bestehende bauliche anlagen

Benutzer_972

werte kollegen

es geht um die bewertung einen bestehendes, denkmalgeschützes

gebäude in sachsen. der gebäudeklasse 5. die decken sind holzbalken decken die f30 zu bewerten sind. die gk.schreibt feuerbeständigkeit f90, ich möchte abweichen aus begründung bestehende baulich anlage. in thüringen ist dies der §84ThürBo.

welchen § wende ich in sachsen an?

mit freundlichen grüßen

maik heyer

Benutzer_822

Lieber Kollege,

im Baurecht reden wir von "Bestandsschutz" und eigentlich ist das Artikel 14 Grundgesetz (GG) : "Eigentum und Erbrecht werden gewährleistet".

D.h. was ich rechtmäßig errichtet habe und betreibe, auch modernisiere, ohne den Kern des Ganzen zu verlassen, ist und bleibt durch die a l t e Genehmigung genehmigt. Viele Bauaufsichten haben Probleme damit, weil sie dann nicht so richtig Auflagen machen können aber : Grundrecht, einklagbar.

Die erste Grenze ist dort, wo eine Gefahr erkannt wird oder bei zumutbarer Sorgfalt hätte erkannt werden müssen: GG Artikel 2 "Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit" BINDET ! Sowohl der Bauherrn als auch der Nutzer, Mieter, Besucher, zufälliger Passanten UND der Feuerwehr (öffentliche Pf,lichtaufgabe !) haben Recht auf Schutz v o r allem Sachschutz / Bestandsschutz. Alles zusammen "Öffentliche Sicherheit und Ordnung". Die darf n i c h t gefährdet werden.

Wenn hier Gefahr sichtbar wird, m u s s der Betreiber tätig werden, es

m u s s die Bauaufsicht einschreiten, notfalls mit Nutzungsverboten. Aber diese Einwirkung setzt eine "konkrete Gefahr" voraus, also eine nach der Lebenserfahrung hinreichend wahrscheinliche Gefahr, nicht die "abstrakte Gefahr", also "irgendwie könnte mi der Himmel auf den Kopf fallen, wenn ich im Haus bin..."

Bei Ihrem Haus p r ü f e n, ob Sie wesentlich ändern oder nur unwesentlich, ist die neue Nutzung grundsätzlich ganz anders oder nur ein bißchen, gefährlicher oder weniger gefährlich.

War das Hau nach der alten Baurechtssystematik so genehmigt ? In Hessen sind wir 1993 von der "Vollgeschossigkeit" auf die Höhe gewechselt. In Thüringen gibt es auch so ein Datum dafür.

Früher: 3 - 5 VG feuerbeständige Wände (auch die tragenden Innenwände, öfters falsch !!!) und feuerhemmende Decken (Holzbalken usw.). Wenn das alt galt und neu noch erhalten ist und die Veränderung nicht zu wesentlich ist, ist das der Grund für das R e c h t auf Eigentum.

Nicht übertreiben. Wenn eine Leiche da liegt, ist der Beweis der Ungefährlichkeit des Bauens schwierig. Aber systematisch aufarbeiten, die Schutzziele beachten und geg durch Rauchmelder für Kompensation gegenüber heutiger Erwartung sorgen. Ordentlich dokumentieren und genehmigen lassen

mfg Franz Schächer

vonhof

Hallo,

dazu zwei Anmerkungen:

1. Das Problem mit dem Bestandsschutz ist für gewöhnlich, dass nicht nachgewiesen werden kann, dass die bauliche Anlage rechtmäßig errichtet wurde. Ein Gebäude wird nicht alleine dadurch baurechtskonform, dass es schon 40, 50 oder 100 Jahre existiert. Kann nicht nachgewiesen werden, dass rechtmäßig errichtet wurde, ist es vorbei mit dem Bestandsschutz. Das bedarf also tatsächlich einer exakten Aufarbeitung.

2. Art. 2 GG ist schön und gut, aber die Grenzen liegen da meines Erachtens doch sehr weit weiter "vorne", als Herr Schächer das beschreibt. So ist z. B. die Feuerwehr nicht der "Erfüllungsgehilfe" des Grundgesetzes, und niemand hat einen Rechtsanspruch auf Rettung, wenn er in Gefahr gerät. Auch betrifft die öffentliche Sicherheit nicht den Einzelnen, sondern eben die Öffentlichkeit (also mehr oder weniger viele Personen).

Letzendlich liegt immer eine Einzelfallabwägung vor.

Gruß

Alexander Vonhof

Benutzer_465

Werte Brandschützer,

meine Erfahrungen mit dem Bestandsschutz sind grob gesagt die, daß dieser immer weniger (von den Behörden) akzeptiert wird, und auch man selbst als Planer/Gutachter das immer kritischer sieht (Alter? Berufskrankheit?).

