Sehr geehrter Martin_K,
insbesondere, da hier auch viele Dozenten von Brandschutzschulungen mitlesen möchte ich auf einige Passagen nochmals mit einigen Erläuterungen eingehen.
Natürlich ist festzuhalten, dass die Entscheidung eine brennende Person abzulöschen einfach mit dem am schnellsten erreichbaren Mittel getroffen werden sollte. Ob Jacke oder Feuerlöscher ist völlig egal, auch auf eventuell verursachte blaue Flecken, ggf. sogar gebrochene Extremitäten muss nicht wirklich Rücksicht genommen werden, da eine Verbrennung wesentlich komplizierter zu behandeln ist als ein Armbruch, der während des zu Boden werfens entstanden ist.
> Unterkühlen bis der Arzt kommt ist eine äußerst wirksame Methode.
Kühlen bitte, nicht unterkühlen. Und nicht bis der Arzt kommt, sondern im Bereich von wenigen Minuten. Und bitte möglichst nur die betroffenen Bereiche und keine Ganzkörperkühlung unter der Dusche.
Wichtig ist nach neueren medizinischen Erkenntnissen der Zeitpunkt des Beginnens der Kühlung. Bereits zwei Minuten nach der Verbrennung ist die Wirukung einer dann erst begonnenen Kühlung nicht mehr Nachweisbar, da die Schädigung des Gewebes in den tiefen Schichten bis dahin bereits erfolgt ist.
> Mit üblicherweise zur Verfügung stehenden Trinkwasser aus der Leitung
> kann man sehr schwer Unterkühlungen erzeugen,
Mit kaltem Leitungswasser kann ein gesunder Mensch innerhalb von 5-10 Minuten ernsthaft unterkühlt werden. Bei Menschen die gerade eine Verbrennung einer gewissen Körperoberfläche erfahren haben funktioniert darüber hinaus die Temperaturregulierung über die Haut nicht mehr und weitere pathologische Vorgänge verschlimmern das ganze noch.
> Die Wärme muss dem Gewebe so schnell wie möglich entzogen werden
Richtig. Die Wärmedurchdringung der tieferen Schichten ist aber schon nach kurzer Zeit (2-3 Minuten!) passiert. Das ist durch kühlen dann nicht mehr auszugleichen.
> und da ist Wasser ohne Ende das Mittel der Wahl.
Bitte nicht. Das Personal von Verbrennungsintensivstationen hat ständig mit stark unterkühlten Patienten zu tun. Das ist für den Erfolg der Behandlung und die spätere Genesung mehr als nur hinderlich.
Die lange Zeit progagierte Kühlung ohne Ende ist obsolet!
Besonders für die Multiplikatoren hier nochmal die aktuell gültigen Richlinien für die Ausbildung von Laienhelfern:
- Brennende Person mit dem am schnellsten erreichbaren Mittel ablöschen oder abdecken. Beim abdecken am Hals anfangen und Richtung unterem Körperende fortfahren, um Flammen nicht ins Gesicht zu treiben.
- Notruf absetzen.
- Möglichst parallel mit Kühlung beginnen. Im besten Falle mit warmem Wasser (ca. 25°C) nur im betroffenen Bereich. Keine Ganzkörperkühlung in der Dusche oder mit dem C-Schlauch! (Durchführung z.B. Lappen in Wasser tauchen und über den Wunden auswringen.)
- In Wunden eingebrannte Kleidung nicht entfernen.
- Kühlungsmassnahmen nach ca. 5 Minuten abbrechen und Wundbereiche keimarm locker abdecken (Verbandmittel). Nach Möglichkeit Personen nicht in Pfützen der Kühlmassnahmen liegen lassen.
- Für Wärmeerhaltung sorgen. (Zudecken) Dabei nicht auf Wundbereiche drücken.
Mögliches Experiment für ungläubige Schulungs- (und Foren-) Teilnehmer:
Unterarm 3-5 Minuten unter laufendes Kaltwasser aus dem Wasserhahn halten.
--> Schweinekalt, bis hin zu Muskelkrämpen.
Durch Experiment erlerntes mental auf Ganzkörperkühlung mit Nachwirkungen durch nasse Kleidung beziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Marcus Michel