Nichtautomatische Schiebetür im Kühlraum als Ausgang zulässig?

Benutzer_750

Liebes Forum,

ich befinde mich in einem Sonderbau, und hier in einem Kühlraum mit einer Fläche von knapp über 200m?.

Die IndBauRL fordert bei Produktions- oder Lagerräumen über 200m? zwei Ausgänge.

Gibt es Anforderungen an die Ausgänge wie sie z.B. die Verkaufsstättenverordnung in §15 Abs. 4 kennt, wonach diese Ausgänge (im Verlauf von Rettungswegen) keine "normalen" Schiebetüren haben dürfen?

Von Behördenseite wird nun zumindest eine Schlupftür in der Schiebtür gefordert, obwohl der Kühlraum höchstens von einer Person begangen wird und sich die Schiebetür während der Dauer des Aufenthaltens im offnen Zustand befindet.

Viele Grüße,

Robert

frank_borgert

Baurechtlich (BauO NRW und IndBauR) gibt es zur Aufschlagrichtung von Türen keine Regelung, also mal sehen, was die Arbeitsschützer sagen:

Ziffer 2.3 Anhang zur ArbStättVO:

"(2) Türen im Verlauf von Fluchtwegen oder Türen von Notausgängen müssen

sich von innen ohne besondere Hilfsmittel jederzeit leicht öffnen lassen, solange sich Beschäftigte in der Arbeitsstätte befinden,

in angemessener Form und dauerhaft gekennzeichnet sein.

Türen von Notausgängen müssen sich nach außen öffnen lassen. In Notausgängen sind Karussell- und Schiebetüren nicht zulässig. "

Es wird also deutlich unterschieden zwischen Türen im Zuge von Rettungswegen und Notausgängen. Schiebetüren sind nur bei Notausgängen nicht zulässig. In Fluchtrichtung müssen nur Notausgangstüren öffnen.

Stellt sich nur noch die Frage, was ist ein Notausgang? M.E. nach ist hiermit eine Tür ins Freie (oder ggf. auf einen gesicherten Rettungsweg --> notw. Flur oder Treppenraum) und nicht jede Tür im Zuge eines Rettungsweges gemeint, da sonst eine solche Unterscheidung zwischen "Türen im Verlauf von Fluchtwegen" und Türen von Notausgängen" keinen Sinn machen würde.

Die Frage ist allerdings, ob wirklich sichergestellt ist, dass während des Aufenthaltes von Personen im Kühlraum die Tür geöffnet bleibt. Ich stelle mir die Situation sehr unangenehm vor, in einem Kühlraum bei -XX °C zu stehen und dann bei Nebelbildung nach dem Türschließen die Tür suchen zu müssen. Das ist m.E. nach bei einer herkömmlichen Drehflügeltür deutlich einfacher!?!.

Also zusammengefasst: Baurechtlich keine Anforderungen, Schutzziel muss man sich halt überlegen unter Abwägung der Gesamtsituation...

Viele Grüße,

Frank Borgert

Benutzer_750

Zwei Dinge muß ich wohl klarstellen:

1. Ich befinde mich nur rein gedanklich in einem Sonderbau, und hier in einem Kühlraum mit einer Fläche von knapp über 200m?. Tätsächlich sitze ich im Büro an meinem Schreibetisch und die Sonne scheint herein! :-)

2. Es handelt sich tatsächlich nur um einen Kühlraum. Es wird eine Temp. von max. +8 Grad erreicht und die Schiebetür besitzt von innen eine Öffnungsvorrichtung, falls dann doch jemand glaubt es befinde sich niemand im Raum und die Tür zuschiebt. Also keine Sorge!

Gruß, Robert

frank_borgert

Ah jetzt ja...

Ich befand mich gerade gedanklich in dem letzten Kühlhaus, für das ich ein BSK geschrieben habe, das waren -28 °C...

Wenn dann der Ausgang noch beleuchtet ist (am besten "sicherheitsbeleuchtet", da die Schiebetür doch bestimmt eine elektrische Feststellung hat???) dann spricht m.E. nach nichts gegen eine Schiebetür.

Aber ich habe diese Diskussion auch schon mehrfach umsonst versucht zu führen..."Sie wissen doch, dass wir nach §54 alles fordern können" war die Standardantwort auf meine Frage nach der Rechtsgrundlage...

Viele Grüße,

Frank Borgert

Benutzer_750

Es handelt sich um eine "nichtautomatische" und "nichtkraftbetätigte" Schiebetür. Es gibt sowohl eine Sicherheitsbeleuchtung als auch ein beleuchtetes Fluchtwegschild über der Tür.