Konkret Holzbalkendecken:

- bei einem Bürogebäude mit althergebrachter Aufteilung Flur / Zimmer würde ich die Holzbalkendecken zwar als Abweichung benennen, aber eigentlich keine Kompensation (bzw. nur einen Formalismus) anbieten, und auf die "abstrakte Gefahr" verweisen

- bei einem Altenwohnheim mit Holzbalkendecken müßte und würde ich für die Holzbalkendecken eine richtige Kompensation anbieten - autom. BMA mit Aufschaltung.

Natürlich auch von Gebäudehöhe und Nutzeranzahl abhängig.

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Les jetzt grad einen Artikel in der "Brandschutz" 08/2007 - da sind einige Bewohner in einem Altbau u.a. auch wegen des alten Treppenhauses mit Holztreppen und verglasten Wohnungstüren zu Schaden bzw. zu Tode gekommen.

Wenn man da was saniert/geplant hatte, steht man auch anders da, auch wenn evtl. keine Baugenehmigung erforderlich war oder wenn die Abweichungen genehmigt wurden oder wenn der Bestand rechtens war.

mfG

M. Koeppen

Benutzer_822

Hallo Herr Vonhoff,

natürlich gibt es das R e c h t auf Rettung und die P f l i c h t der Gemeinde, eine ausreichende Feuerwehr vorzuhalten. Das ist nicht beliebig sondern gesetzlich so vom Land den Kommunen übertragen. Das heißt nicht, daß alles und jedes möglich sein muß aber falls es nicht möglich war, ist es bei uns anders geregelt als in Griechenland ... Das Grundgesetz bindet als unmittelbar geltendes Recht a l l e staatliche Gewalt. Nur deshalb können sie ein Grundrecht unmittelbar vor dem Verfassungsgericht einklagen, wenn der Verwaltungsrechtsweg nicht das gewüschte Ergebnis brachte oder ein Gericht selbst das VerfG angerufen hat.

Ob jemand bei einem alten Haus wirklich eine Genehmigung vorzeigen können muß ist ein spannendes Thema, das jetzt hochkocht, weil die Bauaufsicht die Unterlagen nicht mehr aufbewahren will. Ich kenne bisher k e i n Gesetz, das mir vorschreibt, eine Baugenehmigung auch wirklich vorzuzeigen, wenn meine Kiste sagen wir mal Vorkriegsbau ist. Ich habe auch noch keinen Altbau gesehen, bei dem die Bauaufsicht so vorwitzig war und die Existenz einer (alten) Genehmigung bestritten hat. Streit ist wohl eher, ob die neue Nutzung durch das alte Recht gedeckt ist.

Können Sie sich vorstellen, daß Kirchen und Burgen und Schlösser aus 1450 formal genehmigt wurden ? Und doch sind sie rechtmäßig errichtet und betrieben worden, weil es damals keine förmlichen Genehmigungen gab. Und 1850 war das mit der Schreibwut der Bauaufsichten auch noch mäßiger ...

Auch vom Wiederaufbau existieren oft nur Fragmente, weil oft die Bauaufsicht den Anträgen nicht nachkam und auch auf viele Unterlagen verzichtete. Meinem Vater sagte die Bauaufsicht: "sie sind Statiker, sie machen die Statik schon richtig, die brauchen sie nicht abgeben" und ergo gibt es keine Statik bei der Bauakte. Wir haben einen Viertel Stadtteil (Heilsberg) auf einem alten Truppenübungsplatz, der in Selbsthilfe mit Genehmigung der Amerikaner als Standortkommandanten "genehmigt" wurden: "Sie dürfen sich hier selbst ein Haus bauen". Die waren froh um jeden einzelnen Raum, in dem Flüchtlinge unterkamen und mit Wohnungen versorgt waren. Und "so etwas" gab und gibt es häufig.

vonhof

Hallo Herr Schächer!

Ja, die Gemeinde hat eine Feuerwehr zu unterhalten, die Hilfe leisten kann. Nicht mehr, nicht weniger.

Nein, es gibt kein Recht auf Rettung, es gibt wenn ein Recht auf "Hilfegewährung", und das auch nur in einem Rahmen, wie es dem Einzelnen (aktiv) zumutbar ist, was sehr sehr wenig sein kann. Das ist ein feiner Unterschied und hat darüber hinaus überhaupt nichts mit Baurecht oder öffetlicher Sicherheit zu tun. Das kann auch nicht anders sein, da der Adressat des Art. 2 GG alleine der Staat ist, der vorrangig und in erster Linie ein Handeln gegen das Leben zu unterlassen hat und nur "nebenbei" verpflichtet ist, eine schützende Gesetzgebung zu unterhalten. Der Art. 2 GG ist sozusagen eine Vorgabe zur Unterlassung bestimmten Handelns und nur sehr eingeschränkt zur staatlichen "Leistungserbringung" in Form von Gesetzen gegenüber Dritten(soweit mich meine schwachen Rechtskenntnisse nicht im Stich lassen; ansonsten müsste ich meine alten Studiumsunterlagen raussuchen, aber ich bin auch kein Jurist). Privatpersonen wie Bauherren sind hier so gut wie außen vor, es sei denn, es ergibt sich konkret etwa anderes aus einem nachrangigen Gesetz.

Gruß

Alexander Vonhof