit bettlägerige Personen auch mal was anderes sehen, als den Himmel.

Klar ist auch, daß in NRW noch die KhBauVO gilt (zwar wohl nur bis Ende 2009, aber ...)

Die KhBauVO verlangt, daß Brüstungen feuerhemmend oder -beständig ausgeführt werden.

Fakt ist, daß Land auf und Land ab Pflegeheime gebaut werden ohne Brüstung und feuerwiderstandsfähigem Glas.

Gibt es irgendwo eine Aussage aus dem Ministerium o.ä.? Ist Euch was bekannt?

der chris

Mattes

Hallo chris,

zwar fordert die KhBauVO NRW (Fassung 1978) noch die 1m-Brüstung, doch ist man auch andernorts durch Brandversuche (s z.B. MPA Leipzig) zu der Erkenntnis gelangt, dass die Wirksamkeit einer solchen Brüstung gegen 0 geht. Wenn es richtig aus einem Zimmer rausbrennt, schlägt der Brand auch gerne mal ins übernächste Geschoss und läßt das darüber liegende Geschoss schon mal aus :-)

Daher wird regelmäßig von der Forderung nach einer feuerwiderstandsfähigen Brüstung abgewichen- meist aber nicht ohne sinnvolle Kompensation: eine Auskragung von 1m bringt schon erheblich mehr, eine flächendeckende BMA kann ebenfalls zu einer genehmigten Abweichung führen.

Wird spannend, was passiert, wenn die KhBauVO ausläuft. Dann geht die Diskutiererei um die heute schon strittigen Themen erst richtig los.

Gruß

Matthias Bußmann

frank_borgert

Hallo Herr Bußman,

die BMA als Kompensation halte ich auch eigentlich für ausreichend. Stellt sich nur die Frage (und die Diskussion hatte ich schon mit einer anderen BSD), ob man eine im Altenheim eh geforderte BMA noch als Kompensation für sonstige Abweichungen verwenden kann.

Wie wird das bei Ihnen im Kreis gesehen?

Viele Grüße,

Frank Borgert

Benutzer_99

Autor: chris Hallo!

Genau diese Diskussion durfte ich auch in den letzten Jahren mehrfach führen.

Die auskragende Platte ist leider keine Alternative und entspricht daher auch nicht den Fördergrundsätzen. Balkone sind bei modernen Pflegeheimen eigentlich auch nicht mehr vorgesehen.

Die flächendeckende BMA ist ohnehin erforderlich, da ja auch ein paar mehr Risiken abzudecken hat. Insbesondere sind die Zimmer in Pflegeheimen deutlich mehr möbliert als in Krankenhäusern.

Leider kenne ich ein Großstadt in NRW, wo dies sogar von Stadtteil zu Stadteil unterschiedlich gehandhabt wird, obwohl sich selbst die Feuerwehr für eine einheitliche Beurteilung stark macht.

Vielleicht kommt ja bei den diejährigen Dienstbesprechungen der obersten Bauaufsichten was raus.

ciao

mfg

der chris

Mattes

Hallo Herr Borgert,

bei uns im Kreis wird der Punkt der Brüstung mehr oder weniger geduldet. Er ist der Vollständigkeit halber im BS-Konzept aufzuführen. Als Begründung reicht mir i.d.R. aus, dass (entgegen der Annahmen der 70er Jahre) eine 1m-Brüstung nicht in der Lage ist, den Brandüberschlag von Geschoss zu Geschoss zu behindern.

Als Kompensation wird die f l ä c h e n d e c k e n d e BMA akzeptiert (wenn auch in Pflegeheimen und Krankenhäusern i.d.R. in Neubauten Standard). (In der KhBauVO wird ja lediglich eine geeignete BMA gefordert).

In Bestandsbauten z.B. kann die Abweichung von der Brüstung als Argumentation dienen, die flächendeckende Überwachung durchzusetzen, wenn z.B nur bodennahe Fenster nachgerüstet werden sollen.

Die Kragplatten bringen aus brandschutztechnischer Sicht eine größere Wirkung gegen Brandüberschlag, die macht erfahrungsgemäß aber heute niemand mehr freiwillig (kann ich verstehen :-)

Gruß

Matthias Bußmann

Benutzer_822

Nachdem ich sehr vielen Bränden zugeschaut und die "Lehrter Brandversuche" lange studiert habe, meine ich, daß man schon 2,50 m Feuerwiderstandshöhe oder 1,50 m F-Breite bräuchte, um einigermaßen sicher zu sein. Und das will keiner. Und was brennt, wenn das Fenster darüber springt ? Der leicht entflammbare Vorhang.