Dennoch ist die Behörde mit der Schiebetür nicht zufrieden!

Viele Grüße,

Robert

frank_borgert

Haben sie die Frage nach der Rechtsgrundlage gestellt? Wahrscheinlich ja, was war denn die Antwort?

Evt. könnten Sie ja mal versuchen, die ArbStättVO als Grundlage für einen erneuten Diskussionsansatz zu nehmen???

Ansonsten bleibt wohl nur der Einbau einer herkömmlichen Tür:-( Ich weiß, das das unbefriedigend ist, aber leider gibt es im Baurecht nun mal aus praktischen Gründen (verspätete Fertigstellung wg. langer Prozesszeit) keinen (zumindest keinen Nennenswerten) Rechtsschutz oder sonstiges im Baurecht...

Viele Grüße,

Frank Borgert

Benutzer_750

Die Frage nach der Rechtsgrundlage habe ich bisher nur hier gestellt. (Man will sich ja ganz sicher sein!)

Die Aussage der Behörde wurde mir auch nur über eine Telefonnotiz vom Planungspartner mitgeteilt. Es handelt sich hier also noch nicht um eine Auflage aus der Genemigung.

Gruß, Robert

Mattes

Hallo Robert,

hallo Herr Borgert,

die getroffene Unterscheidung der ArbStättVO zwischen Notausgängen und Türen im Verlauf von Fluchtwegen leuchtet mir nicht ein.

Das würde ja heißen, dass z.B. Flurunterteilungtüren notwendiger Flure, zu notwendigen Treppenräumen oder Brandabschnittstore als Schiebetüren (ohne Schlupftür) ausgebildet werden dürften, der Ausgang ins Freie dann aber Drehflügeltür sein muss.

Schiebetüren im Zuge von Fluchtwegen (Treppenräume, Flure, Gänge, Ausgänge ins Freie) sind doch grundsätzlich unzulässig (außer automatische nach AutSchRl u.ä.).

Im Sonderbau hat man schlechte Karten, wenn die Bauaufsicht Drehflügeltüren fordert, zumal verschiedene Sonderbauverordnungen sie explizit in Rettungswegen ausschließen.

Allerdings ist ein Kühlraum kein Aufenthaltsraum, sodass-die Einhaltung der übrigen gesetzlichen Rahmenbedingungen vorausgesetzt- die Bauaufsicht zumindest nachvollziehbar begründen muss, warum sie die beschriebene Schiebetür nicht zulassen will.

Mir ist noch nicht klar, ob sich die Behörde mit einem Ausgang aus dem Raum zufrieden gibt und daher die Schlupftür fordert (könnte ich mir so vorstellen) oder sind zwei Zugänge/Ausgänge eingeplant?

Gruß

Matthias Bußmann

frank_borgert

Hallo Herr Bußmann...

"die getroffene Unterscheidung der ArbStättVO zwischen Notausgängen und Türen im Verlauf von Fluchtwegen leuchtet mir nicht ein."

Mir zum Teil doch, denn alles andere wäre praxisfremd: wollen Sie jede Bürotür (und die liegt ja als "Notausgang" im Fluchtweg aus dem Büro auf irgendeinen weiteren Rettungsweg) in Fluchtrichtung aufschlagen lassen und damit in den "Strom" der Flüchtenden? Alternativ müsste man wie im Schulbau gefordert alle Bürotüren zurücksetzen, damit die Türen zwar in Fluchtrichtung, nicht aber in die Flüchtenden aufschlägt...

Stellt sich nur noch die Frage, wann ist ein Ausgang ein Notausgang i.S. des Arbeitsrechtes...

"Schiebetüren im Zuge von Fluchtwegen (Treppenräume, Flure, Gänge, Ausgänge ins Freie) sind doch grundsätzlich unzulässig (außer automatische nach AutSchRl u.ä.)."

Wo steht das denn? BauO NRW z.B. stellt keine Anforderungen an die Aufschlagrichtung von Türen...

Ausnahme sind hier nur die Türen von Ställen, diese dürfen gem. §52 BauO NRW "nicht nach innen aufschlagen".

Und was ist z.B. mit RS-Türen, die einen notwendigen Flur > 30 m unterteilen. Der Flur hat an jedem Ende einen Treppenraum als baulichen Rettungsweg. In welche Richtung soll denn die Tür aufschlagen? Sie wird immer bei dem einen in und bei dem anderen gegen die Fluchtrichtung aufschlagen.