Ist es kein vernünftiges Konzept, im Pflegeheim (Krankenhaus, Kinderheim) nur nichtbrennbare Vorhänge zu verwenden ? Aus Glasvlies, sieht kein Mensch einen Unterschied, brennt nicht, ist dauerhaft. Einen dünnen Vorhang zum Durchsehen und dicke Stores zum abdunkeln. Und wenn es brennt, schnelle Alarmierung durch BMA vorausgesetzt, macht die Mannschaft "darüber" die Vorhänge "dünn und dick" fest zu und der Brand zündet nicht, selbst wenn die Scheibe springt und rausfällt. Der Raum bleibt durch den Vorhang "geschlossen" und brennbares Material ist vom Brand getrennt. Ist kein "F irgendwie" Abschluß, gewiß aber viel praktikabler als das Hoffen auf eine 2,50 m Brüstung, die wir nicht bekommen können. mfg Schächer

frank_borgert

Hallo Herr Schächer,

"daß man schon 2,50 m Feuerwiderstandshöhe oder 1,50 m F-Breite bräuchte, um einigermaßen sicher zu sein"

Wie sich aus vielen Schadensereignissen zeigt, sind 2,5 m vertikal auch nicht ausreichend, da das Feuer gerne mal ein Geschoss überspringt um 2 Geschosse über dem eigentlichen Brandgeschoss wieder in das Gebäude einzutreten, das macht dann ca. 5-6 m.

"Und was brennt, wenn das Fenster darüber springt ? Der leicht entflammbare Vorhang."

Oder das Bett, das sehr nahe am Fenster steht, oder die Decke (das Gesteck) auf dem Fernseher, ...

"Aus Glasvlies, sieht kein Mensch einen Unterschied, brennt nicht, ist dauerhaft."

Haben Sie aus den beobachteten Bränden Erkenntnisse, ob das wirklich so ist, die A-Vorhänge verhindern ja leider nicht den Durchgang der Wärmestrahlung?!? Wenn ja, gibt es dazu irgendwelche Veröffentlichungen? Ich hätte großes Interesse daran!

"Und wenn es brennt, schnelle Alarmierung durch BMA vorausgesetzt, macht die Mannschaft "darüber" die Vorhänge "dünn und dick" fest zu und der Brand zündet nicht, selbst wenn die Scheibe springt und rausfällt."

Das halte ich insbesondere in den Nachtstunden für nicht realisierbar. Wie soll die eine vorhandene Pflegekraft sich um die Bewohner in der vom Brand betroffenen Etage (Nutzungsbereich, Zimmer) kümmern und gleichzeitig auch noch in den darüber liegenden Geschossen Vorhänge schließen? Alternativ blieben über die BMA gesteuerte elektrisch betriebene Vorhänge, aber das würde wohl jeden Kostenrahmen sprengen.

Zudem stellt sich natürlich noch die Frage, welches Sicherheitsniveau man (also der vom Volke gewählte Gesetzgeber) uns, dem Volk, denn zukommen lassen will. Oder welches Sicherheitsniveau wir, also das Volk, bereit sind, zu bezahlen.

Die unmittelbare Verhinderung eines Brandüberschlages über offene Fassaden ist meines Wissens nach in keiner BauO gefordert (abgesehen von der Forderung nach B1 oder A Wandbekleidungen, aber Öffnungen in beliebiger Anzahl und Größe sind zulässig). Muss/soll man hier im Altenheim höhere Anforderungen stellen als bei einer normalen Wohnnutzung? Auch hier kommen Menschen zu Schaden/ums Leben, weil es in der Wohnung unter ihnen brennt und das Feuer/der Rauch sich über die Fassade in ihr Schlafzimmer ausbreitet.

Die Diskussion läßt sich aber auch auf viele andere Lebensbereiche ausdehen, warum z.B. werden nicht für alle Neu-PKW ASR und ESP gefordert, auch die würden nachweislich die Anzahl der (schweren) Unfälle reduzieren.

Viele Grüße,

Frank Borgert