"Im Sonderbau hat man schlechte Karten, wenn die Bauaufsicht Drehflügeltüren fordert, zumal verschiedene Sonderbauverordnungen sie explizit in Rettungswegen ausschließen. "

Und genau das zeugt doch davon, dass der Gesetzgeber eben nicht für alle Gebäude die Aufschlagrichtung vorschreiben will. Denn sonst unterstellt man ihm ja, dass er bei einigen Sonderbauten daran gedacht hat, das zu regeln und bei anderen Sonderbauten (z.B. Beherbergungsstätten und Industriebau) vergessen hat.

Übrigens zeigt sich in der VkVO, dass der Gesetzgeber sehr wohl zwischen Türen unterscheidet: Gem. §13 Abs. 3 VkVO NRW müssen nur Türen zu notwendigen Fluren und notwendigen Treppenräumen in Fluchtrichtung aufschlagen. Also können bei anderen Öffnungen Schiebetüren eingesetzt werden.

Viele Grüße,

Frank Borgert

Benutzer_750

Hallo Herr Bußmann,

bei Produktions- oder Lagerräumen über 200m? sind über die IndBauRL zwei Ausgänge vorgeschrieben. Der zweite Ausgang wird hier eine normale, gedämmte Tür in der Aussenfassade sein. Meine Frage richtete sich also nur auf den Ausgang (also die Schiebetür) im Gebäudeinneren.

Bei Räumen, allen voran bei "Nicht-Aufenthaltsräumen" unter 200m? würde mich die Forderung nach einer Schlupftür in oder neben der Schiebetür verwundern. (Diese Frage stellt sich bei kleinen Kühlräumen, z.B. im Zusammenhang mit einer Kantine, schon häufig aus Platzgründen nicht mehr)

Da halte ich´s mit der Aussage von Hr. Borgert. Nicht an jede Zimmertür, auf die eine einzelne Person angewiesen ist, muß/kann den Anforderungen an Fluchtwegtüren gerecht werden, auf die viele Personen angewiesen sind.

Viele Grüße,

Robert

Mattes

Hallo Robert,

hallo Herr Borgert,

wir sind ja gar nicht weit voneinander entfernt. Ich hätte auch kein Problem mit der Schiebetür zum Kühlraum, aber man kann es eben auch anders sehen.

Die IndBauRl fordert übrigens aus Räumen >200m? 2 Ausgänge, sie sagt aber nicht, dass einer der Ausgänge ins Freie führen muss (wenn mir das auch als Brandschützer nur allzurecht wäre). Daher mein Gedanke, wenn aus dem Kühlraum ausschließlich die innere Schiebetür vorhanden wäre, die Bauaufsicht als Kompensation die Schlupftür hätte fordern können.

Wir sind auch einig, was die nicht erforderlichen Anforderungen an die Aufschlagrichtung von Türen im Rahmen der BauO z.B. von Bürotüren zu notwendigen Fluren angeht. Hier tut sich aber hinsichtlich der Verwendung von Schiebetüren das Problem auf, dass die Forderung nach dichten Türen (s. entsprechende Definitionen z.B. im Kommentar Temme) nicht einzuhalten ist. Der Nachweis konnte jedenfalls in konkreten Fällen bei uns nicht geführt werden.

Übrigens kann ich der Auffassung von Herrn Borgert nicht folgen, dass wenn keine Aufschlagrichtung einer Tür in einem Rettungsweg vorgeschrieben ist, automatisch eine Schiebetür zulässig ist. Aufschlagrichtung und die Frage ob Drehflügeltür oder Schiebe/Pendel/Rolltür-oder Tor sind aus meiner Sicht zwei getrennt zu betrachtende Fragen.

Im Übrigen gabe es in §10 der alten ArbStättRl und deren Durchführungsverordnung eine Definition, wann eine Tür leicht zu öffnen ist. Schiebetüren wurden darin explizit ausgeschlossen, weil eine leichte Bedienung durch Kinder/Alte/Behinderte als nicht möglich erachtet wurde. In der neuen ArbStättVO fehlt zwar diese Definition, die meines Erachtens deshalb nicht grundsätzlich nichtig ist. S

oweit mir bekannt, gibt es wohl auch Festlegungen in der einen oder anderen BG-Richtlinie. Kann ich leider nicht auf die Schnelle raussuchen, vielleicht wissen andere mehr.

Wie so häufig muss die Zulässigkeit wohl über die Einzelfallbetrachtung mit der Genehmigungsbehörde geklärt werden.

Gruß an die Runde

Matthias Bußmann